Höchst (AfD): „Die evangelische Kirche ist zur politischen Partei geworden“

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz hat kürzlich beschlossen, unter anderem keine Ämter mehr an AfD-Mitglieder zu vergeben. Im Gespräch mit FREILICH spricht die kirchenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion, Nicole Höchst, über diese Entwicklung und was man als Christ dagegen tun kann.

Interview von
24.4.2024
/
4 Minuten Lesezeit
Höchst (AfD): „Die evangelische Kirche ist zur politischen Partei geworden“

Die evangelische Landessynode passe sich immer schnell dem herrschenden Mainstream an, kritisierte Höchst.

© IMAGO / Christian Spicker

FREILICH: Frau Höchst, wie bewerten Sie die jüngsten Beschlüsse der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz, keine Ämter an AfD-Mitglieder und Extremisten zu vergeben?

Nicole Höchst: Links- oder Rechtsextremismus, als eine potenziell gewaltbereite und demokratiegefährdende Doktrin, widerspricht dem christlichen Menschenbild sicher. Ein Ausschluss solcher Extremisten aus Kirchen unterstützt die AfD zwar, aber ist es nicht gerade christlich auf diese Menschen zuzugehen und Sie zur Umkehr zu bewegen? Die AfD ist mit den Kirchen einer Meinung, dass Rassismus und Chauvinismus mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar sind.

In der AfD finden sich solche Extremisten nicht. Die AfD spricht sich in ihrem Grundsatzprogramm ausdrücklich für das christliche Menschenbild aus. Einzelne Landeskirchen folgen dem Beschluss der EKD. Der wiederum der katholischen Bischofskonferenz von früher folgt. Das entbehrt zwar jeder inhaltlichen Berechtigung, ist aber in dieser allgemeinen Kampagne gegen die AfD auch nicht überraschend. Das alles ist sehr bedauerlich.

Wie bewerten Sie die Aussage der Kirchensynode, die AfD stehe in einer „unheiligen Allianz mit Rechtsextremisten“ und gefährde das friedliche Zusammenleben? Wie begründet die AfD ihr politisches Programm und ihr Handeln vor dem Hintergrund dieser offiziellen kirchlich-theologischen Einschätzung?

Die Kirchensynode übernimmt hier ungeprüft eine Spekulation der katholischen DBK und lässt sich somit auch von der Regierung (Kampf gegen rechts) in den Dienst nehmen. Eine wie auch immer vermutete Allianz mit Rechtsextremisten gibt es in der AfD auch nicht. Hier werden „Mächte der Finsternis“ herbeiphantasiert, um das Kirchenvolk zu verunsichern und die bevorstehenden Wahlen zu beeinflussen. Da es sich hierbei um fahrlässige oder sogar vorsätzliche Ehrabschneidung handelt, kann man dies auch „Hass und Hetze“ nennen.

Hier spaltet die evangelische Kirche, anstatt zu einen und ist zur politischen Partei geworden.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat in einem Video-Grußwort zur Synodentagung zur Demokratie aufgerufen und Zweifel an der Vereinbarkeit der AfD mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt geäußert. Was sagen Sie dazu?

Abgesehen davon, dass der Ministerpräsident Sachsens hier unzulässigerweise in den Parteienwettbewerb eingreift, und nicht seiner Neutralitätspflicht nachkommt, weisen wir darauf hin, dass die AfD die Stimmen der Menschen ist, die sich nicht mehr vertreten fühlen und keinesfalls erzieherisch-demagogisch unterwegs ist, wie das herrschende Politmedienkartell.

Die Synode hat die Mitgliedschaft oder aktive Unterstützung der AfD für unvereinbar mit dem christlichen Bekenntnis erklärt. Wie sehen Sie das Verhältnis der AfD zum christlichen Glauben? Wie reagiert die AfD auf die zunehmende Kritik der Kirchen, insbesondere im Hinblick auf ihre angebliche Gefährdung von Demokratie und Rechtsstaat?

Das Grundsatzprogramm bekennt sich ausdrücklich zum christlichen Menschenbild als Leitgedanken des Programms. Die AfD ist keine dezidiert christliche Partei, die AfD orientiert sich in vielen Fragen an der kirchlichen Soziallehre.

Die unbegründete Kritik der deutschen Kirchen nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, lassen uns aber davon nicht weiter beeindrucken. Ich erkenne in der Aufgabe der AfD zur Stärkung von Demokratie und Rechtstaat einer ihrer wichtigsten Aufgaben. Die Einigung einer Gesellschaft braucht Besonnenheit und Friedenswillen. Ich erkläre jederzeit meine Gesprächsbereitschaft, um Fehlannahmen hinsichtlich unserer Demokratiefähigkeit zu korrigieren.

Ein Pfarrer hat seine Stelle verloren, weil er für die AfD kandidiert hat. Wie bewerten Sie solche Vorfälle und ihre Auswirkungen auf die Trennung von Kirche und Politik? Wie sieht die AfD das Verhältnis von politischem Engagement und kirchlicher Arbeit?

