Bürgerrat empfiehlt: Gütesiegel für Qualitätsjournalismus und „Desinformationsranking“ von Correctiv
Ein Bürgerrat hat Empfehlungen zur Bekämpfung von Desinformation an Innenministerin Nancy Faeser übergeben. Unter anderem soll Correctiv ein Desinformationsranking erstellen. Die Vorschläge sorgen für Diskussionen.
Berlin. – Ein Bürgerrat hat am vergangenen Freitag seine Empfehlungen zum Umgang mit Desinformation an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) übergeben. Die Empfehlungen umfassen 15 Forderungen sowie 28 konkrete Maßnahmen und richten sich an Politik, Medien, Bildungseinrichtungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Unter anderem soll eine „unabhängige Stelle“ ein freiwilliges Gütesiegel für „qualitativen Journalismus“ einführen.
Correctiv soll „Desinformationsrankings“ erstellen
Um die Empfehlungen und Maßnahmen zu erarbeiten, hatten sich rund 424.000 Teilnehmer an der Beantwortung der Frage „Was sollten wir tun, um uns und unsere Demokratie angesichts von Fakes und Manipulation von Informationen zu schützen?“ beteiligt. Die daraus resultierenden Empfehlungen sorgen nun allerdings für Aufregung. Denn der Bürgerrat fordert zu 91 Prozent die „Prüfung einer strafrechtlichen Verfolgung und/oder Sanktionierung der Verbreitung von Desinformation“. Außerdem soll laut den Empfehlungen ein „Desinformationsranking“ eingeführt werden. Erstellt werden soll dieses Ranking von „unabhängigen Stellen“, die den vermeintlichen Wahrheitsgehalt von Aussagen politischer Akteure während Wahlkämpfen bewerten. Als Beispiel wird dabei explizit das linke Recherchenetzwerk Correctiv genannt.
In den Forderungen erklärt der Rat dazu: „Das Ranking soll von einem gemeinwohlorientierten, unabhängigen Medienhaus/Kollektiv (beispielsweise Correctiv) aus kontinuierlich gesammelten Daten erstellt werden. Dieses Ranking wird rechtzeitig (zwei Wochen) vor den stattfindenden Wahlen medienübergreifend veröffentlicht. Im Ranking sollen öffentliche politische Aussagen ausgewertet werden. Diese Öffentlichkeit umfasst insbesondere Äußerungen in den Parlamenten, Print- und sozialen Medien sowie TV und Radio.“ Weiter heißt es, dass es in Wahlkampfphasen vermehrt zur Verbreitung von Desinformationen komme. „Diese werden viel zu häufig von der Öffentlichkeit kritiklos aufgenommen und beeinflussen folglich deren politische Meinung, wodurch die Demokratie geschwächt wird.“
Strafen und Sanktionen für „Desinformation“
Dass ausgerechnet Correctiv als unabhängigen Medienhaus/Kollektiv genannt wird, von dem das Ranking erstellt werden sollte, sorgt für Kritik. Immerhin wird dem Recherchenetzwerk vorgeworfen, mit seinen Berichten zu dem angebliche „Geheimtreffen“ in Potsdam und der damit verbundenen Deportationslüge selbst unsauber gearbeitet zu haben. Das Medium änderte den Text mehrmals heimlich, Correctiv-Mitarbeiter logen öffentlich über die Inhalte des Textes und mussten dies letztendlich vor Gericht zugeben, wie Apollo News berichtet.
Eine weitere Empfehlung, die für Aufregung sorgt, ist jene, wonach die Bundesregierung prüfen solle, „ob auf Grundlage der Definition von Desinformation eine strafrechtliche Verfolgung oder anderweitige Sanktionierung möglich“ sei. Dem Bürgerrat sei wichtig, „dass die Meinungsfreiheit gewahrt“ werde, doch nichtsdestotrotz soll „vor der Erstellung und Verbreitung von Desinformation abgeschreckt und das Unrechtsbewusstsein der Täterinnen und Täter erhöht werden. Damit soll gesellschaftlichem, persönlichem und wirtschaftlichem Schaden vorgebeugt werden.“
Desinformation bisher nicht strafbar
Auch wenn der Bürgerrat mit einer Zustimmung von 91 Prozent für den Vorschlag gestimmt hat, so ist die Zustimmung in der Gesamtbevölkerung doch sehr viel geringer. In einer Online-Abstimmung nur 61 Prozent der Teilnehmer für den Vorschlag, damit ist die Zustimmung deutlich geringer als im Bürgerrat selbst.
Klar ist auch, dass Desinformationen bisher nicht strafbar ist. „Sollte der Plan des Bürgerrats umgesetzt werden, gäbe es faktisch eine Art Wahrheitsbehörde, das darüber entscheidet, was richtig und was falsch ist“, wird in einem Bericht von Apollo News gewarnt. Und es ist auch fraglich, wie eine solches Gesetz mit der im Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit vereinbar wäre. Dem Bürgerrat ist dieses Problem bekannt, weswegen er anmerkt, dass man die im Grundgesetz verbriefte Meinungsfreiheit „beachten“ soll.