Kardinal Marx fordert Willkommenskultur: „Was wären wir ohne sie?“
Bei einem Gottesdienst im Liebfrauendom warb Kardinal Marx für eine Willkommenskultur und kritisierte die negative Wahrnehmung des Begriffs sowie politische Forderungen, Festungen zu errichten.
München. – Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat bei einem Gottesdienst im Liebfrauendom für eine Willkommenskultur geworben. Beim traditionellen „Gottesdienst der Nationen“ zum Abschluss der bundesweiten Interkulturellen Woche kritisierte er am Sonntagabend die negative Wahrnehmung des Begriffs. „Es ärgert mich, wenn der Begriff Willkommenskultur heute negativ besetzt ist“, sagte Marx laut der Katholischen Nachrichteagentur (KNA) und erinnerte daran, dass viele Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Terror seien. „Diese Menschen kommen zu uns: Was wären wir ohne sie?”
Marx sagt „Ja“ zur Willkommenskultur
Marx betonte, dass das Evangelium keine Grenzen von Nationen und Kulturen kenne. Es sei wichtig, Brücken zu bauen, denn alle Menschen seien Ebenbilder Gottes. In seiner Ansprache kritisierte er aktuelle Bestrebungen, Festungen zu errichten, wie sie von einigen Parteien diskutiert werden. Stattdessen plädierte er für eine Zukunftsvision, die auf Brüderlichkeit und Geschwisterlichkeit basiere, ganz im Sinne von Papst Franziskus.
In diesem Zusammenhang erneuerte er seine fünf Grundsätze für eine christliche Willkommenskultur. Jeder und jede, die an eine EU-Außengrenze komme, müsse menschenwürdig behandelt werden und ein faires Verfahren erhalten, forderte er. Niemand dürfe zurückgeschickt werden, wenn ihm oder ihr Gefahr für Leib und Leben drohe. „Wir müssen alles tun, damit das Mittelmeer nicht zur Todesfalle wird“, appellierte der Kardinal. Er schloss mit den Worten: „Ja, ich sage Ja zur Willkommenskultur!“
Gegen AfD und den Begriff „christliches Abendland“
Marx ist dafür bekannt, sich öffentlich zu aktuellen, auch politischen Entwicklungen zu äußern. Erst Anfang Juli warnte er in einem Gottesdienst vor der AfD und der Propagierung des völkischen Nationalismus und äußerte die Sorge, dass dieses Gedankengut die Einheit Europas gefährde und mit dem Christentum nicht vereinbar sei (FREILICH berichtete). Für Aufregung sorgte er vor Jahren auch mit der Aussage, der Begriff „christliches Abendland“ sei ausgrenzend. Der Begriff verkenne die „große Herausforderung, in Europa dafür zu sorgen, dass verschiedene Religionen mit jeweils eigenen Wahrheitsansprüchen friedlich zusammenleben“ (FREILICH berichtete).