Sprachpolizei schlägt wieder zu: Klett-Verlag benennt „Indianerheft“ um
Der Ernst-Klett-Verlag gehört zu den wichtigsten Schulbuchverlagen im deutsprachigen Raum. Nach Rassismusvorwürfen benennt man dort jetzt die beliebte „Indianerheft“-Reihe um.
Stuttgart/Leipzig. – Vorausgegangen waren laut Spiegel vor allem Proteste von Eltern aus Hamburg, die den Begriff „Indianer“ als rassistisch empfanden. Sie machten für eine „zeitgemäßere“ Abänderung mobil. Der über mehrere Niederlassungen verfügende Verlag lenkte nun ein – ab sofort heißen die Übungshefte nämlich „Mein Anoki-Heft“.
„Mein Indianerheft“ hat ab sofort ausgedient
Damit tragen die Grundschul-Materialien für Deutsch und Mathematik ab sofort den Namen ihres Protagonisten. Denn auch die ursprüngliche Benennung ging darauf zurück, dass der indigene Bub Anoki die Schüler durch die Aufgaben führt. Es bleibt allerdings nicht bei der Namensänderung, der Verlag will nämlich auch „visuelle Anpassungen“ vornehmen.
Insgesamt wolle man zukünftig auf „jegliche Bezüge zur indigenen Bevölkerung“ verzichten. Man sehe sich „in der Verantwortung für die Bildung von Kindern und Jugendlichen, auch im Hinblick auf die Ausbildung interkultureller Kompetenzen in einer heute vielfältig sozial, kulturell und ethnisch geprägten Schule“, so die Stellungnahme des Klett-Verlags.
Umbenennung nur Übergang – Anoki wird bald ganz gestrichen
Auf gut Deutsch: Der von vielen Kinder liebgewonnene Indianerjunge wird in absehbarer Zeit – wohl bereits 2021 – gänzlich in der jetzigen Form aus dem Portfolio verschwinden. Ernst Klett als Chef des Verlags erklärte die Umwälzungen damit, dass man die Ansicht teile, dass sich „Schüler heute kritisch mit den Themen (Post)Kolonialismus, Rassismus, Diversität und Migration auseinandersetzen müssen.“
„Woke Capital“ trifft auf Kinderbuch-Zensur
Die Umbenennung knüpft dabei gleich an mehrere gesellschaftlichen Debatte ein. So änderte in den vergangenen Monaten etwa nach 670 Jahren die Mohren-Apotheke in Wien ihren Namen. Der Snack-Riese Kelly’s entschied sich, seine beliebten Zigeunerräder in Zirkusräder umzutaufen. Teilweise gab es Forderungen, das nach seinem Gründer benannte Dornbirner Mohrenbräu umzubenennen. In Coburg forderte eine Petition gar die Entfernung des dunkelhäutigen Heiligen Mauritius aus dem Stadtwappen – Tagesstimme berichtete.
Gleichzeitig ist die politisch korrekte Bearbeitung von an Kinder gerichteten Büchern schon länger ein Thema. Ein bekanntes Beispiel ist der Vater der eigensinnigen Romanheldin Pippi Langstrumpf, der als weißer Mann, der über dunkelhäutige Untertanen herrscht, kein „Negerkönig“ mehr sein darf – obwohl dies zur Publikationszeit ein völlig üblicher Sprachgebrauch war. Für Aufregung sorgte auch eine US-Ethnologin, die in „Spongebob Schwammkopf“ angebliche kolonialistische Ressentiments entdeckte.
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