DAS POLITISCHE BUCH: „Natiokratie“ – Das Eigene in Marsch gesetzt
Die Frage nach der ukrainischen Identität wird bereits seit über 100 Jahren gestellt. Der nationalistische Cheftheoretiker Mykola Sziborskyj legte 1935 mit „Natiokratie“ ein Lehrstück über den Willen eines Volkes zum selbstbestimmten Dasein vor.
Revolution oder »Regime change«? Die Frage, wie die Ereignisse um den ukrainischen »Euromaidan« zu bewerten sind, wird noch immer kontrovers diskutiert. Fakt ist: Die »Revolution der Würde« hat nicht nur der mittelfristigen Osterweiterung der Europäischen Union den Weg geebnet. Zahlreiche ukrainische Nationalisten und ihre vielfältigen Organisationen haben es verstanden, die Phase der politischen Neuordnung für sich zu nutzen – und ihre Position innerhalb der Gesellschaft zu stärken.
Die politische Rechte ist zurück. Ihre Weltanschauung fußt wesentlich auf einem Konzept: der Natiokratie. Ihr Begründer, der ukrainische Veteran und politische Aktivist Mykola Sziborskyj, ist neben dem populären Stepan Bandera der inspirierende Kopf der ukrainischen Rechten. Die Natiokratie ist dabei die Konsequenz einer eingehenden Analyse der politischen Systeme seiner Zeit: der prominenten Ideologien von Demokratie bis Faschismus, vor allem aber eine eigenständige Weltanschauung für alle Ukrainer. Sziborskyjs Werk ist nicht nur ein spannendes historisches Dokument, sondern der unentbehrliche Schlüssel zum Verständnis der heutigen Ukraine und ganz Osteuropas. Der ukrainische Weg in das 21. Jahrhundert – er wird steinig, widersprüchlich, konfliktreich. Wer ihn gerade deshalb verstehen will, wird bei Mykola Sziborskyj fündig.
Das Vorwort der deutschen Übersetzung hat der Autor Mykola Krawtschenko verfasst. Er ist Mitte März rund 60 Kilometer von Kiew entfernt im Kampf um seine Heimat durch russisches Artilleriefeuer gefallen. Wie der „Jungeuropa“-Verlag meldete, war er gerade auf dem Weg, eine Gruppe Journalisten in seinem PKW zu „eskortieren“, als die Raketen einer russischen BM-21 einschlugen.
Mykola Sziborskyj: Natiokratie, Jungeuropa Verlag, Dresden 2020, 191 Seiten, € 22,70
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