Exklusiv: So will sich das ZDF mit Social Media mehr Gebührengelder sichern

Das ZDF sieht Social Media nicht nur als Plattform, sondern auch als Hebel für mehr Geld. Wie genau mehr finanzielle Mittel legitimiert werden könnten, diskutierten ZDF-Mitarbeiter auf einer internen Veranstaltung.

Analyse von
7.2.2025
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4 Minuten Lesezeit
Exklusiv: So will sich das ZDF mit Social Media mehr Gebührengelder sichern

Das ZDF wird vermutlich in Zukunft verstärkt Social Media nutzen, um mehr finanzielle Mittel zu erhalten.

© IMAGO / Rüdiger Wölk

Hochrangige ZDF-Mitarbeiter planten Ende Oktober 2024, wie sie gegen die angekündigte Rundfunkreform vorgehen wollen. FREILICH berichtete exklusiv über die interne Veranstaltung, bei der es um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ging. Ein zentrales Thema der Veranstaltung war die Frage, wie der Rundfunkstaatsvertrag, dessen Entwurf die Ministerpräsidenten Ende September 2024 vorgelegt hatten, als Legitimationsgrundlage für mehr finanzielle Mittel genutzt werden könnte.

Der Entwurf sieht nämlich vor, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Dialog mit den Nutzern in den Sozialen Medien ausbauen soll. Für ZDF-Intendant Norbert Himmler ein Schlüsselmoment: „In dem Moment, wo das staatsvertraglich beauftragt ist, haben wir dann nicht nur den Auftrag, sondern im Zweifel auch die Mittel dafür“. Damit sieht er eine direkte Legitimation, bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) zusätzliche Mittel für diesen Bereich zu beantragen.

Dialog und Partizipation als Hebel für mehr Budget

Damit wäre Social Media nicht mehr nur ein Zusatzangebot, sondern könnte integraler Bestandteil des ZDF-Auftrags werden. Man habe jetzt zum einen die Mitreden-Plattform, aber auch den Public Spaces Incubator, so Himmler. „Das war ja eine Idee von uns, die wir aus eigenen Mitteln bisher aus dem Boden gestampft haben. Aber dazu haben wir jetzt auch öffentlich und offiziell den Auftrag.“ Ein solcher Auftrag würde dem Sender nicht nur neue inhaltliche Möglichkeiten eröffnen, sondern auch die Argumentation für zusätzliche Gebührenmittel erleichtern.

Auch Bettina Schausten, Chefredakteurin des ZDF, sieht in Social Media eine zentrale Plattform und die Möglichkeit, journalistische Angebote an ein größeres Publikum zu bringen. „Am Ende ist die Aufgabe, die Plattform, die digitalen Plattformen mit Mediathek und mit ZDF heute stark zu machen und Social Media kann da ein Mittel sein“, erklärte sie. Auf den Vorschlag des ZDF-Redakteurs Hubert Krech, die Livesendung des ZDF heute aufzubohren und die dadurch entstandenen Clips auf Social Media zu teilen, gab Schausten zu, dass man bereits in der Vergangenheit die Idee gehabt habe, jemanden irgendwo „in ein Kämmerchen zu setzten“, die Kamera draufzuhalten und diese Person den ganzen Tag Nachrichten vorlesen zu lassen, „von morgens bis abends“. Es sei „ein bisschen bitter“, dass man wieder über sowas nachdenken müsse, so Schausten. Sie glaube aber nicht, dass das die Lösung sei. Man werde jedoch nach Möglichkeiten suchen und diese auch finden. Dabei sei allerdings wichtig, dass man „halt qualitativ einfach auch gut“ sei und bleibe, so Schausten.

Was ist eigentlich eine Sendung?

Innerhalb des ZDF gibt es jedoch Unsicherheiten, wie Social-Media-Inhalte konkret in den Programmauftrag integriert werden sollen. Angebote im Netz zu machen, etwa auf Social Media, um dann Programm zu haben, auf das man verweisen könne, sei nicht ganz so leicht, gab Schausten zu. Dahinter stehe nämlich auch die zentrale Frage: „Was ist eigentlich eine Sendung? Ist das ein Videoclip? Muss das eine ZDF-Sendung mit Titel sein?“ Auch da sehe man, dass man „noch sehr unsicher unterwegs“ sei. Die Definition könnte letztlich entscheidend dafür sein, ob und in welchem Umfang Social Media-Formate als gebührenfinanziertes Programm anerkannt werden.

Himmler hält einen klugen und kreativen Umgang für notwendig. Man müsse schauen, was der Text hergebe, „ohne die Grenzen irgendwie völlig zu überdehnen“. Die gute Nachricht sei jedenfalls, dass die Eigenproduktionsfähigkeit des ZDF in keinster Weise berührt worden sei. Der Sender könne alle seine Sendungen weiter so produzieren, wie er es zurzeit tue. Sollten künftig dann neue Ausspielwege oder stärkere Formate im nonlinearen Bereich – also die von der Ausstrahlung der Fernsehinhalte und ihrem Programmfluss losgelöste Nutzung von Fernsehinhalten – gefragt sein, dann wäre der Sender in der Lage, entsprechend darauf einzugehen, versichert Himmler.

Social Media als Distributionskanal

Neben der inhaltlichen Debatte ging es auch um eine strukturelle Neuaufstellung des Senders. Himmler skizziert einen veränderten Ansatz. Man arbeite nicht mehr kanalzentriert, sondern genrefokussiert. Es würden nicht mehr die Kanäle als erstes Kriterium bedacht, sondern die Frage, wie man die Marken, „die das ZDF egal für welchen Ausspielweg produziert“, bestmöglich an das Publikum distribuieren könne. Gleichzeitig räumt Himmler aber ein, dass es auch für sie immer schwieriger werde, bestimmte Zielgruppen zu erreichen. Deshalb müsse man da auch Werbung machen, „sehr gezielt Werbung dafür machen“.

Auch in der Redaktion gibt es Bedenken. Redakteur Hubert Krech kritisiert, dass mit Beitragsgeldern letztlich US-amerikanische Plattformen wie YouTube oder X gestärkt würden: „Wir schenken praktisch mit Beitragsgeld Milliardären in den USA Content.“ Gleichzeitig sieht er aber auch Chancen stärker auf soziale Netzwerke zu setzen und zum Beispiel laufend aktuelle Clips von Nachrichtenangeboten auf Social Media zu teilen.

Risiken der Plattformabhängigkeit

Neben inhaltlichen und finanziellen Aspekten gibt es aber auch strategische Risiken. Schausten warnt vor der Abhängigkeit von Plattformen: „Die Algorithmen werden geändert, Instagram ist plötzlich weniger an Politik interessiert und schon macht es puff und du bist raus.“ Sie betont, dass Soziale Medien genutzt werden müssen, aber immer mit Bedacht. „Wir müssen natürlich erstmal sozusagen den Kern legen und unsere Plattform im Blick haben.“ Klar ist jedenfalls, dass Social Media für den Sender eine zentrale Rolle spielen könnte, um seine Inhalte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Gleichzeitig steht das ZDF vor der Herausforderung, strategisch gute Entscheidungen zu treffen, um im digitalen Raum eine Zukunft zu haben und – was eines ihrer Ziele ist – damit auch möglichst viel von den bereitgestellten Gebührengeldern zu profitieren.

Über den Autor

Monika Šimić

Monika Šimić wurde 1992 in Zenica (Bosnien und Herzegowina) geboren. Die gebürtige Kroatin wuchs in Kärnten auf und studierte Übersetzen mit der Sprachkombination Russisch und Englisch in Graz.

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