Für Investitionen: Jusos-Chef Türmer will eine Billion Euro Schulden
Eine Billion Euro Schulden für die Zukunft? Jusos-Chef Philipp Türmer fordert ein Rekordinvestitionsprogramm, um die deutsche Wirtschaft zu stärken – und hält die Schuldenquote trotz der Summe für unbedenklich.
Berlin. – Für Philipp Türmer, Bundesvorsitzender der Jusos, steht die Schuldenbremse zur Debatte: Angesichts internationaler Investitionsprogramme fordert er in einem Interview mir der taz eine Rekordverschuldung von einer Billion Euro, um die deutsche Wirtschaft voranzubringen. Außerdem kritisierte er die Versäumnisse der SPD in der Wohnungsbaupolitik und die bisherige Steuerpolitik.
Eine Billion Schulden für die Zukunft
Türmer betonte in dem Gespräch die Dringlichkeit massiver Investitionen in die deutsche Wirtschaft. Im Vergleich zu anderen Industrienationen hinke Deutschland hinterher: „Die USA haben ein 1-Billion-Investitionsprogramm aufgelegt, China investiert gerade 774 Milliarden Euro. Wir machen all das nicht.“
Die vorgeschlagene Summe von einer Billion Euro möge hoch erscheinen, sei aber nicht übertrieben, so Türmer. „Wenn der Staat diese Summe morgen aufnehmen würde, hätten wir immer noch die geringste Schuldenquote von allen Industrieländern.“ Die Jusos setzen sich daher für ein ambitioniertes Investitionsprogramm ein, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und den dringend notwendigen industriellen Wandel voranzutreiben.
Junge Menschen im Fokus der Jusos
Neben wirtschaftspolitischen Themen sieht Türmer auch die Wohnungspolitik in der Verantwortung der SPD. „Beim sozialen Wohnungsbau und auch bei Azubi- und Studierendenwohnheimen, da ist auch etwas passiert. Aber wir wollten 400.000 Wohnungen pro Jahr bauen. Das haben wir nicht geschafft.“ Gerade junge Menschen litten unter der schwierigen Wohnsituation. Die Jusos fordern deshalb eine WG-Sicherung von 400 Euro, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern.
Ein genereller Mietpreisdeckel gehört ebenfalls zu den Forderungen, Türmer betont aber die Dringlichkeit von Maßnahmen, die speziell auf junge Menschen abzielen: „Die finden im Moment einfach gerade in den großen Städten keine WG-Zimmer mehr, die sie sich noch leisten können. Und das ist inakzeptabel.“
Gerechtere Verteilung und Steuerreformen
Ein weiteres Kernthema der Jusos ist die Forderung nach mehr Verteilungsgerechtigkeit. Türmer kritisierte das derzeitige Steuersystem, das Menschen mit mittleren Einkommen stark belaste, während Kapitalerträge geringer besteuert würden. „Es ist inakzeptabel, dass jemand mit mittleren Einkommen rund 50 Prozent an Steuern und Sozialabgaben zahlt, aber Milliardär*innen, die von ihren Kapitalerträgen leben, pauschal nur 25 Prozent auf diese Kapitalerträge zahlen.“ Die Jusos fordern daher entweder die Wiedereinführung der Vermögensteuer oder eine Reform der Erbschaftsteuer. „Eins von beidem muss man auf jeden Fall machen“, betonte Türmer.
„Für die richtigen Inhalte kämpfen“
Trotz der Kritik an Olaf Scholz und seinem bisherigen Kurs stehen die Jusos hinter seiner Kanzlerkandidatur. Türmer machte deutlich, dass die Unterstützung der Jusos von inhaltlichen Schwerpunkten abhänge: „Bei einem Wahlkampf, der die richtigen Schwerpunkte setzt, sind wir mit voller Überzeugung dabei. Das ist unsere Bedingung.“
Er betonte, dass die SPD mit einer progressiven Erzählung in den Wahlkampf ziehen müsse, um die Menschen zu erreichen. „Wir wollen dieses Land rundum sanieren, so dass niemand über das WLAN in der Bahn verzweifelt, man nicht überall im Stau steht und nirgendwo einfach mal so eine Brücke zusammenbricht.“