Ausbürgerung von Straftätern: SPD kritisiert Merz für eigene Forderung
Friedrich Merz sorgte mit seiner Forderung, Straftätern die Staatsbürgerschaft zu entziehen, für hitzige Debatten. Dabei kam eine ähnliche Forderung bereits aus der SPD.
Berlin. – Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 wird Migration zunehmend zu einem zentralen Wahlkampfthema. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat mit seiner Forderung nach einer Einschränkung der doppelten Staatsbürgerschaft und der Möglichkeit, straffällig gewordenen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, für heftige Diskussionen gesorgt. Merz warnte davor, dass man sich „zusätzliche Probleme ins Land“ hole.
Scholz: „Rückschritt statt Fortschritt“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Äußerungen als „falsch“ und betonte, dass ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht notwendig sei, um dem Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen. „Wir brauchen die Möglichkeit, auch in Zukunft tolle Leute aus anderen Ländern in Deutschland mit anpacken zu lassen“, sagte Scholz. Wenn Arbeitskräfte etwa im Gesundheitswesen, in der Logistik oder in der Industrie fehlten, sei das ein Standortnachteil für die deutsche Wirtschaft.
SPD-Parteichefin Saskia Esken kritisierte Merz gegenüber dem Stern scharf. Mit seinen Forderungen mache er Eingebürgerte zu „Bürgern zweiter Klasse“. Auch Merz’ Vorstoß, Straftätern die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sei inakzeptabel.
Grüne: „Integrationspolitischer Wahnsinn“
Die Landesvorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen sprach von einem „integrationspolitischen Wahnsinn“. Sie selbst habe wie Millionen andere Menschen in Deutschland die doppelte Staatsbürgerschaft. Merz wolle diese Menschen zu „Staatsbürgern auf Bewährung“ degradieren, das sei integrationsfeindlich und wirtschaftlich schädlich. Sie warnte vor einer populistischen Wahlkampfrhetorik, die die „Remigrationsfantasien der AfD“ bediene. „Denn welche Fachkraft würde weiterhin nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten, wenn sie nie sicher sein kann, hierbleiben zu dürfen, selbst wenn sie längst Deutsche ist?“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte auf X, es gebe keine Staatsangehörigkeit erster und zweiter Klasse und warf Merz vor, mit seinem Populismus die Fakten zu ignorieren.
SPD selbst für Entzug der Staatsbürgerschaft
Merz’ Vorstoß trifft jedoch nicht nur auf Kritik, sondern wirft auch Fragen zur Haltung der SPD auf. Erst im November 2023 hatte die SPD selbst öffentlich ähnliches gefordert. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese erklärte damals, dass Antisemiten auch rückwirkend die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden solle. Dies gelte für Fälle, in denen die Einbürgerung „durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben“ erfolgt sei. Diese Regelung sollte sogar bis zu zehn Jahre nach der Einbürgerung gelten.
Antisemiten würden den deutschen Pass außerdem gar nicht erst bekommen. „Das stellen wir im neuen Staatsbürgerschaftsrecht auf mehreren Ebenen sicher“, betonte Wiese damals. Wer wegen antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Straftaten verurteilt worden sei, „kann die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erlangen, Punkt.“