Es lebe der bayerische Verbrennungsmotor!

In seinem Kommentar zeigt Jurij C. Kofner die Folgen auf, die sich aus dem Verbrenner-Aus für die deutsche Automobilindustrie ergeben und kritisiert Söder und die CSU für deren Sprunghaftigkeit in dieser Frage.

Jurij Kofner
Kommentar von
6.3.2023
/
5 Minuten Lesezeit
Es lebe der bayerische Verbrennungsmotor!

Jurij Kofner

Die automobile Verbrennungsmotorindustrie ist für den innovativen Industriestandort Bayern von immenser Bedeutung. Fast 65.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze im Freistaat und zwischen 1,4 (Bruttowertschöpfung) bis zu 3,1 Prozent (Umsatz) der bayerischen Wirtschaft hängen direkt von der Verbrennungsmotoren-Technologie ab.

CSU für Verbrenner-Aus, FDP macht Fake-Widerstand

Doch in einem jüngsten von vielen Hammerschlägen gegen den Wohlstand und die industrielle Kompetenz Deutschlands hat das Europäische Parlament im Februar 2023 mit Stimmen der SPD und Grünen sowie der EPP und Renew Europe Fraktionen beschlossen, die Flottengrenzwerte für Neuwagen und Transporter ab 2035 auf null zu setzen und damit den Verkauf von Pkw mit Verbrennungsmotor in der EU faktisch zu verbieten.

Obwohl sich Söder und die CSU aufgrund des Wahlkampfs in Bayern jetzt angeblich gegen das Verbrenner-Verbot stellen, waren sie es, die es jahrelang gefordert hatten, nämlich 20082010 und 2020.

Ob das Verbot auch Verbrennungsmotoren umfasst, die mit Bio- oder synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, bleibt abzuwarten. Die entsprechende eingebrachte Prüfbitte der FDP ist vertraglich unverbindlich und kann von der Kommission jederzeit ignoriert werden.

Grüne Zwei-Klassen-Gesellschaft

Darüber hinaus beinhaltet das Verbot die sogenannte „Ferrari-Ausnahme“, die es Luxusautomobilherstellern erlaubt, weiterhin „Verbrenner“ zu verkaufen, wenn sie weniger als 10.000 Autos pro Jahr produzieren. Das ist ein weiterer Schritt der grünen Transformation hin zu einer Zweiklassengesellschaft, in der sich vormals allgemein verfügbare Güter und Dienstleistungen nur noch die Elite leisten soll: Fleisch, Fliegen, Eigenheim und jetzt das Verbrennerauto. Und auch jetzt schon sind E-Autos im Unterhalt viel teurer als Pkw mit Verbrennungsmotor.

Geplante Deindustrialisierung

Bedauerlicherweise führt die aktuelle technologiefeindliche Ideologie aller Altparteien auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene zu einer Deindustrialisierung und Abwanderung der bayerischen Verbrennungsmotorenindustrie. So hat BMW seine Münchner Verbrennungsmotoren-Produktion nach Österreich und Großbritannien verlagert. Audi erklärte, die Produktion von ICE-Fahrzeugen in Ingolstadt bis 2033 einzustellen, jedoch dessen Produktion in China fortzusetzen.

Das ifo Institut schätzt, dass die Umstellung auf E-Mobilität in der deutschen Automobilindustrie bis 2025 zu einem Nettoverlust von über 170.000 Beschäftigten (direkt und indirekt) und bis 2030 von 215.000 Beschäftigten führen wird. Laut BMWi kostet der Ausstieg aus der Verbrennungsmotorentechnik bundesweit bis 2040 netto 300.000 Arbeitsplätze und laut ifo Institut allein 55.000 Arbeitsplätze in der bayerischen Kfz-Zuliefererbranche bis 2025.

Markt will keine Verbrenner mehr? Falsch!

Der deutsche Ausstieg aus der Verbrennungsmotortechnologie ist nicht marktgetrieben, sondern staatlich verordnet. Insbesondere ist es nur eine Fantasie westlicher Regierungen, natürlich mit Berlin an der grünen Spitze. Dies wurde mir auch in persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitern von und MAN bestätigt.

Denn im Gegenteil dazu setzen Nationen wie China aktiv industriepolitische Instrumente ein, um Deutschland als führenden Hersteller von Verbrennungsmotoren abzulösen. Zu diesem Zweck hat China beispielsweise kürzlich seine Kfz-Steuern auf Verbrennungsautos von zehn auf fünf Prozent halbiert und die Forschungszulagen dafür erhöht. Und während die deutschen Patente auf Verbrennungsmotoren zwischen 2019 und 2020 um 13 Prozent zurückgingen, stiegen sie in Korea um zehn Prozent. Eine aktuelle umfassende Studie von Greenpeace (!) geht davon aus, dass der weltweite Absatz von Pkw mit Verbrennungsmotor zwischen 2022 und 2035 um ca. das Zehnfache auf knapp 700 Mio. Einheiten steigen wird.

Klimaschutz geht anders

Selbst wenn man der Meinung ist, die Menschheit müsse seinen CO2-Außstoß reduzieren, dann wäre ein Verbrenner-Verbot die planwirtschaftlichste und inneffizienteste von allen Varianten. Denn eine einseitige Reduzierung der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen in Deutschland, Europa oder sogar im ganzen Westen wird, ceteris paribus, deren Preis auf dem Weltmarkt senken und damit deren Verbrauch durch nicht teilnehmende Volkswirtschaften, sowie den damit verbundenen globalen CO2-Ausstoß, erhöhen. Das ist das sogenannte „Grüne Paradoxon“ des Ökonomen und vorherigen Präsidenten des ifo Instituts Hans-Werner Sinn. Viele Studien belegen auch, dass E-Autos während ihres gesamten Lebenszyklus mehr CO2 emittieren als Verbrenner-Autos.

Verbrenner mit E-Fuels betreiben

Außerdem könnte man, wenn man wollte, den Verbrennungsmotor mit synthetischen Kraftstoffen betreiben. Anders als E-Batterien oder Wasserstoffantriebe würde dieser neue Sektor keine Wertschöpfung und Arbeitsplätze kosten, sondern neue schaffen. Eine aktuelle Studie des IW Köln zeigt, dass bis zum Jahr 2050 allein im deutschen Maschinen- und Anlagenbau eine Ausweitung auf Verbrenner mit E-Fuel-Antrieb fast 400.000 neue Arbeitsplätze und ein Jahresumsatz von 30 Mrd. Euro generiert werden könnten.

Mehrheit und Rechte für Verbrennerindustrie

Laut einer jüngsten Civey-Umfrage lehnt die Mehrheit der Deutschen (69 Prozent) das EU-Verbot des Verbrennungsmotors ab. Es ist daher zu begrüßen, dass Italiens neue Rechtsregierung angekündigt hat, sich gegen das von der EU beschlossene Aus für die Zulassung von Verbrennermotoren einzusetzen. „Das Verbot von Benzin-, Diesel- und Gas-Autos in Europa ab 2035 ist ein Fehler, ein Geschenk für China, das die Schließung von Fabriken in Italien und Europa mit sich bringen wird“, erklärte dazu Matteo Salvini, Vize-Ministerpräsident von Italien richtigerweise.


Zur Person:

Jurij C. Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut. Zudem ist er als Fachreferent für Wirtschaft, Energie und Digitales bei der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag angestellt.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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