Bundesregierung zahlte seit 2021 über 500.000 Euro an Journalisten
Die Bundesregierung hat seit 2021 über 500.000 Euro für journalistische Tätigkeiten ausgegeben. Eine detaillierte Aufschlüsselung zeigt die Verteilung der Kosten auf verschiedene Ministerien.
Berlin. – Die Bundesregierung hat im Rahmen einer schriftlichen Anfrage des Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz umfassend Auskunft über die Kosten für die Beauftragung von Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit journalistischen Tätigkeiten gegeben. Seitz wollte wissen, welche finanziellen Aufwendungen seit Beginn der 20. Legislaturperiode, also seit 2021, im Zusammenhang mit Moderationen und Interviews durch das Bundeskanzleramt oder die Bundesministerien entstanden sind. Anlass waren neu bekannt gewordene Informationen über die ARD-Moderatorin Janna Betten, die laut der Nachrichtenplattform Nius für die Moderation eines „Kanzlergesprächs“ in Bremen ein Honorar erhalten hatte.
In ihrer Antwort stellte die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), klar, dass solche Aufträge an Einzelpersonen vergeben wurden, unabhängig davon, ob diese für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten oder private Medien tätig waren. Die Zugehörigkeit der beauftragten Personen zu einem bestimmten Medium sei bei der Auftragsvergabe nicht ausschlaggebend gewesen. Die erhobenen Daten beziehen sich auf Veranstaltungen, an denen Mitglieder der Bundesregierung teilgenommen haben und für die innerhalb der vorgegebenen Beantwortungsfrist Informationen erhoben werden konnten.
Mehr als eine halbe Million Euro
Eine detaillierte Aufschlüsselung der Gesamtkosten nach Ressorts zeigt, dass insgesamt 586.423,58 Euro ausgegeben wurden. Besonders hervorzuheben ist das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV, Minister Volker Wissing, FDP), das allein für 107 Veranstaltungen rund 230.000 Euro aufgewendet hat. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, Ministerin Bettina Stark-Watzinger, FDP) verursachte hohe Kosten, nämlich 128.300 Euro für 34 Veranstaltungen.
Honorare der Bundesregierung für Journalisten ab 2021
nach Ressorts, in Euro
Auch andere Ressorts wendeten erhebliche Mittel auf: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS, Minister Hubertus Heil, SPD) gab für 16 Veranstaltungen 63.206 Euro aus, das Bundesministerium des Innern (BMI, Ministerin Nancy Faeser, SPD) für 3 Veranstaltungen 22.561,15 Euro. Das Bundeskanzleramt selbst hat für neun Veranstaltungen 19.832,90 Euro ausgegeben.
Grenzen zwischen Journalismus und Public Relations
Diese Zahlen werfen die Frage auf, inwieweit die Regierung auf externe journalistische Expertise angewiesen ist und ob diese Praxis wirtschaftlich vertretbar ist. Es stellt sich auch die Frage, inwieweit die Grenzen zwischen Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit für die Regierung verschwimmen, wenn Journalisten bezahlte Aufgaben wie Moderation oder Ähnliches übernehmen. Kritische Stimmen könnten die Notwendigkeit solcher Ausgaben infrage stellen, insbesondere angesichts der zum Teil erheblichen Summen, die für vergleichsweise wenige Veranstaltungen ausgegeben werden. Die Bundesregierung betonte jedoch, dass die Aufträge stets anlassbezogen vergeben worden seien und die erbrachten Leistungen den geforderten Standards entsprächen.
Seitz selbst äußerte sich gegenüber FREILICH folgendermaßen: „Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Regierungsfernsehen wahrgenommen wird, liegt nicht nur an den Rundfunkräten. Wenn hunderttausende Euro aus dem Kanzleramt und aus Bundesministerien direkt an Redakteure und Moderatoren von ARD und ZDF fließen, dann weiß man, wo deren Loyalität zu verorten ist und wie es um deren journalistische Unabhängigkeit bestellt ist“.
Die neuen Zahlen erinnern an einen Fall aus dem Frühjahr 2023, als Zahlen der Bundesregierung über Zahlungen von knapp 1,5 Millionen Euro seit 2018 an Journalisten bekannt wurden. Darin waren Honorare für Moderationen, Texte, Lektorate, Fortbildungen und Vorträge enthalten. Rund 900.000 Euro gingen an Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Deutschen Welle, rund 600.000 Euro an Mitarbeiter privater Medien.