Das entwendete Meisterwerk – Bilder als Zeitmaschinen
Die erste Schau unter der neuen Direktorin der Akademie der bildenden Künste, Sabine Folie, besteht aus drei Kunstsammlungen. Bis zum 30. Oktober 2022 kann man die epochenüberschreitende Ausstellung unter dem Motto „Bilder als Zeitmaschinen“ ansehen.
Wien. – Die Ausstellung „Das entwendete Meisterwerk. Bilder als Zeitmaschinen“ in der Akademie der bildenden Künste unternimmt einen Parcours auf Umwegen und Abzweigungen durch die Kunstgeschichte seit dem 15. Jahrhundert bis heute, wie sie sich in den Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste abbildet. Dabei beschäftigt sie sich mit den Bildtheorien des 17. Jahrhunderts, wie jener von Samuel van Hoogstraten, genauso wie mit medientheoretischen Überlegungen der Gegenwart, die eine Folge von technologischem Wandel und dessen Niederschlag in der Generierung von Bildern sind.
Mehrere Themenstellungen
Der Titel der Ausstellung verdankt sich einer Engführung der Detektivgeschichte The Purloined Letter von Edgar Allan Poe über einen entwendeten Brief, der nicht gesehen wird, weil er so offensichtlich daliegt, mit der Novelle Das unbekannte Meisterwerk (Le Chef-d’oeuvre inconnu) von Honoré de Balzac, in der es um die Imagination und die Grenzen der Darstellbarkeit geht: „Der Auftrag der Kunst besteht nicht darin, die Natur nachzuahmen, sondern sie auszudrücken!“, sagt der alte Meister Frenhofer in der Novelle. Zudem kommen in der Novelle Protagonisten wie Peter Paul Rubens, Nicolas Poussin oder François Porbus vor, die allesamt in der Sammlung der Gemäldegalerie eine Rolle spielen. In beiden Geschichten geht es, wenn auch gegenläufig, um die Fragestellungen von Repräsentation, Aneignung, Mimesis und (optischer) Täuschung sowie um jene nach der Definition von „Meisterschaft“ in Bezug auf die Erfassung von Wirklichkeit.
Neben diesen Themenstellungen beschäftigt sich die Ausstellung mit der Metapher und der territorialpolitischen Darstellung des Seestücks – des Schiffs und des Meers. Schwellenzeiten zwischen höfischen und bürgerlichen Gesellschaftskonzepten, die Implikationen einer Protoindustrialisierung für Klassenverhältnisse und Lebensumstände spielen ebenso eine Rolle wie, damit verbunden, Kippfiguren der Ausgrenzung und Standessatiren. Der Akt und das Marienbild kommen ins Spiel, die Pole des Dionysischen und Apollinischen sowie die gotische Transzendenz.
Die Ausstellung bildet den Anfang einer Reihe von Versuchen, mit der musealen Präsentation gleichzeitig Fragen nach den Aufgaben der Vermittlung zwischen alter und neuer Kunst in Museen zu stellen und eine Debatte weiterzuführen, die seit einigen Jahren rund um Begriffe des Transhistorischen sowie des „metabolischen“ und „radikalen Museums“ geführt werden.
Künstlerinnen und Künstler:
Albrecht Altdorfer, Cornelis Bega, Hieronymus Bosch, Alessandro di Mariano Filipepi, genannt Botticelli, Jacques Callot, Daniel Chodowiecki, Joos van Cleve, Lucas Cranach d. Ä., Albrecht Dürer, Anthonis van Dyck, Samuel van Hoogstraten, Jan van Huysum, Johann Baptist von Lampi d. J., Martin van Meytens, Adriaen van Ostade, Rembrandt Harmensz. van Rijn, Peter Paul Rubens, Jakob van Ruisdael, Rachel Ruysch, Roelant Savery, David Teniers d. J., Anna Dorothea Therbusch, Wigerus Vitringa, Simon de Vlieger und weitere zahlreiche historische Arbeiten aus allen drei Sammlungen sowie zeitgenössische Werke von Martin Beck, Anna-Sophie Berger / Teak Ramos, Marcel Broodthaers, Lili Dujourie, VALIE EXPORT, Rodney Graham, Ulrike Grossarth, Albert Paris Gütersloh, Marcello Maloberti, Willem Oorebeek, Jeroen de Rijke / Willem de Rooij, Klaus Scherübel, Allan Sekula, Paul Sietsema, Laurence Sturla.