Grüner Öko-Totalitarismus

Es schaut gut aus für die deutschen Grünen. Ihre Anfänge in linksextremen, studentischen K-Gruppen liegen keine 40 Jahre zurück, jetzt klopfen sie an die Tür des Kanzleramtes in Berlin.
Werner Reichel
Kommentar von
2.5.2021
/
3 Minuten Lesezeit
Grüner Öko-Totalitarismus

Grüne (Symbolbild)

© Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen from Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Es schaut gut aus für die deutschen Grünen. Ihre Anfänge in linksextremen, studentischen K-Gruppen liegen keine 40 Jahre zurück, jetzt klopfen sie an die Tür des Kanzleramtes in Berlin.

Mit tatkräftiger Unterstützung der Merkel-CDU, die mit Armin Laschet ein politisches Fliegengewicht ohne Charisma ins Rennen geschickt haben, und der Mainstreammedien, die Annalena Baerbock schon jetzt ihn ihr Herz geschlossen haben und sie in den kommenden Monaten zum Polit-Pop-Star aufbauen werden, dürften die Grünen bei den Bundestagswahlen Ende September tatsächlich die stärkste Kraft werden.

Die tendenziell linken meinungs- und bewusstseinsbildenden Teile der Gesellschaft – Wissenschaft, Kunst, Kultur und die sogenannte Zivilgesellschaft – haben sich ebenfalls auf die Seite der Grünen geschlagen. SPD und Linke werden bestenfalls – sollte es sich rechnerisch ausgehen – als Mehrheitsbeschaffer für die Grünen gesehen.

„Alternativlose“ Utopie

Das hat nicht nur ideologische Gründe, die Grünen sind die mit Abstand deutscheste aller antretenden Parteien. Keine andere politische Kraft in diesem Land ist so von sich, ihrer Mission, von der Rettung der ganzen Welt und deren kompromissloser Durchführung überzeugt, wie die von Figuren wie Baerbock, Habeck, Roth und Hofreiter geführten grünen Sozialisten. Es ist kein Zufall, dass die Grünen ausgerechnet in Deutschland und Österreich so erfolgreich sind, und in andern Teilen Europas politisch praktisch keine Rolle spielen.

Ihre politische Utopie betrachten sie – mehr noch als Angela Merkel – als alternativlos. Ausschließlich sie seien in der Lage, den Planeten und die Menschheit zu retten; mit Methoden aus der marxistischen Mottenkiste. Wer so einen Anspruch und Auftrag hat, für den sind demokratische Prozesse, Rechtsstaat und grundlegende Rechte wie Meinungs- oder Pressefreiheit nur hinderlich und zeitraubend. Die Bürger müssen einmal mehr zu ihrem Glück gezwungen werden. Es geht schließlich um die für die Grünen alles entscheidende Frage: „Can we still limit global warming to 1.5°C?“

Religiöse Züge

Der grüne Ökultismus weist starke religiöse Züge auf, kann als „politische Religion“ im Sinne des deutsch-amerikanischen Politologen Eric Voegelin begriffen werden. Die Grünen wollen in Deutschland einmal mehr eine totalitäre Diktatur errichten. Sie wollen, wie ihre Vorgänger, nur das Beste für „die Menschen“ und legen ihre Ideen und Pläne auch ganz offen dar. Man muss nicht einmal zwischen den Zeilen lesen können, um zu verstehen, wohin sie Deutschland bzw. die ganze Welt – darunter tun es politische Irrlichter selten – führen möchten.

Niemand soll in drei oder vier Jahren sagen können, das habe man nicht ahnen, nicht voraussehen können. Doch, hat man. Alles liegt auf dem Tisch. Man muss es nur sehen wollen. In ihrem Wahlprogramm „Deutschland. Alles ist drin“ wird die Richtung, in die Deutschland unter den Grünen marschieren soll, klar vorgegeben, wenn auch freundlich verpackt, getarnt mit vielen süßlichen Füll- und Wiesel-Wörtern.

