Fünf überraschende Fakten zu den Wahlen in Bayern und Hessen
Die Landtagswahlen in Hessen und Bayern am vergangenen Wochenende haben gezeigt, dass die CSU in ihren ehemaligen Hochburgen in Altbayern stark verloren hat und Nancy Faeser unbeliebter ist als Hubert Aiwanger.
1. Die CSU ist die neue Franken- und Städterpartei
Kaum zu glauben, aber wahr: Die CSU hat in ihren einstigen Hochburgen in Altbayern so stark verloren, dass sie vor allem in Niederbayern erste Wahlkreise an die Freien Wähler abgeben musste. In einigen ostbayerischen Stimmkreisen verlor die CSU zwischen zehn und 15 Prozentpunkten. Im Gegenzug erzielten die Freien Wähler dort ihre stärksten Zugewinne und besten Ergebnisse. Die stärksten CSU-Regionen liegen nach dieser Wahl überraschenderweise in den ländlichen Regionen Ober-, Mittel- und Unterfrankens mit Ergebnissen von durchgängig über 40 Prozent. Ob dies damit zusammenhängt, dass der Mittelfranke Söder und der Niederbayer Aiwanger aufgrund ihrer Herkunft unterschiedliche Regionen im Freistaat ansprechen, ist nicht bekannt, kann aber aufgrund des starken Regionalstolzes in den einzelnen Regionen nicht ausgeschlossen werden.
Eine weitere interessante Entwicklung ist, dass die CSU ihre größten Zuwächse in den Großstädten verzeichnet. Dies führt zu dem Kuriosum, dass die CSU in einigen Münchner Stimmkreisen besser abschneidet als in einigen Stimmkreisen in Niederbayern.
2. Wo wenige Migranten leben, wird mehr AfD gewählt
Dieses Phänomen lässt sich sowohl in Bayern als auch in Hessen beobachten. In den ländlichen Regionen Mittel- und Nordhessens sowie an der bayerisch-tschechischen Grenze und in Oberfranken ist der Migrantenanteil vergleichsweise gering, der Bayerische Wald ist sogar die westdeutsche Region mit dem geringsten Migrantenanteil. Und genau in diesen Regionen konnte die AfD am stärksten punkten: In Bayern erreichte die AfD dort Werte zwischen 18 und 22 Prozent, in Hessen sogar zwischen 20 und 27 Prozent. Ein Indikator dafür, dass die Mentalitäten zwischen Stadt und Land immer weiter auseinanderdriften. Ähnlich wie beim Brexit können wir hier zwischen den „Somewheres“ auf dem Land und den linken „Anywheres“ in der Stadt unterscheiden.
3. Die Migranten werden deutlicher als Problem angesehen
Auf die Frage, ob das jeweilige Bundesland die vielen Migranten verkraften könne, antworteten in diesem Jahr in Bayern 59 Prozent aller Wähler mit Nein und nur 37 Prozent mit Ja. Bei der letzten Landtagswahl in Bayern waren noch 68 Prozent aller Wähler der Meinung, die Migranten seien keine Belastung, 28 Prozent sahen das anders. In Hessen sind die Werte vergleichbar: 53 Prozent der Wähler halten die Zahl der Migranten für nicht verkraftbar, 26 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Nur noch 41 Prozent der Hessen sagen das Gegenteil, bei der letzten Landtagswahl waren es noch 70 Prozent.
4. Die SPD wird zur Akademikerpartei
Die Arbeiterpartei SPD scheint ihre Kernklientel inzwischen vollständig an andere Parteien, insbesondere die AfD, verloren zu haben. Die Wählerschaft der Sozialdemokraten scheint sich nun in Richtung des akademischen Wählermilieus zu verschieben. In Bayern entschieden sich elf Prozent aller Akademiker für die SPD, so viele wie in keiner anderen Bildungsschicht, in Hessen wählten 15 Prozent aller Akademiker die SPD, nur unter den Hauptschülern waren es mehr.
5. Die Herausforderer der Ministerpräsidenten: Nancy Faeser ist unbeliebter als Hubert Aiwanger
Der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser und dem bayerischen stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger von den Freien Wählern wird nicht unbedingt eine politische Nähe nachgesagt. Aber auch in der Gunst der Bevölkerung unterscheiden sich die beiden Spitzenpolitiker zum Teil erheblich. In Hessen sind 60 Prozent der Bürger mit der Arbeit der Bundesinnenministerin unzufrieden, nur 26 Prozent äußern sich zufrieden, in Bayern sind anteilsmäßig doppelt so viele Bürger mit Aiwanger zufrieden (50 Prozent). Insgesamt wird deutlich, dass die SPD ihre einstige Hochburg Hessen vollständig geräumt hat. Im Gegenzug entwickeln sich die Freien Wähler zu einer neuen bayerischen Regionalpartei und in ihren Hochburgen zu einer ernsthaften Konkurrenz für die CSU.
Zur Person:
Martin Scheliga, Jahrgang 1997, ist studierter Master-Mathematiker und fertigt für verschiedene Auftraggeber politische Analysen an.