Kolumne: „Liebe Linke, Finger weg von unserer Kindheit!“

Immer wieder versuchen nach links gepolte Wissenschaftler und Meinungsmacher, die Inhalte von Kinderbüchern und Comics neu zu interpretieren – manchmal auch, um vor den vermeintlich bösen Machwerken zu ‚warnen‘.
Julian Schernthaner
Kommentar von
24.10.2019
/
4 Minuten Lesezeit
Kolumne: „Liebe Linke, Finger weg von unserer Kindheit!“

Seit 60 Jahren bei Jung und Alt beliebt – und trotzdem in der Vergangenheit bereits Gegenstand linker Kritik: Die Asterix-Comics. Symbolbild: Privat / Die Tagesstimme.

Immer wieder versuchen nach links gepolte Wissenschaftler und Meinungsmacher, die Inhalte von Kinderbüchern und Comics neu zu interpretieren – manchmal auch, um vor den vermeintlich bösen Machwerken zu ‚warnen‘.

Kolumne von Julian Schernthaner

Heute vor sechzig Jahren erblickten der kluge, quirlige Gallier Asterix und sein beleibter, starker bester Freund Obelix das Licht der Welt. Dass ich mir just den Geburtstag meiner liebsten Comichelden für einen Dauerbrenner aussuche, kommt nicht von ungefähr. Denn vor fast genau zehn Jahren riss mich ein Artikel in der Welt aus meiner jugendlichen Idylle, indem er böses Gedankengut in der genialen Schöpfung von René Goscinny und Albert Uderzo verortete.

Gallisches Dorf als „völkische Dorfgemeinschaft“

Denn, so dessen Autor damals beinhart, die Reihe würde mit ihrer „kleinen, völkischen Dorfgemeinschaft […] in trivialisierter Form“ ein vermeintliches“ Ideal von der reinen Rasse“ aufnehmen. Egal ob Goscinny nun selbst jüdische Vorfahren hatte und Uderzo das Kind italienischer Einwanderer ist: Ein Forscher habe in den unbeugsamen Galliern einen „arischen Mythos“ erkannt.

Denn Asterix & Co. würden sich im Kampf gegen „‚zersetzenden‘ Zivilisationseinfluss von außen“ in ihrem Dorf „trotzig verschanzen“. Eine „ethnisch homogene Dorfgemeinschaft“ würde an „archaischen Stammesstrukturen“ festhalten, auch weil Wissenschaft dem Druiden Miraculix und dessen geheimen „magischen Köcheleien“ vorbehalten sei. Kein Witz.

Kein Kinderbuch und Trickfilm vor Kritik gefeit

Obwohl ich mir an den Kopf griff, lachte ich es in meinem jugendlichen Leichtsinn als Spinnerei irgendwelcher völlig Entrückter weg. Erst spät, Jahre später, fiel mir auf, mit welchem System linke Weltverbesserer in einem Doppelpass aus Medien und angeblicher Wissenschaft sich eigentlich am gesamten Bücher- und Videoregal meiner Kindheit abarbeiten. Einschließlich des Pumuckl, der jetzt kein Bier mehr trinken darf.

Und auch der Vater von Pippi Langstrumpf durfte kein „Negerkönig“ mehr sein. Und überhaupt: Weiße, die über Farbige herrschen – das geht gar nicht. Eine schwedische Kommune ging sogar so weit, den Klassiker zu verbrennen. Auch die Verkleidungen von Kindern als Angehörige anderer Ethnien – auch sonst ein Ziel des Eifers – in der ‚kleinen Hexe‘ galten plötzlich als indiskutabel.

Hinter Rumpelstilzchen vermutete ein ‚Expertenbericht‘ gar die Bedienung antisemitischer Klischees, Dornröschen galt schon als sexistisch. Im April stieß sich eine SZ-Autorin dann an Lucky Luke und Familie Feuerstein. Und kürzlich wurde sogar Spongebob quasi zum rassistischen Kolonialherren – Die Tagesstimme berichtete.

Sonderbare Stilblüten im Endstadium

Welchen Geistes Kind man eigentlich sein muss, um in der harmlosen Erzählung über einen ständig gut gelaunten Schwamm eine Gutheißung der Entrechtung und Vertreibung indigener Völker zu erkennen, erschließt sich mir leider nicht. Aber ich bin ja kein Ethnologe einer anerkannten US-Uni.

Dafür treibt die politisch korrekte Bearbeitung mitunter kuriose Stilblüten. Das beliebte Kinderbuch „Hatschi Bratschis Luftballon“ erfuhr aufgrund stereotyper Darstellungen gleich mehrere Überarbeitungen. Jetzt fliegt der Protagonist in Afrika halt nicht mehr vor grausamen Menschenfressern, sondern vor süßen Äffchen davon. Ich „gratuliere“ zu diesem tatsächlich latent rassistischen Geistesblitz der zensorischen Verniedlichung!

Kinder können Geschichten und Realität trennen!

Aber nicht einmal nach dieser Entschärfung ist dieses Buch vor den Gesinnungswächtern sicher. Eine bei den Großstadtbobos eigentlich beliebte, eher linke Wiener Buchhandlung bot das gute Stück feil. Und zwar nicht einmal als Kinderbuch, sondern als Zeitdokument. Mehr brauchte es nicht und die Empörung war perfekt. Was die Großeltern nicht verdarb, darf den Enkeln nicht einmal mehr als ‚Freiheit der Kunst‘ ins Auge fallen.

Dabei wäre es so einfach: Denn gerade die zuvor erwähnte ‚Raupe Nimmersatt‘ zeigt, dass Kinder sehr wohl zwischen einer Geschichte und einer Gebrauchsanweisung fürs Leben unterscheiden können. Nicht jeder, der als Kind den ‚Räuber Hotzenplotz‘ verschlang, sitzt heute im Gefängnis. Auch die Anzahl jener, die wegen Pippi Langstrumpf von einer Zeitreise in die Kolonialzeit träumen, geht wohl gegen null.

Politisierung von Kinderbüchern macht nicht mündig

Am Ende zeigt diese Episode einen beinahe pathologischen Hang der Linken, um jeden Preis auch den letzten Bereich des persönlichen Lebens zu politisieren. Denn trotz eines halben Jahrhunderts ihrer Hegemonie will ihre erhoffte Utopie nicht einkehren. Und anstatt den eigenen Irrtum einzugestehen, braucht man immer neue Rassisten, Sexisten und Faschisten, welche das erträumte Nimmerland verhindern.

Dabei vergessen sie, dass sie ihre Kinder nicht fürs Leben vorbereiten, indem sie ihnen genau diese, ach so schlimme, Welt schönlügen. Viel sinnvoller wäre es dabei, mit dem Kinde auf Augenhöhe über das (Vor-)Gelesene zu sprechen. Das schult sie vielmehr, einst mündige Bürger zu werden, als jeder Familie die eigene Utopie im Kinderbuch aufzwingen zu wollen. Deshalb, liebe Linke: Finger weg von unserer Kindheit und der unserer – und eurer – Kinder!


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Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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