Bernd Kallina: „Rechte Positionen sind in Mainstream-Medien praktisch ausgeschlossen“

Ex-Deutschlandfunk-Redakteur Bernd Kallina spricht im TAGESSTIMME-Interview über sein 2021 veröffentlichtes Buch „Unhaltbare Zustände! – Interviews und Beiträge im deutschen Interesse“.
Interview von
8.6.2022
/
5 Minuten Lesezeit
Bernd Kallina: „Rechte Positionen sind in Mainstream-Medien praktisch ausgeschlossen“

Bernd Kallina

Ex-Deutschlandfunk-Redakteur Bernd Kallina spricht im TAGESSTIMME-Interview über sein 2021 veröffentlichtes Buch „Unhaltbare Zustände! – Interviews und Beiträge im deutschen Interesse“.

Herr Kallina, in Ihrem kürzlich erschienenen Buch „Unhaltbare Zustände!“ interviewten Sie unterschiedliche Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft. Gibt es eine gemeinsame Schnittmenge in den Aussagen Ihrer Gesprächspartner, wie z.B. den Journalisten Karl Wilhelm Fricke und Gernot Facius, den Professoren Konrad Löw, Michael Wolffsohn und Hans-Helmuth Knütter oder im Beitrag über den früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, um nur einige zu nennen?

Bernd Kallina: Ich denke schon. Zunächst hat die Interviewform den großen Vorteil, dass der Interviewer mit zugespitzten Fragen beim Gesprächspartner sozusagen „mit der Tür ins Haus“ fallen kann. Die gemeinsame Schnittmenge der insgesamt 23 Interviews besteht in der Beleuchtung des Phänomens, dass wir es in der Bundesrepublik Deutschland mit einer gesamtpolitischen Sondersituation zu tun haben. Zurecht beschreibt der Jurist Josef Schüßlburner in einer vorzüglichen Rezension meines Buches unseren Staat als „keine normale Demokratie“. Denn der übliche Rechts-Links-Antagonismus, der klassische Demokratien kennzeichne, werde im Fall der BRD faktisch durch eine zwanghafte Mitte-Ausrichtung außer Wirkung gebracht. Ziel dieses abweichenden Demokratiemodells sei es, die politische Rechte sowohl parteipolitisch als auch im öffentlichen Kulturraum durch diverse Ausgrenzungsinstrumente weitgehend zur Unwirksamkeit zu bringen.

Ihr Stichwort „Ausgrenzungsinstrumente“. An welche denken Sie dabei?

Kallina: Es gibt viele. Zum einen die vorbeugende Ausgrenzung der parteipolitischen Rechten durch eine gegen politische Ideen und Meinungen gerichtete Parteiverbotskonzeption, wie Schüßlburner in der erwähnten Buch-Besprechung hervorhebt und die die BRD insofern von einer „liberalen Demokratie des Westens“ unterscheidet. Dabei spielt der öffentlich in Erscheinung tretende Inlandsgeheimdienst eine zentrale Rolle, wie das Vorgehen des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen die „Alternative für Deutschland“ (AfD) belegt. 

Können Sie diesen Sachverhalt näher präzisieren?

Kallina: Gerne! Diese Parteiformation, von Millionen deutscher Stimmbürger mit einem stabilen Wähleranteil von über zehn Prozent gewählt und einem Potential von ca. 30 Prozent, wird rechtsstaatswidrig aus ideologischen Gründen als „extremistischer Verdachtsfall“ gelistet und damit der Versuch einer öffentlichen Delegitimierung mit Verfolgungswirkung für im Staatsdienst beschäftigte Parteimitglieder unternommen. Dies ist sogar vom Verwaltungsgericht Köln im März 2022 gebilligt worden – ein Urteil, das wohl in keiner normalen Demokratie so zu erwarten wäre und nunmehr Geheimdiensteinsatz gegen Opposition erlaubt! Hauptvorwurf ist dabei ein „ethnischen Staatskonzept“, das gegen das Grundgesetz für die BRD gerichtet sein soll. Diesbezüglich wäre von Interesse zu wissen, ob die deutsche Justiz das auf Abstammung basierende israelische Staatsangehörigkeitskonzept, das sog. Rückkehrrecht – The Law of Return von 1950, als Menschenwürdeverstoß ansehen würde.

