Robert Willacker in Wien: Warum Linke rechte Parteien brauchen
Bei den „Wiener Prozessen“, einer als Justizprozesse angelegte Aufführung, die über mehrere Wochenenden verteilt in Wien stattfindet, hat der in Brasilien geborene deutsche Politikberater Robert Willacker mit einer Rede für Aufregung gesorgt.
Wien. – Der in Brasilien geborene und in Franken aufgewachsene Robert Willacker, der in der Vergangenheit mit Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) zusammengearbeitet hat, sorgte am vergangenen Freitag mit seiner Abschlussrede bei der Veranstaltung „Anschläge auf die Demokratie – Wiener Prozesse“ im Rahmen der Wiener Festwochen, die vom Standard live übertragen wurde, für Aufregung und vielleicht auch Nachdenklichkeit. Zu Beginn betonte er ausdrücklich, dass er nicht nach Wien gekommen sei, um den Anwesenden den Spiegel vorzuhalten, sondern, wie er am Ende seiner Rede sagte, um ihnen das Angebot zu machen, sich einen Moment lang selbst durch seine Augen zu betrachten.
Linke müssen ihre Schuld kompensieren
Wie genau er die Anwesenden sieht, erläuterte er in einer rund zehnminütigen, mit viel Sprachwitz gespickten Rede, in der er auf die ihm vom Veranstalter als Ausgangspunkt der Rede vorgegebene Frage antwortete, ob es Parteien wie die AfD oder die FPÖ brauche beziehungsweise ob es Rechte brauche. Nicht wenige der Menschen im Saal würden diese Frage mit einem klaren „Nein“ beantworten, unterstellt Willacker den Anwesenden. Aber, um im Sprachbild des Theaters zu bleiben, so Willacker, es sei wie mit dem Schauspielunterricht – den würden meist auch diejenigen am dringendsten benötigen, die am festesten davon überzeugt seien, ihn nicht zu brauchen. Und genau solche Menschen wie die Anwesenden bräuchten Parteien wie die AfD oder die FPÖ „wie den Bissen Brot, auf dem sie gerade ihre leckere Marmelade verteilt haben“. An dieser Stelle unterbricht sich Willacker selbst und erklärt: „Ja, ich als Deutscher benutze solche Wörter wie 'lecker', was wollen Sie dagegen machen? Abschiebungen wollen Sie ja nicht, also müssen Sie lernen, mich und meine Sprache zu tolerieren“.
Auf die Frage, warum „pensionierte Studienräte und solche, die es noch werden wollen“, Parteien wie die AfD und die FPÖ bräuchten, antwortet Willacker schließlich: „Sie brauchen diese Parteien, um Ihre Schuld kompensieren zu können“. Sie seien zu weiß, zu reich, zu heterosexuell. Sie würden zu viel Auto fahren, zu viel Fleisch essen und falsch heizen. Genau auf diesem Gipfel des schlechten Gewissens kämen die Rechten ins Spiel. Diese seien nicht nur in all den zuvor aufgezählten Punkten „schlimmer“ als die Anwesenden, nein, sie „besitzen auch noch die Unverfrorenheit, sich nicht einmal ansatzweise für ihr Tun und Sein zu schämen“, womit die Linke endlich das externalisierte Feindbild habe, das sie brauche, um sich dem Konflikt mit dem eigenen Selbst nicht mehr stellen zu müssen.
Rede begeistert Nutzer in Sozialen Medien
Die gesamte Rede, die inzwischen auch auf YouTube verfügbar ist, hat in den Sozialen Netzwerken zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Willacker selbst hatte auf X einen Mitschnitt der Rede geteilt, die er nach eigenen Angaben im Vorfeld niemandem vorlegen musste. Auf die Frage, wie er „mit dem Hintergrund“ überhaupt zu einem solchen Auftritt komme, antwortete Willacker: „Indem vorher genug Leute absagen“. In den Kommentaren erhielt Willacker sehr viel Zuspruch und positive Worte für seinen Auftritt. „Sensationell“, „wirklich ganz großartig“, „grandios“ war in den Kommentaren zu lesen. Neben dem Tonfall und der Sprechtechnik lobten die Nutzer auch den Sprachwitz und die unvorhersehbaren Pointen, die seine Rede zu einer „Perle“ machen, wie ein Nutzer schreibt.