DÖW als „kommunistische Tarnorganisation“: Kickl kassiert Ordnungsruf

Im Nationalrat kam es zum Eklat, weil der blaue Ex-Innenminister Herbert Kickl das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) als „kommunistische Tarnorganisation“ bezeichnete.
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DÖW als „kommunistische Tarnorganisation“: Kickl kassiert Ordnungsruf

8. Sitzung des Nationalrates am 10.1.2020 – Damaliger Klubobmann Herbert Kickl (F) am Wort. Bild: © Parlamentsdirektion / Thomas Topf [Bild zugeschnitten]

Im Nationalrat kam es zum Eklat, weil der blaue Ex-Innenminister Herbert Kickl das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) als „kommunistische Tarnorganisation“ bezeichnete.

Wien. – Bei seiner Rede betreffend die Angelobung der neuen türkis-grünen Regierung im Nationalrat sparte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl nicht mit scharfer Kritik. So sei der „einzige Kitt“ der neuen Koalition, seine Partei als „einzige politische patriotische Kraft“ von der Regierungsverantwortung fernzuhalten. Danach kritisierte er die „geradezu gemeingefährlichen Vorhaben“ von Türkis-Grün, darunter auch geplante Maßnahmen gegen das patriotische Lager.

Kickl warnt vor neuen „Gummiparagraphen“

Wie bereits in seiner Pressekonferenz vom Mittwoch – Die Tagesstimme berichtete – thematisierte er, dass die neue Regierung angeblich die Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit einschränken möchte. Man wolle einen „schwarz-grünen Metternich installieren“ – um nichts anderes handle es sich bei der Ankündigung von Maßnahmen gegen „sogenannte Hasskriminalität“ und der „Bekämpfung von Desinformation“.

Die neue Regierung wolle, so Kickl, „Gummiparagraphen“ schaffen mit dem Zweck der „Verfolgung von Leuten, denen man keinen anderen Vorwurf machen kann, als echte Patrioten in Österreich zu sein“. Dies stelle einen „negativen Wandel des politischen Klimas im Umgang mit Andersdenkenden“ dar. Insbesondere gelte dies für den „Kampf gegen rechts vulgo rechtsextrem“, welches immer gemeinsam „in einen Topf“ geworfen werde.

„Kommunistische Tarnorganisation“: Ordnungsruf für Kickl

Besonders verwunderlich sei dabei nach Ansicht Kickls, dass eine angeblich wertkonservative Partei wie die ÖVP zulasse, „ausgerechnet das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands“ (DÖW) einzubeziehen. Bei diesem handle es sich nämlich um eine Institution, die laut Gerichtsurteil auf Tatsachengrundlage straffrei als „kommunistische Tarnorganisation“ bezeichnet werden dürfe.

Diese Einrichtung orchestriere nun die „Überwachung von Personen, die nichts getan hätten, als vaterlandsliebend zu sein“ – für den FPÖ-Klubobmann ein klares Indiz für einen „Linksruck“. Das Beharren auf die Formulierung veranlasste Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), Kickl einen Ordnungsruf zu erteilen.

DÖW-Rechtsextremismusbegriff ist umstritten

Tatsächlich kann gerade die Einbeziehung des DÖW als umstritten gelten. Denn dieses beruft sich auf einen völlig anderen Rechtsextremismusbegriff als das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Letzteres streicht nämlich heraus, dass sowohl Gewaltbereitschaft als auch Ablehnung des demokratischen Rechtsstaates und nicht zuletzt die Verfolgung einer von Ungleichheit geprägten Gesellschaftsordnung dafür zwingend vorhanden sein müssen.

Das DÖW hingegen schöpft aus einem Bündel von Einzelaussagen, die auf den bekennenden Marxisten Willibald Holzer zurückgehen. Deren „Schwammigkeit” eröffnet dem maßgeblichen Gerichtsurteil vor über 20 Jahren zufolge die Möglichkeit, „politische Gegner zu brandmarken, politisch zur Seite zu schieben und aus der politischen Bedeutung und Geltung zu bringen“. Ein prominenter Mitarbeiter des DÖW, Andreas Peham, stellte zudem erst 2016 klar, dass der DÖW-Begriff auch die FPÖ als vermeintlich „rechtsextreme Partei“ klassifiere.

Regierung als „schlechter und fauler Kompromiss“

Auch sonst ging Kickl in seiner Rede mit der neuen Regierung scharf ins Gericht. Wie er in einer Aussendung später erneut betonte, sei diese nicht zukunftsweisend, sondern ein „schlechter und fauler Kompromiss“, der Gefahren für Sicherheit, Wohlstand, Heimat, Identität und Freiheit mit sich bringe. Der FPÖ-Politiker vermisse etwa eine Ablehnung der Massenzuwanderung im vorliegenden Programm, auch die sogenannte Hacklerregelung für Schwerarbeiter entfalle.

Außerdem warf er Türkis-Grün vor, „schönfärberische Vokabeln“ zu verwenden. Die „Stärkung der EU“ meine eigentlich eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, „Klimaschutz und Ökologisierung“ seien dafür „Synonyme fürs Abkassieren“. Insgesamt komme das Wort „Klima“ gleich 243-mal vor, während „Heimat“ nur sechsmal vorhanden sei, und das nicht im positiven Zusammenhang. Selbst wolle die FPÖ der „rot-weiß-rote Stachel im Fleisch der schwarz-grünen Greta-Koalition“ sein.


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Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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