Volk gegen Staatsfunk: Wenn Farbtöne auf Karten zur Nagelprobe werden

Der Vorwurf, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Seher in eine bestimmte Richtung manipulieren möchten, ist kein neuer. Und vor dem Hintergrund der relativen Staatsnähe von ARD, ZDF & Co. ist es auch kein Zufall, dass er in jeder großen Krise wieder auftaucht. Es ist aber mit Sicherheit auch die Hybris der gegenwärtigen Akteure, die den Verdacht umso sprengkräftiger machen.
Julian Schernthaner
Kommentar von
14.4.2021
/
4 Minuten Lesezeit
Volk gegen Staatsfunk: Wenn Farbtöne auf Karten zur Nagelprobe werden

Tagesschau-Studio (Symbolbild)

© Juliane, CC BY-SA 2.0 DE, via Wikimedia Commons (Bild zugeschnitten)

Der Vorwurf, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Seher in eine bestimmte Richtung manipulieren möchten, ist kein neuer. Und vor dem Hintergrund der relativen Staatsnähe von ARD, ZDF & Co. ist es auch kein Zufall, dass er in jeder großen Krise wieder auftaucht. Es ist aber mit Sicherheit auch die Hybris der gegenwärtigen Akteure, die den Verdacht umso sprengkräftiger machen.

Der Begriff der Nagelprobe kommt aus den Trinkbräuchen früherer Generationen. Wenn auf das Wohl einer Person getrunken wurde, musste man seinen Daumen ausstrecken, damit die Trinkgenossen überprüfen konnten, ob man wohl keinen Anstandstropfen übrig ließ. Blieb der Nagel trocken, war die Nagelprobe bestanden – wurde er nass, musste man einen weiteren Humpen leeren. Im multimedialen Zeitalter dient dem Volk hier das Bildarchiv der Schwarmintelligenz – und den Propagandisten des Establishments ihre Kollegen von sogenannten „Faktencheckern“.

Ein fröhliches Spiel mit den Farben

Genau ein solches Match ergoss sich nun über die Öffentlichkeit, als die ARD-Tagesschau kürzlich die 7-Tages-Inzidenzen verschiedener Landkreise zeigte. Das ganze passierte just in jenem Zeitraum, als die Entscheidung, ob die Merkel-Regierung den Ländern ihre Pandemie-Kompetenzen entziehen sollte, bevorstand. Und wer aufmerksam zusah, merkte: Die Karte war übertrieben viel dunkler als noch vor einigen Wochen. Und nicht nur das, es gab sogar andere Kategorien mit anderer Farbgebung.

Ein Nutzer nahm es sogar auf sich, zu zeigen, was die Beibehaltung der Farbgebung bedeutet hätte. Und tatsächlich: Die Signalfarben wären weitaus weniger intensiv gewesen.

Niemand hat die Absicht, den Seher zu täuschen…

Nun braucht der, welcher den Schaden hat, bekanntlich nicht für Spott zu sorgen. Brauchte er wirklich nicht, denn das übernahmen die Twitter-Nutzer mit großer Freude, es gab einige ulkige Collagen und viele launige Kommentare. Irgendwann merkte man dann sogar bei der ARD, dass man dem Seher eine Erklärung schuldig war. Also schickte man Patrick Gensing, den Tagesschau-Faktenfinder – infolge mancher kuriosen ‚Berichtigung‘ von Kritikern liebevoll als „Faktenerfinder“ bezeichnet – in den Ring.

Was folgte, war der mutmaßlich ulbrichteskeste Auftritt der letzten Jahre. Nach dem Prinzip „Niemand hat die Absicht, den Seher zu täuschen“ rückte der für Sympathien zu prononcierten Linken bekannte Journalist aus und spielte die übliche Klaviatur. Verschiedene Bilder, Darstellungen und Zwecke, ganz sicher keine Manipulation mit Bildern, so sein Fazit. Und überhaupt, wären die Farbkategorien ohnehin dieselben geblieben. Die Tagesschau spricht sich also selber von der Täuschung frei: Grotesk.

„Es sieht ein Blinder, dass die Farben geändert wurden“

Als wäre diese Selbstentlastung nicht schon dreist und journalistisch unlauter genug, stimmte nicht einmal diese Darstellung. Ein Nutzer, der mittlerweile bei Mainstream-Medien gefürchtet ist, weil er immer wieder ihre Doppelzüngigkeit, ihr zweierlei Maß und ihre Widersprüche aufdeckt, lieferte auch diesmal. Er konnte nachweisen, dass dieselben Klassen nu sehr wohl weitaus dunklere Farben haben.

Dass ein sogenannter „Faktenchecker“ dermaßen offensichtlich an der Realität vorbei argumentiert, war am Ende sogar einem FAZ-Journalisten zu viel. Er bezichtigte Gensing offen der Lüge: „Es sieht ein Blinder, dass die Farben geändert wurden. Warum lügt der ‚Faktenfinder‘ und setzt seine Reputation aufs Spiel?“ Fast ein wenig schnippisch möchte man sagen: Ätsch, erwischt, der Kaiser ist nackt.

Je dreister sie flunkern, desto mündiger der Bürger

Jedenfalls: dass sich sogar ein Vertreter der etablierten Medien auf die billigen Versuche des staatsnahen Senders einschießt, kann durchaus als Erfolg gelten. Denn während man die Propagandisten nicht dazu zwingen die Wahrheit zu sagen, kann man sie zwingen, immer dreister zu lügen. Und je dreister die Unwahrheit, desto eher sieht der Souverän, wie offensichtlich er angeflunkert wird. Am Ende beschädigen sich die Trickser so weit, dass sogar ihre Schildträger ausscheren.

Freilich: Eine Schwalbe macht keinen Sommer und die Deutungshoheit der ARD läuft keine Gefahr, so schnell alle Schildträger zu verlieren und somit als Häuptling schmerzhaft zu Boden zu plumpsen. Aber durch jede solche Episode vertraut das Volk ihren Narrativen weniger. Es wendet sich freien Medien zu und beschäftigen sich womöglich zum ersten Mal mit dem Umstand, dass es in den Lücken, welche die herkömmlichen lassen, keine Leere herrscht. Am Ende steht ein mündiger Bürger, der seine eigenen Schlüsse zieht, anstatt sie dem „betreuten Denken“ von ARD & Co. zu entnehmen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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