Zudem wird der Partei die in den Parlaments-Geschäftsordnungen vorgesehenen stellvertretenden Präsidenten-Sitze und Sitze in wichtigen Ausschüssen seit Jahren vorenthalten und damit gegen das verfassungsrechtlich verankerte Spiegelbildlichkeitsprinzip verstoßen – wonach Parlamentsgremium die Zusammensetzung des Gesamtparlaments spiegeln müssen.

Das sind ja schwerwiegende Verstöße gegen das Demokratieprinzip. Sehen Sie weitere Ausgrenzungsinstrumente gegen „rechts“?

Kallina: Leider ja! Denn: Des Weiteren sticht ins Auge, dass der AfD-nahen Desiderius-Stiftung – im Gegensatz zu allen anderen Parteistiftungen – ihr zustehende Euro-Millionenbeträge zur Verwendung für politische Bildung verweigert wird. Der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“, die der ehemaligen SED-Diktaturpartei nahesteht und sich heute „Linkspartei“ nennt, werden seit Jahren die Mittel jedoch zugestanden. Welch offenkundige Verletzung des demokratischen Gleichheitsgrundsatzes!

Den Gipfel an antidemokratischen Verhaltensweisen schoss allerdings die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel im Jahre 2020 ab, in dem sie nach der ordnungsgemäßen Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten von Thüringen erklärte, dass diese Wahl rückgängig gemacht werden müsse. Nochmals zum Mitschreiben: Die BRD-Kanzlerin erklärt eine demokratische Wahl für – letztendlich – ungültig, weil ihr das Ergebnis nicht passte. Ein Skandal erster Ordnung ohne öffentlichkeitswirksamen Rücktrittsforderungen in Richtung Kanzlerin, im Gegenteil: Der liberale Kemmerich wurde durch erpresserischen Druck genötigt – auch von den angeblich „bürgerlichen“ Parteien CDU und FDP – sein Amt der kommunistischen Linkspartei faktisch zur Verfügung zu stellen.

„Rechte Positionen sind in Mainstream-Medien praktisch ausgeschlossen“

Und weiter: Nicht zuletzt im Bereich der Mainstream-Medien, in dem die AfD – wenn überhaupt – nur negativ erwähnt wird und deren Politiker in Nachrichtensendungen oder meinungsbildenden Talkshows praktisch ausgeschlossen sind. Wir haben es hierbei mit einer Tot-Schweige-Taktik zu tun, die insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkmedien eindeutig gegen das in den von den Ländern geschlossenen Staatsverträgen geforderte „Ausgewogenheitsgebot“ verstößt. Fakt ist: AfD-Vertreter werden kaum eingeladen und über ihre vielfältigen parlamentarischen Initiativen herrscht meist „Berichterstattungs-Stille“. Das betrifft aber nicht nur die AfD, auch parteipolitisch ungebundene Persönlichkeiten, die als rechts und damit nach BRD-Praxis nahezu automatisch als „extremistisch“ eingeordnet werden, finden öffentlich nicht statt. Mir ist nicht bekannt, dass Redakteure der auflagenstarken „Jungen Freiheit“ oder der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ jemals zu Pressegesprächsrunden im öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeladen wurden.

Auf welche Themenfelder gehen Sie in Ihren Interviews ein?

Zum Beispiel auf Fragen zur deutschen Zeitgeschichte, wo offiziös die deutsche Historie nur in einem einseitig-negativen Narrativ einer Dauerbewältigung des 3. Reiches stattfindet. Hier zeige ich in Interviews mit Professor Konrad Löw und Günter Deschner auch positive Aspekte der deutsch-jüdischen Geschichte auf, die sich eben nicht nur auf den Holocaust beschränken.

