„Die Grünen sind eine Verbotspartei mit Zeigefingerattitüde“
Bundestagsmitglied Dr. Dirk Spaniel (AfD) im Gespräch mit FREILICH. Es geht um die ideologisch motivierten Angriffe vor allem der Grünen gegen das Auto, die Autoindustrie und die Freiheit des Einzelnen.
FREILICH: Herr Spaniel, was sagen Sie dazu, dass FDP-Verkehrsminister Volker Wissing die EU aufgefordert hat, beim geplanten Verbrenner-Aus eine Ausnahme für klimaneutrale synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, zu schaffen? Andernfalls droht Wissing mithilfe einer „Sperrminorität“ das geplante EU-Gesetz zu boykottieren.
Dirk Spaniel: Ich muss gestehen, dass ich Herrn Wissing so viel Rückgrat nicht zugetraut hätte, aber selbst Olaf Scholz unterstützt ihn ja in der Angelegenheit. Vielleicht haben die Regierungsparteien mit einem gewissen Restverstand erkannt, dass sich die deutsche Volkswirtschaft und diejenigen anderer wichtiger EU-Mitgliedsländer nicht einfach über planwirtschaftlich implementierte Strategien umformen lassen. Das Mindeste, was bei der öko-ideologischen Wirtschaftspolitik zu erwarten ist, scheint mir eine absolute Technologieoffenheit bezüglich der zukünftigen Motorentechnik und der Antriebsstoffe zu sein. Es geht nicht nur um den Flottenbestand, wie Herr Wissing glaubt, sondern auch um die freie Mobilität jedes einzelnen EU-Bürgers. Dazu kommen schwere Bedenken bezüglich der ökologischen Bilanz einer Electric-Only-Strategie, der allgemeinen Energieversorgungssicherheit und die großen Sorgen um die Arbeitsplätze in der Fertigungsindustrie. Wenn ich ehrlich bin, halte ich die jetzt geäußerten Einwürfe des Herrn Wissing für Camouflage, der denkt ab und zu auch mal an seine Wählerschichten. Die Herren der FDP wissen ganz genau, dass wir mindestens eine Übergangsphase von den herkömmlichen, fossilen Kraftstoffen hin zu den E-Fuels benötigen. Das lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen umschalten. Denken Sie zum Beispiel an die nicht oder nur spärlich vorhandene Ladeinfrastruktur für E-Autos. Die E-Mobilität lässt sich nicht wie gewünscht umsetzen. In keinem europäischen Land ist momentan erkennbar, dass es dafür ein Patentrezept gibt. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass das Elektroautoprojekt und auch der Antrieb mit Wasserstoff nicht durchführbar sind. Das Ende des Verbrennungsmotors ist für mich deshalb noch nicht gekommen.
Trotzdem läuft der Angriff auf das Auto weiter. Jetzt gibt es wieder mal das Thema „Tempolimit auf deutschen Autobahnen“, das hochgekocht wird …
Die ideologische Verbohrtheit der Grünen und ihrer Helfershelfer kennt nahezu keine Grenzen. Es handelt sich bei den Grünen um eine Verbotspartei mit Zeigefingerattitüde. Während bei den Linken die fatale Migrationspolitik die nicht mehr vorhandenen Themen des Klassenkampfes abgelöst hat, sind die Grünen vom anfänglich gelobten Umweltschutz zur Klimarettungsreligion übergegangen. Dem Postulat, wir könnten über ökologisch-sozialistische Planwirtschaft die Welt retten, wird alles untergeordnet. Auch die Bedürfnisse und die Bewegungsfreiheit des Bürgers. Das Tempolimit ist eines der beliebten Argumentationsvehikel, um die Mobilität der Deutschen einzuschränken. Zugrunde gelegt wurde in der jüngsten Diskussion eine 200.000 Euro teure Tempolimit-Studie des Umweltbundesamtes (UBA). Das ist eine Behörde, die der grünen Umweltministerin Steffi Lemke zugeordnet ist. Sie wird geführt von Dirk Messner, der seit 2008 Mitglied der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen ist. Vielleicht kann man von einem Gefälligkeitsgutachten dieser Behörde sprechen? Neben methodischen Mängeln, die in der Presse ausgebreitet wurden, lässt sich festhalten – wie der FOCUS schreibt – , „dass der angeblich fast dreimal so große Effekt im Vergleich zu früheren Tempolimit-Studien vom UBA nur sehr lückenhaft begründet wird. Es lässt sich vermuten, dass die in der Studie selbst gemachten Einschränkungen aber beiseite geschoben wurden, weil das UBA als direkt dem Umweltministerium unterstellte Behörde unbedingt neue Argumente für ein Tempolimit liefern sollte.“ Damit ist für mich alles gesagt.
Was denken Sie, wie es weiter geht?
Ich glaube, dass die Entscheidung um den Verbrenner auf EU-Ebene noch mal rückgängig gemacht wird. China als größter Automarkt nimmt weltweit als Absatz- und Entwicklungsmarkt eine Vorreiterrolle ein. Das Land hat ja mittlerweile die Elektrosubvention nahezu vollständig eingestellt und juristisch auf die Anerkennung synthetischer Kraftstoffe umgestellt. In Verbindung mit synthetischen Kraftstoffen erlebt der Verbrennungsmotor in China gerade eine Renaissance. Ich persönlich gehe davon aus, wenn denn eine CO₂-Diskussion im Verkehrssektor weltweit geführt wird, dass sich dann synthetische Kraftstoffe auch weltweit durchsetzen werden. Die mit der Elektromobilität gesteckten Ziele halte ich für völlig unrealistisch. Momentan sind wir in einer Wünsch-dir-was-Welt drin, in einer Traumwelt, in der sich jeder seine Fantasien erzählt. In naher Zukunft werden viele Leute feststellen, was für Komplikationen und Nebenwirkungen mit diesen Wunschvorstellungen verbunden sind. Die Einschränkung der Mobilität wie sie die Grünen wünschen, wird große volkswirtschaftliche Schäden verursachen, und ich sage Ihnen, viele Leute werden in kürzester Zeit feststellen, dass es für sie kein Auto mehr gibt. Und das wird ein politisches Erdbeben auslösen in Deutschland und auch in anderen Ländern der EU. Denn die Konsequenz der aktuellen Politik ist am Ende des Tages die Abschaffung des Autos für weite Teile der Gesellschaft. Weil genau dies aber politische Alternativen beflügeln wird, ist damit zu rechnen, dass die Parteien angesichts dieser Situation ihren Kurs ändern. Wissing macht es ja gerade vor. Ob es wieder mal nur FDP-Wählertäuschung ist, wird sich noch zeigen.
Herr Spaniel, vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person:
Dr. Dirk Spaniel ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter für die „Alternative für Deutschland“. Er fungiert als verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und ist Obmann im Verkehrsausschuss. Nach dem Abitur studierte er in Clausthal-Zellerfeld Chemieingenieurwesen und an der RWTH Aachen Maschinenbau. Promotion 2003. Spaniel lebt mit der Familie in Stuttgart und in Berlin. Davor Auslandsaufenthalte in Detroit (USA) und Sao Paulo (Brasilien). Zuletzt arbeitete Dirk Spaniel in der Entwicklung eines großen Automobilherstellers.