Premiere des Höcke-Dokumentarfilms „Der lange Anlauf“ – Ein Politiker zwischen Teufel und Heiland
Über ein Jahr begleitete eine Gruppe von Fotografen den Thüringer AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke und sammelte Material für einen Film, wie es ihn über einen deutschen Oppositionspolitiker noch nicht gegeben hat. Natürlich war Höcke bei der Filmpremiere in Erfurt dabei und gab erste Einblicke vor der Veröffentlichung.
Man hatte sich alle Mühe gegeben, den Erfurter Landtag in ein richtiges Kino zu verwandeln: Plakatständer vor dem Fraktionssaal, Einlasskontrolle mit Kinokarten, Popcorntüten und Snackbar – schnell wurde klar, dass es sich bei der Einladung nicht um eine reine Parteiveranstaltung handelte, sondern um Kunst. Diese Verbindung ist in der Politik nicht einfach und oft nicht unproblematisch, aber die einleitenden Worte des Filmemachers Simon Kaupert machten deutlich, dass „Der lange Anlauf“ kein Auftragswerk der Thüringer AfD-Fraktion war oder sein sollte. Vielmehr stand eine künstlerische Frage im Raum: Wer ist Björn Höcke? Wie bewegt er sich zwischen der totalen Diffamierung durch seine Gegner und der Verehrung durch seine Anhänger? Ein ambitioniertes Ziel, dem Kaupert und sein Filmkunstkollektiv durch eine intensive Begleitung Höckes bis in seine eigenen vier Wände gerecht werden wollten.
Ein Stück für die Filmfestspiele
Was das kleine Publikum, das überwiegend aus Höckes politischem Umfeld stammte, dann in den nächsten 100 Minuten zu sehen bekam, war in der Tat einzigartig. In einer Mischung aus politischer Biografie, Kunstfilm und Reportage mit Expertenkommentar konnten die Zuschauer den wohl bekanntesten Oppositionspolitiker Deutschlands so erleben, wie er sich noch nie gezeigt hat. Dazu gehören auch die ruhigen, teils sehr privaten Momente seines Lebens, wie die Niederlage vor dem Landgericht Halle oder die Vorbereitung auf das TV-Duell mit Mario Voigt. Unterstützt werden diese, wie eigentlich alle Szenen, durch die hervorragende technische Umsetzung. Wüsste man nicht, dass hinter dem Film eine engagierte, aber dennoch kleine Mannschaft mit begrenzten Ressourcen steht, könnte man ihn auch für eine professionelle Produktion der Öffentlich-Rechtlichen halten.
Doch auch inhaltlich ist der Film ein Schwergewicht: Neben exklusiven Einblicken in Höckes Alltag wartet „Der lange Anlauf“ mit zahlreichen Stimmen aus Höckes unmittelbarem Umfeld auf. So kommen AfD-Landessprecher Stefan Möller, Höckes Büroleiter Robert Teske und Landesvorstandsmitglied Daniel Haseloff ausführlich über ihren Chef zu Wort. Als überparteiliche Experten dürfen der FREILICH-Autor und Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser sowie der Verleger Götz Kubitschek ihre Erfahrungen mit dem Thüringer Landeschef teilen. Gerade Kubitschek, der als enger Vertrauter Höckes gilt, kommentiert nicht neutral, aber sehr authentisch den politischen Weg des Mannes, der am 1. September in Thüringen die Machtfrage stellen will.
Ein Monument für die heiße Wahlkampfphase
Doch wie reagierte Höcke selbst auf die Aufführung im kleinen Kreis in Erfurt? Trotz seiner Prominenz war ihm die ausnahmsweise nicht feindselige Fokussierung auf seine Person überraschend unangenehm. Nach den Schattenseiten der Dreharbeiten befragt, antwortete der Landespolitiker: „Es dürfte bekannt sein, dass man gerade als AfD-Politiker oft unvorteilhafte Bilder von sich in den Systemmedien sieht. Daher habe ich mir im Laufe der Zeit notgedrungen angewöhnt, auf 'richtige Bilder' zu achten. […] Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit gehörten 'meine Schatten' aber dann einfach dazu.“
Über die Wirkung und Bedeutung des Films für ihn oder die Partei wollte Björn Höcke nicht spekulieren. Er resümierte gegenüber Freilich: „Die Idee für das Projekt wurde im kleinen Kreis entworfen und ich wurde erst später ins Boot geholt. Er ist tatsächlich l'art pour l'art und verfolgt keinen direkten Zweck. Das macht auch seine Authentizität aus. 'Episch' war die häufigste Bewertung, die ich von den Premieregästen hörte. Dieser kann ich mich vollumfänglich anschließen.“
Als nach der Filmvorführung ein Kunstwerk ganz anderen Kalibers vor den Augen des Publikums enthüllt wurde, sah man den sonst so eloquenten Höcke für einen Moment sprachlos. Was es damit auf sich hatte, konnten die Zuschauer bereits im Film erahnen; es sei an dieser Stelle der Spannung des Ungewissen überlassen. Simon Kauperts „Der lange Anlauf“ wird ab dem 23. August kostenlos auf YouTube auf dem Kanal des AfD-Politikers zu sehen sein.