Zwei Gesprächen mit Rüdiger Proske und Professor Alfred de Zayas widmen sich den haarsträubenden Fälschungen der so genannten „Wehrmachtsausstellung“ in den 1990er Jahren, die sogar deswegen zurückgezogen werden musste, was eine erfreuliche Ausnahme in der reichhaltigen Fälschungsgeschichte für den Zeitraum der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts darstellt.

Auch die verbrecherischen Aktivitäten der DDR-Staatssicherheit im Auftrag der SED, die zwar kurz nach der Wiedervereinigung für einige Jahre thematisiert wurden, inzwischen aber in Vergessenheit zu geraten drohen, habe ich mit Karl Wilhelm Fricke in Erinnerung gerufen.

Ein weiterer Schwerpunkt bildet Deutschlands Multikulturalisierung und ihre fatalen Folgen, die sich in Merkels illegaler und totalen Grenzöffnungspolitik seit 2015 zeigen. In diesem Zusammenhang ist die Rede von einem „antideutschen Rassismus nach innen“, so Professor Werner Patzelt, von „PEGIDA als Wutausbruch gegen verlogene Politik“, so Ex-Bundesbildungsminister Rainer Ortleb. Auch ist von der kaum bekannten Tatsache die Rede, dass mit Hilfe der Unionsparteien „die Antifa mit Steuergeldern gefördert wird“, so der Buchautor Christian Jung und – nicht zuletzt – dass wir uns, wenn es so weitergeht, „auf dem Weg in einen Bürgerkrieg“ befinden, wie Professor Michael Wolffsohn im Interview warnend aufzeigt.

Abschließend dokumentiere ich noch ein Nicht-Interview mit dem früheren bayerischen Innenminister Günther Beckstein, der sich in der Ausgrenzung der ältesten Münchener Burschenschaft Danubia mit Feuereifer hervortat. Deren Aktivitas wird ohne plausible Erklärung seit mehr als 20 Jahren als angeblich „extremistisch“ vom weiß-blauen Verfassungsschutz eingestuft. Ich stellte dem späteren Ministerpräsidenten von Bayern dazu 22 kritische Fragen, von denen er keine einzige beantwortete, so dass sich jeder Leser meines Buches anhand der unbeantworteten Fragen ein eigenes Urteil bilden kann!

„Die parlamentarische und mediale Präsenz von ‚rechts‘ muss weiter optimiert werden“

Was kann gegen die von Ihnen thematisierte freiheitsfeindliche Dominanz in Politik und Medien unternommen werden?

Kallina: Erstens: Eine verstärkte mediale Kanalisierung von oppositionellen Positionen in erreichbaren Organen, vor allem durch Nutzung der Möglichkeiten digitaler Kommunikation, was ja auch schon ausbaufähige Anfangserfolge gezeigt hat. Dazu meine These: Ohne letztere Medien säße die AfD nicht in den Parlamenten.

Zweitens: Durch Eintritt und Mitarbeit in „populistischen Oppositionsparteien“, wie deren Gegner sie ausgrenzend benennen. Gemeint sind AfD und FPÖ. Hier gilt es deren parlamentarische Präsenz quantitativ und qualitativ zu optimieren. So könnte ein Umschwung in Richtung normale Demokratie des Westens vielleicht auch in der Berliner Republik gelingen, wobei die Lage in Österreich aus historischen Gründen sich etwas günstiger gestaltet als bei uns. All das getreu dem Motto von Bert Brecht: „Wer kämpft, kann verlieren, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren!“

Herr Kallina, vielen Dank für dieses Gespräch!

Zur Person:

Bernd Kallina, Jahrgang 1950, Diplom-Politologe, war von 1986 bis 2016 Deutschlandfunk-Redakteur in Köln. Seitdem Freier Journalist, Autor und Medienberater, Schriftleiter des Medienorgans „Deutschland-Journal“ der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ (SWG) in Hamburg und seit 2020 deren Stellvertretender Vorsitzender. Letzte Buchbeiträge zu den Sammelwerken: „Der Verfassungsschutz – Auf der Suche nach dem verlorenen Feind“ (2000), „Handbuch des Linksextremismus“ (2002) und „Was der Verfassungsschutz verschweigt (2007).

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