Digitale EU-Identität: Sorge vor Total-Überwachung wächst
Seit einiger Zeit feilt die EU an einer verpflichtenden digitalen Identität für alle Unionsbürger. Nun werden die Sorgen vor Missbrauch und Überwachung immer größer.
Brüssel. - In der Vorwoche wurde die „Europäische Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade“ vorgestellt. Die Verfechter vonseiten der EU-Institutionen Rat, Kommission und Parlament argumentieren mit „digitaler Inklusion“, Schutz und Sicherheit sowie jeder Menge Bequemlichkeit im digitalen Bereich. Die Sache hat allerdings einen Haken.
Nachverfolgbare Digital-Identität für Jedermann
Auf die Problematik weist nicht irgendein vermeintlicher „Verschwörungstheoretiker“ hin, sondern der bekannte IT-Experte und Netzpolitik-Journalist Eric Möchel auf dem ORF-Portal FM4. Dabei wird vor allem als Problem herausgearbeitet, dass es eine Verknüpfung zwischen EU-ID und einer eindeutigen Personenkennzahl geben soll.
Laut einem Sprecher der Datenschutz-NGO „Epicenter.Works“ seien die Pläne „desaströs“, weil es damit Staaten möglich ist, „jedes Login und jeden Altersnachweis aller ihrer Bürger auf jedem sozialen Netzwerk in Echtzeit nachzuverfolgen“. Durch einen solchen eindeutigen, lebenslangen Identifier, können Plattformen in der Folge „auch ihre Kundschaft tracken.“
Drohen Überwachung & Entrechtung?
Möchel spricht in seinem Artikel auch die Möglichkeit einer Salamitaktik an. So könnten in einem weiteren Schritt spektakuläre Kriminalfälle mit Verbindungen zu digitalen Ausweisen auftauchen, aus denen erste Politiker einen neuen Anlauf für eine Vorratsdatenspeicherung unternehmen und den Datenschutz aufweichen könnten. Er schließt mit der Warnung: „Mit einem solchen Vorspiel hatte noch jede EU-Überwachungsregelung in den letzten Jahren angefangen.“
Die Initiative „direktdemokratisch“ von Martin Rutter, dem Co-Organisator der großen Demos gegen die schwarz-grüne Corona-Politik, geht einen Schritt weiter und warnt vor möglichem Missbrauch gegen Dissidenten: „Die nächste ‚Verschwörungstheorie‘ wird wahr. Jeder bekommt eine Nummer, digitale Währung, digitaler Pass, alle Macht liegt dann bei der Regierung. Wer nicht ‚brav‘ ist, der wird in seinen Rechten eingeschränkt.“
Konkrete Umsetzungspläne stehen bereits
Die österreichische Umsetzung des Konzepts lautet auf den Namen „ID Austria“, sie befindet sich in der Pilotphase und ersetzt schrittweise die zuvor bei Behörden nutzbare „Handysignatur“. In der näheren Zukunft soll das „digitale Wallet“ auch diverse Ausweise wie etwa den Führerschein beinhalten. In Zukunft sollen auch „Unternehmen von den zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten“ profitieren, so eine offizielle Regierungsseite.
In Deutschland stimmte zuletzt Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Bürger auf die digitale Identität ein. Er sprach etwa von der Möglichkeit, Belege ins System einzuspeisen, die per künstlicher Intelligenz automatisch der Steuererklärung beigefügt werden. Er sprach weitere Dienstleistungen in der Verwaltung sowie aus der Privatwirtschaft an. Es gehe der Ampel-Regierung bei ihrer digitalen Strategie um die „Transformation der Gesellschaft“.
“DiiA”: Ukraine als Digitalstaat-Vorreiter
Das große Vorbild für die umfassende digitale Identität existiert bereits seit 2020 in der Ukraine in der Form der staatlichen App „DiiA“, die das Kiewer „Ministerium für digitale Transformation“ schrittweise erweitert. Über 50 Anwendungen laufen darüber: Führerschein, Studentenausweis, Gründung von Unternehmen, Versicherungen, Sozialleistungen etc. sind darüber möglich. Der Covid-Impfpass wurde ebenfalls darüber abgewickelt; die Selenskyj-Regierung überwies jedem Bürger, der in „DiiA“ eine vollständige Impfserie aufweisen konnte, eine Belohnung von 1.000 Griwna (circa 30 Euro). Aus Kritikersicht erfüllte dieser Schritt bereits erste Grundzüge eines Sozialkreditsystems.
Ursprünglich fädelte Kiew auch mit Apple ein, im Jahr 2023 eine digitale Volkszählung über „DiiA“ abzuwickeln; inwiefern der Krieg sich auf diese Pläne auswirkt, ist unklar. Die Absicht der totalen Digitalisierung geht ohnehin weiter. Vor wenigen Monaten kündigte die offizielle Ukraine in einem Video an, als erster europäischer Staat das Bargeld vollständig abzuschaffen, die Verwaltung, die Justiz und letztlich auch das Gesundheitssystem – auch mit KI-Unterstützung – zu digitalisieren.