Der besagte Pfarrer wird seit Bekanntgabe der Vorwürfe und des Ausschlussbegehrens gegen ihn von uns begleitet. Als kirchenpolitische Sprecherin wurde ich gemeinsam mit Pfarrer Michaelis von Mitarbeitern der Bundestagsfraktion interviewt. Dieses Video ist auf dem Youtube-Kanal der Bundestagsfraktion einsehbar.

Es ist die Aufgabe eines jeden Christen, sich in dieser Welt gegen politische Diskriminierung einzusetzen.

Haben solche Entscheidungen etwas mit dem Mitgliederschwund (Rekordwert an Austritten in 2023) zu tun? Verliert die evangelische Kirche mit solchen Schritten Vertrauen und Glaubwürdigkeit?

Der Mitgliederschwund der deutschen Kirchen hat sicher mit einer ganzen Reihe von Fragen und Antworten zu tun. Insbesondere bei jungen Christen haben sich laut neuesten Umfragen eher wertkonservative Vorstellungen zu Ehe und Familie stark gemacht. Junge Menschen fragen wieder verstärkt nach ihrer Identität als Christen und stellen, wie die Generationen vor ihnen, die wesentlichen Fragen des Menschseins: Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich?

Würden die deutschen Kirchen ihr eigenes Lehramt bedienen und weniger zeitgeistlichen Moden folgen, könnten sicher auch junge Menschen wieder gebunden werden. Eine schöne und ordentliche Liturgie beherbergt die Menschen auf ihrer Sinnsuche weitaus mehr als woke Jahrmarktsveranstaltungen, die sich Kirchentage nennen. Die besondere Ästhetik der Generation 68 hat abgedankt.

Junge Menschen suchen in ihrem Herzen nach dem Heiligen beziehungsweise nach Transzendenz. Und die dazu benötigten Riten, die schon das zweite Vaticanum festlegte, sind dazu angetan, dass menschliche Herz nach seiner Sinnsuche mit einer spezifischen Formsprache zu binden. Dies vermag eben die aktuelle propagierte Ästhetik der 68er nicht. Wo Kirche sich außerhalb ihrer eigentlichen Aufgaben befindet, nämlich dem Menschen Transzendenz als gelebte religiöse Wirklichkeit zu vermitteln, dort wird sie zu einer rein innerweltlichen Instanz, die sich nur noch um sozial-ethische Belange kümmert, die andere moral-ethische NGOs bereits viel besser besetzt haben.

Bestätigen solche Schritte zu Recht den Vorwurf an die beiden Amtskirchen, letztlich nur „grüne Vorfeldorganisationen“ zu sein?

Man muss hier eindeutig differenzieren. Wenn man die Frage sowohl auf die evangelische wie auf die deutsch-katholische Kirche und ihren Irrweg, den Synodalen Weg, bezieht, dann muss die Antwort „Ja“ heißen. Man darf diese folgende Kritik jedoch nicht auf die katholische Weltkirche anwenden: Große Teile der Funktionärsschichten beider Kirchen in Deutschland neigen zur grünen Ideologie. Diese Tatsache lässt die Kirchen als verlängerten Arm der Grünen Partei wirken. Ihrem eigentlichen Gehalt nach sind sie es nicht.

Einige Vertreter beziehungsweise Wähler der AfD rufen jetzt zu einer „Raus aus der Kirche“-Kampagne auf. Wie stehen Sie dazu?

„Hier stehe ich und ich kann nicht anders“ (Luther), heißt, dass man nicht flieht, sondern seinen christlichen Überzeugungen im Raum der Kirche den gehörigen Platz verschafft.

Es steht zur Vermutung, dass es auch von Grünlinken beabsichtigt ist, wertkonservative aus den Kirchen zu drängen. Hier gilt es auszuharren und auf das Wirken des Heiligen Geistes zu vertrauen. Kirchen entledigen sich so selbst durch unaufhaltsamen Mitgliederschwund ihrer gesellschaftlichen Relevanz. Ist dies Absicht?

Welche Wege kann die AfD, aber auch ein konservativer Christ gehen, wenn er einerseits von Staat und Zivilgesellschaft, andererseits aber auch von Kirchengemeinden gemieden wird?

Mit einer Stimme für die AfD kann der wertkonservative Christ dafür sorgen, dass seine christlichen Überzeugungen ihren Niederschlag in der Politik finden. Des Weiteren ist er berufen, Ausgrenzungen, Diffamierungen und politische Diskriminierungen zu ertragen und in guten Werken auszuharren. Hier kann er sich ein Beispiel an allen verfolgten Christen nehmen.

Trotz früherer Ablehnung hat die Landessynode nun eine Unvereinbarkeitserklärung mit der AfD verabschiedet. Wie kommentiert die AfD diesen Sinneswandel und die zunehmende Ablehnung durch die Kirchen?

Es ist für die evangelische Landessynode kennzeichnend, dass sie sich rasch dem herrschenden Mainstream anzupassen versteht. Einmal getroffene Entscheidungen werden dort leider rasch dem Tagesopportunismus geopfert.

Frau Höchst, vielen Dank für da Gespräch!


Zur Person:

Nicole Höchst ist seit 2017 als AfD-Abgeordnete im Deutschen Bundestag vertreten und ist Obfrau im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Ausschuss für Digitales.

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