Reisebericht: Die Vielfalt Sloweniens (3)
In den ersten beiden Teilen seines Reiseberichtes teilte FREILICH-Redakteur Mike Gutsing seine Erfahrungen über politische und kulturelle Eigenarten Ungarns und der Slowakei. Mit leichtem Gepäck ging es nun in die Höhen – und auch die Tiefen der slowenischen Nationalparks.
Vom Donauknie ins Alpenvorland
Budapest hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Der Glanz der alten Habsburger, die Bemühungen der Regierung Orbán, nicht nur vom Ruhm vergangener Zeiten zu profitieren, sondern der Stadt ihre Geschichte zurückzugeben, waren beeindruckend. Es war aber auch deprimierend, angesichts des eigenen „Bundeshauptslums“ Berlin an die Heimat zu denken. Deshalb war ich froh, dem Trubel der Donaumetropole zu entfliehen und in die fast verschlafene slowenische Hauptstadt Laibach (Ljubljana) zu fahren.
Ähnlich wie in Budapest könnte jetzt eine ausführliche Beschreibung der Stadt folgen, aber das überlasse ich wie beim letzten Mal den verfügbaren Reiseführern. Nur eines sollte jeder Reisende wissen: Während die Altstadt am gleichnamigen Fluss zum Staunen und Verweilen einlädt, sind die Straßen jenseits davon weniger verlockend. Außerdem ist zu beachten, dass Laibach eine lebendige linke Szene hat, die auch außerhalb der Touristenviertel deutlich zu spüren ist. Der Stadtteil Metelkova wird als „Künstlerviertel“ angepriesen, entpuppt sich aber schnell als Treffpunkt von Drogendealern und Gammlern.
Aus der Tiefe der Erde …
Einer meiner ersten Ausflüge führte mich in die Höhlen von Škocjan, die nur eine Stunde von Laibach entfernt liegen. Der von Regenwasser ausgewaschene Höhlenkomplex wurde 1986 zum Weltnaturerbe erklärt und zählt zu den größten begehbaren Höhlen Europas. Der eigentlich zufällige Ausflug entwickelte sich zu einer atemberaubenden Reise in die Tiefen der Erde. Ob Peter Jackson (Der Herr der Ringe) die Höhlen von Škocjan kannte, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, denn wenn es sie nicht gäbe, hätte man sie erfinden müssen. Die Hauptkammer wurde von den Strömungen des Flusses Reka gefüllt, der sich in Hunderttausenden von Jahren durch den Fels gegraben hatte.
Ein besonderer Höhepunkt der Führung durch die Höhlen waren wohl die teilweise 200 Jahre alten Gänge und Pfade, die die Entdecker der Haupthöhle in den Felsen gehauen hatten. Beim Anblick der schmalen, gewundenen Treppen und Brücken wurde ich plötzlich wieder zum Kind und versuchte mir vorzustellen, wie mutige Männer, nur mit primitiver Kletterausrüstung und Öllampen bewaffnet, in die Tiefen der Höhle hinabgestiegen sind. Die Tatsache, dass aus einer lebensgefährlichen Herausforderung eine Touristenattraktion geworden war, war zwar gut für mich, aber die romantische Vorstellung in meinem Kopf wurde dadurch etwas getrübt.
… ins hohe Gebirge
Irgendwann war die feuchte Luft in der Höhle zu viel und es gab nur noch einen Ausweg: Ab in die Berge! Für das nahegelegene Triglav-Gebirge hatte ich mir einiges vorgenommen, zum Glück spielte mir das Wetter in die Hände und ließ mir viel Zeit, die Landschaft bei strahlendem Sonnenschein zu erkunden. Zuerst besuchte ich den Jasna-See, einen kristallklaren Bergsee am Fuße des Visoka, nur eine halbe Stunde von der österreichischen Stadt Villach entfernt. Auch hier sind Worte nicht ausreichend, um die Schönheit des Panoramas zu beschreiben, und jede Minute vor der Kulisse der schroffen Bergketten und der dunklen Baumreihen an ihren Hängen war wie Urlaub für Herz und Seele.
Der Höhepunkt im doppelten Sinne war aber auch hier wieder ein Extrem. Auf dem Gipfel des Vrisc-Passes (immerhin knapp 1.700 m) breitete sich das gesamte Gebirgsmassiv aus und ermöglichte Ausblicke, die man als Flachlanddeutscher sonst nur vom Alpenpanorama auf 3Sat kennt. Am beeindruckendsten waren jedoch die zahlreichen Radfahrer, die sich die rund 25 Serpentinen von etwa 800 Höhenmetern bis zum Gipfel hinauf kämpften. Neidlos konnte man beobachten, dass es schon einer gewissen Verrücktheit bedarf, um dieses Wagnis einzugehen, denn die Abfahrt auf der schmalen Passstraße erforderte mindestens ebenso viel Kraft und Konzentration wie der Aufstieg.
Erholung trotz touristischer Erschließung
Wer schon immer einmal einen Eindruck von den Alpen gewinnen wollte oder die deutschsprachige Seite wie seine Westentasche kennt, dem sei das Triglav-Gebirge wärmstens empfohlen. Trotz der touristischen Erschließung macht das gesamte Gebiet einen wesentlich ursprünglicheren und damit auch erholsameren Eindruck, als man es vielleicht gerade aus Deutschland kennt.
Wer es im Urlaub ruhig mag und trotzdem ein wenig urbanes Leben genießen möchte, kommt in Laibach voll auf seine Kosten. Anders als im quirligen Budapest geht in Laibach der Tag irgendwann zu Ende und man kann auch mitten in der Stadt ruhige Stunden verbringen. Wie sich dieses Lebensgefühl auf der letzten Etappe meiner Reise auf mich ausgewirkt hat, wird Thema meines nächsten Berichtes sein.
Hier geht's zu den ersten zwei Teilen: Reisebericht: Ein Zirkelschlag durch Europa (1), Reisebericht: Landsmännische Begegnungen (2).