Fußballkurven im Visier der Antifa
Fußball ist mittlerweile alles andere als unpolitisch, seit Jahren findet auch hier die politische Auseinandersetzung statt. In vielen Fankurven gibt es enge Verbindungen zwischen Ultras und der Antifa-Szene.
Die Kurven der großen Fußballstadien sehen sich nicht nur mit einer immer größeren Kapitalisierung des Volkssportes konfrontiert, sie sind auch lange schon ein Kampfplatz um die politische Hegemonie geworden. Während zahlreiche „rechte“ Gruppen lange der Parole „Fußball bleibt Fußball – Politik bleibt Politik“ folgten, haben linke Gruppen die Kurven seit Jahrzehnten als Rekrutierungsfeld im Visier. Zahlreiche Stadien sind mittlerweile zu einem vorpolitischen Bereich geworden, in denen linke Gruppen den Ton angeben. Deutschland dürfte dabei einer der Spitzenreiter in dieser internationalen Entwicklung sein. Grund genug, einen genaueren Blick hinzuwerfen.
Die „Hammerbande“ im Fußballstadion
Wenn man an linke Fußballszenen in Deutschland denkt, so gibt es ein paar Namen, die einem geradezu klassischerweise einfallen. St. Pauli in Hamburg dürfte über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus der bekannteste Name sein, doch auch abseits des Millerntor gibt es etablierte linke Fanszenen. Die Anhängerschaft des kleinen brandenburgische Babelsberg gehört dazu, genauso aber die BSG Chemie Leipzig, deren gewaltbereite Fans eng mit der Antifa-Szene in Leipzig Connewitz verbunden sind. Besonders pikant: Die linksextreme „Hammerbande“ um Lina E. soll sogar mindestens eines ihrer Überfalltrainings in dem Stadion des Leipziger Vereins durchgeführt. Und auch die mit der Antifa-Szene verbundene Leipziger Politikerin Juliane Nagel (Die Linke) trifft man im Stadion der BSG. Daneben gibt es mit dem Roten Stern Leipzig einen eigenen, expliziten „antifaschistischen“ Fußballverein. Selbst beim sonst so verhassten RB Leipzig tauchten beim DFB-Pokalfinale Anfang Juni Antifa-Transparente mit der Aufschrift „Fickt euren Bullenstaat. Soko Linx auflösen. Free Lina.“ in der Fankurve auf.
Der linke Einfluss beschränkt sich aber nicht auf dieser Klassiker“ und die eigenen kleinen Vereine, sondern hat sich mittlerweile auf viele Fanszenen ausgeweitet. Die Ultras von Bayern München, „Schickeria“, sind genauso betont links wie die des FSV Mainz 05. So lieferten sich die Mainzer Fußballfans beispielsweise 2011 eine Auseinandersetzung in Remagen mit den Teilnehmern eines rechten Trauermarsches. Die Ultras des Lokalrivalen Eintracht Frankfurt wiederum pflegen Freundschaften zu Chemie Leipzig und zu den genauso betont linken Ultras von Bergamo. Die Anhänger des Freiburger Fußballvereins wiederum sammeln Geld für „antirassistische“ Initiativen. Es gibt mittlerweile kaum noch einen großen Verein, in dem eine gewisse linke politische Korrektheit nicht zum guten Ton gehört. Selbst da, wo ein „unpolitischer“ Anspruch betont wird, wird in der Praxis linke Politik gemacht: „Antirassismus“ oder das Verzichten auf „sexistische“ Beleidigungen der gegnerischen Fans wären ja keine Politik, so lautet das Argument oft. Sobald man sich jedoch stark genug fühlt, geht man (auch gewaltsam) gegen die politischen Gegner in der eigenen Kurve vor und vertritt offen linksradikale Politik.
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Das Beispiel Bremen
Auch die Fanszene von Werder Bremen gilt mittlerweile als Paradebeispiel für linke Fans. Dabei hatten Teile der Fanszene des Vereins ursprünglich einen rechten Ruf. Doch das änderte sich mit der Zeit: Während Patrioten die Parole „Fußball ist Fußball, Politik bleibt Politik“ befolgten, traten die linken Fans mit einem explizit politischen Anspruch auf. Je einflussreicher sie wurden, desto mehr versuchten sie, ihre eigenen Positionen zu etablieren. In Bremen gelang dies, wie in vielen anderen Beispielen, durch die Besetzung von Ämtern wie dem des Fanbeauftragten. Trotz einiger gewalttätiger Ausschreitungen wurde das Engagement der linken Ultras von der Vereinsführung, dem DFB und natürlich auch von der Lokalpolitik und den Medien unterstützt.
Während sich die Vereinsverantwortlichen über „Antidiskriminierungs-AGs“ und ähnliche Raumbesetzungsinitiativen freuten, kam es innerhalb wie außerhalb des Weserstadions sogar vereinzelt zu Kämpfen zwischen den linken Ultras und rechten Fangruppen. Wie üblich konzentrierten sich Vereinsführung, Polizei und Staatsanwaltschaft einseitig auf letztere, selbst dann, wenn diese sich nachweislich nur verteidigten. Im Kampf gegen den politischen Gegner arbeiteten die linken Ultras willig mit der sonst verhassten Polizei zusammen: Das in der Fußballszene beliebte „ACAB“ („All Cops are Bastards“) gilt da anscheinend nur so lange, bis es gegen rechts geht. Geradezu symbolisch wurde der Fall eines Werder-Ultras, der sich zwischen linker Szene und Fankurve bewegte und 2015 wegen diverser Gewalttaten vor allem gegen politische Gegner und rechte Fans in Untersuchungshaft genommen wurde. Linke Gruppen und Fankurven solidarisierten sich bundesweit mit dem Gewalttäter und machten ihn zum Opfer einer angeblich auf dem rechten Auge blinden Justiz. Dass die hochgelobten linken Fangruppen kriminelle Gewalttäter in ihren Reihen beherbergten, schien niemanden zu stören. Vielmehr hat das Zusammenspiel von Vereinsführung, Sicherheitsbehörden und linken Ultras dazu geführt, dass die Kurve im Weserstadion heute politisch eindeutig links ist und Abweichler um ihre Sicherheit fürchten müssen. Schon die falsche Kleidungsmarke kann dazu führen, dass Ordner oder organisierte Ultras einen aus der Kurve werfen. Doch nicht nur die Hegemonie ist ein Gewinn für die linke Szene: Fußball zieht nach wie vor junge, vor allem erlebnisorientierte Männer in großer Zahl an. So werden Fußballstadien zu Rekrutierungsfeldern der linksradikalen Szene.
Bosse und linke Fanszenen vereint
Linke Fangruppen konnten aber nicht deshalb an Boden gewinnen, weil sie die besseren Choreographien kreieren oder das attraktivere Gruppengefühl haben. Vielmehr beruht ihr Erfolg zu einem großen Teil auf der Zusammenarbeit mit den Vereinsverantwortlichen. Für linke Faninitiativen regnet es Unterstützungsgelder, jeder Verein versucht auf den „Woken“-Zug aufzuspringen und Fanarbeiter, rechtliche Fanbetreuung und andere Initiativen sind meist politisch klar besetzt. Rechte oder auch nur politisch unkorrekte Fangruppen müssen dagegen mit Stadionverboten, dem Entzug von Fanrechten und wesentlich stärkerer polizeilicher Repression rechnen. Für die Vereine sind „Skandale“ um rechte Fangruppen eine potentielle Gefahr für den eigenen Profit, für die linke Fans sind es politische Gegner, die die eigene Hegemonie in der Kurve bedrohen.