Wesentlich deutlicher als „Deutschland. Alles ist drin“ wird eine programmatische Schrift der Grünen, die ohne demokratische Behübschung und Einlullung der Bürger auskommt. Es ist eine aktuelle Studie der grünen Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Titel: „A Societal Transformation Scenario for Staying Below 1.5°C“

Sie wurde im Dezember vergangenen Jahres ohne große Öffentlichkeit präsentiert und liegt nur in englischer Sprache vor. Man will offenbar nicht zu viel Aufmerksamkeit auf dieses Papier lenken. Zumindest nicht vor dem 29. September. Die Mainstreammedien werden sie nicht thematisieren, und kaum ein Wähler wird sich die Mühe machen, selbst wenn er davon gehört haben sollte, sich ein 100-seitiges PDF-File in englischem Fachchinesisch durchzulesen.

Geplanter Umbau der Gesellschaft

Wer es sich trotzdem antut, erfährt, wie die Grünen Deutschland komplett umbauen oder besser vernichten wollen. Kernaussage und Zielrichtung dieser Studie ist, wie schon der Titel verrät, den CO2-Ausstoß nicht durch technischen Fortschritt und Innovation, sondern durch eine totale Umstellung des Lebens aller Menschen zu verringern. Der Klimawandel soll nicht technologisch, sondern durch einen Umbau der Gesellschaften verhindert werden: „The current debate circles almost entirely around technological change and does not take into account the huge potential of societal and economic change.“

Eine globale Plan- und Mangelwirtschaft auf sehr niedrigem Niveau. Die Studie lässt sich in zwei Wörtern zusammenfassen: Zwang und Verzicht: Verzicht auf Lebensqualität, Freiheit, technischen Fortschritt, Wohlstand, Individualität etc. Eine rückwärtsgewandte, technik- und demokratiefeindliche Utopie – oder besser Dystopie.

Diese Schrift ist ein Ergänzung bzw. Vertiefung der Pläne des Chefs des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, die er in seinem Buch „Der große Umbruch“ dargelegt hat.

Die Grünen sind aber weit radikaler als Schwab. Sie fordern u.a.:

– die Menschen müssen ihren Konsum drastisch einschränken,

– sie müssen kürzer arbeiten,

– es gibt genau festgelegte Mindest- und Höchsteinkommen,

– der Autoverkehr muss um 81 Prozent sinkender Wohnraum pro Einwohner muss um 25 Prozent schrumpfen,

– die Zahl von elektrischen Geräten wie Waschmaschinen wird halbiert,

– der Fleischkonsum muss um 60 Prozent gesenkt werden,

– mit dem Flugzeug dürfen die Bürger eines Industrielandes nur noch alle drei Jahre fliegen,

– das Leben soll generell „verlangsamt“ werden.

Alles liegt auf dem Tisch

Wie bei den Schriften, Verkündigungen und Plänen vieler selbsternannter Welt- und Menschenretter mit exklusivem Wahrheitsanspruch, blitzt auch in dieser Studie immer wieder der menschenfeindliche Irrsinn und totale Rücksichts- und Verantwortungslosigkeit durch, nach dem Motto: Wird schon irgendwie gutgehen: „Although these changes might not have a direct impact on GHG emissions,they are prerequisites to increasing human well-being while reducing material consumption.“

Es geht einmal mehr um ein besseres menschliches Leben, sprich: um die Schaffung eines besseren Menschen. Wir wissen oder sollten wissen, wie alle bisherigen ideologischen Menschenoptimierungs-Experimente ausgegangen sind. Und weil nur die Grünen den Schlüssel zur Verbesserung des Menschen bzw. unseres Lebens haben, müssen politische Gegner und Andersdenkende marginalisiert, umerzogen oder verfolgt werden – oder Schlimmeres.

Wie gesagt, niemand soll später sagen können, er habe von nichts gewusst. Alles liegt auf dem Tisch.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Werner Reichel

Werner Reichel

Werner Reichel war rund 20 Jahre im Rundfunk tätig, unter anderem als Programmchef und Geschäftsführer mehrerer Radiosender sowie als Lektor an der FH Wien. Er ist Autor und Verleger.

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