Großrazzia: Deutsch-Libanesen wegen Fluthilfe-Millionenbetrugs verdächtigt
In Nordrhein-Westfalen gab es eine Großrazzia wegen des Verdachts auf Millionenbetrug mit Fluthilfen nach der Hochwasserkatastrophe 2021. Deutsch-Libanesen sollen hohe Summen erschlichen haben.
Euskirchen. – Am Mittwochmorgen hat die Polizei in Euskirchen eine groß angelegte Razzia wegen des Verdachts auf Betrug mit Wiederaufbauhilfen nach der Hochwasserkatastrophe 2021 durchgeführt. Insgesamt wurden 18 Wohnungen durchsucht, davon 15 in Euskirchen. Dabei stellten die Ermittler 40 Mobiltelefone, zehn Computer, zahlreiche Speichermedien, einen verschlossenen Tresor sowie rund 14.000 Euro Bargeld sicher. Außerdem wurden 200 Gramm Amphetamin gefunden, wie der WDR berichtet.
Hauptverdächtige Frauen erschleichen Hunderttausende Euro
Im Fokus der Polizei stehen zwei deutsch-libanesische Frauen im Alter von 35 und 42 Jahren. Sie sollen zusammen mit 20 weiteren Familienmitgliedern mehrere hunderttausend Euro Hilfsgelder erschlichen haben. Die Summe wurde im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe von 2021 beantragt.
Insgesamt laufen 182 Ermittlungsverfahren gegen 136 Beschuldigte. Die beantragte Fördersumme beläuft sich auf neun Millionen Euro, wovon 4,6 Millionen bereits bewilligt wurden. Die Verdächtigen sollen falsche Angaben über die Schäden an ihren Häusern gemacht haben, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. So sollen sie Hilfen beantragt haben, obwohl ihre Häuser entweder gar nicht oder nur in geringerem Maße als angegeben vom Hochwasser betroffen waren. Außerdem sollen identische Fotos für verschiedene Anträge verwendet worden sein. Der Betrug wurde zum Teil von den Verdächtigen unabhängig voneinander begangen, ohne dass eine organisierte Bande vorlag.
Kritik an den Fluthilfen: System anfällig für Missbrauch
Innenminister Herbert Reul hat das Vorgehen der Verdächtigen scharf kritisiert. „Sie nutzen das System aus, verhöhnen damit nicht nur die Flutopfer, die das Geld wirklich brauchen, sondern betrügen das Land um Millionen, die dann beim Aufbau fehlen“, sagte Reul in einem WDR-Interview. Zugleich räumte er ein, dass das System der Fluthilfe anfällig für Missbrauch sei. „Die Hilfe, die der Staat da geleistet hat, mussten schnell sein. Sie konnten dann auch nicht lückenlos kontrolliert werden und das bietet die Chance für solche Leute“, so Reul weiter.
Die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 forderte mehr als 180 Menschenleben und viele Berggemeinden wie das Ahrtal sind noch immer schwer betroffen. Viele Häuser in der Region sind nach wie vor unbewohnbar. Die aktuellen Untersuchungen werfen ein Schlaglicht auf den Missbrauch von Wiederaufbauhilfen und die Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Hilfsmaßnahmen.