Indizien häufen sich: Maskenpflicht wohl auch im Sommer
Bislang stellten Politiker gerne einen normale Sommer ohne große Einschränkungen in Aussicht – davon zeigte sich etwa Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch im März überzeugt. Nun klingt immer häufiger durch, dass sie davon ausgehen, dass nicht alle Maßnahmen aufgehoben werden – und zwar offenbar völlig egal, wie hoch die Durchimpfungsrate ist.
Linz/Gießen. – Am vergangenen Donnerstag ließ der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) dies in einem von der Öffentlichkeit kaum beachteten Interview beim Regionalmedium Bezirks-Rundschau durchblicken. Wörtlich sagte der seit 2017 im Amt befindliche Politiker, der sich bei der Landtagswahl im Herbst erstmals einer Wiederwahl stellt: „Die Maske wird also eine Form des Schutzes bleiben und nicht ganz verschwinden.“
Trotz „grünem Pass“ kein Ende der Maskenpflicht
Dies begründete Stelzer mit deren angeblicher Wirksamkeit, so sei die jährliche Grippewelle diesmal ausgeblieben. Am heutigen Montag wird wohl im Nationalrat fixiert, dass zumindest die Öffnungsschritte ab 19. Mai unter strengen Bedingungen wie eine FFP2-Maskenpflicht und die Verwendung des „Grünen Passes“ für Genesene, Getestete und Geimpfte geknüpft sein wird. Nichtsdestotrotz glaubt der Landespolitiker an einen „Sommer wie im Vorjahr“.
Dass dies nicht im Widerspruch zur Maskenpflicht stehen muss, stellte am Sonntag ein Autor des ebenfalls aus Oberösterreich agierenden Wochenblick in einem Kommentar heraus. Denn im Sommer 2020 sei Oberösterreich das einzige Bundesland gewesen, das eine breite, flächendeckende Maskenpflicht hatte. Einen wirklichen Vorteil beim Infektionsgeschehen brachte das dort nicht.
Stelzer ließ unterdessen auch anklingen, dass der „Grüne Pass“ kein Allheilmittel ist. Denn damit würde die Maskenpflicht nicht überall aufgehoben, sondern lediglich „in bestimmten Bereichen“.
Jus-Professor: Maske „geringere Belastung“ als Kontaktverbot
Ein vorsichtig erklärter „Sommer mit Maske“ trotz der Aussicht auf einen hohen Anteil an Geimpften in der Gesamtbevölkerung – das ist nicht nur in Österreich ein Thema. So zitiert die Frankfurter Rundschau den Jus-Professor Steffen Augsberg von der Justus-Liebig-Universität in Gießen, der sich auch für eine umfassende rechtliche Bevorzugung geimpfter Personen ausspricht. Diese müssten dann jedenfalls über jene von Negativ-Getesteten hinausgehen.
Dies könnte passieren, indem etwa Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren für Personen fallen, bei denen die Politik annimmt, dass von ihnen keine epidemische Gefahr ausgeht. Einen Abschied von der Maske oder von Abstandsregeln sieht er nicht zwingend: „Wenn unterschiedliche Regeln in der Öffentlichkeit zu Verwirrung und Unfrieden führen, kann man diese Pflichten aufrechterhalten, auch weil die Maske eine viel geringere Belastung ist als die Kontaktbeschränkungen.“
Urlaubsreisen mit grünem Pass und Maske?
Auch bei Urlaubsreisen könnte eine Fortführung der Maskenpflicht anstehen. Der Chef eines Reise-Veranstalters aus Bayern sagte gegenüber dem Münchener Merkur: „Wer Halligalli will, wird es dieses Jahr eher schwer haben. Insgesamt dürfte das Vorgehen in den meisten Destinationen ähnlich wie im Vorjahr sein – mit Masken, Fiebermessen, Desinfektion und Liegen-Abstand am Strand.“
Diese erst am heutigen Montag publizierte Einschätzung aus der Branche ist spannend. Denn auch dieser Umstand lässt durchklingen: Der als Schlüssel zur Reise-Freiheit beworbene digitale „Grüne Pass“ wird die Verpflichtung, eine Maske zu tragen, nach derzeitigem Stand nicht aufheben.
Maskenpflicht auch bei „Impf-Weltmeister“ Israel
Ein weiteres Beispiel, dass eine hohe Impf-Rate nicht unbedingt ein Ende der Maskenpflicht bedeuten muss, zeigt sich auch in Israel. Das westasiatische Land gilt aufgrund seiner schnellen Impf-Kampagne und seiner Vorreiterrolle beim „Grünen Pass“ als besonders wichtiges Anschauungsobjekt. Dort gilt allerdings auch weiterhin eine Maskenpflicht in allen öffentlichen Innenräumen.
Aufgehoben wurde der Zwang zur Maskentracht am 18. April dort nur im Freien – eine Maßnahme, die in Österreich kürzlich erstmals, aber nur äußerst punktuell an einigen belebten Orten in Wien galt. Dies hielt den Kurier nicht davon ab, seinen damaligen Artikel mit „Zurück zur Normalität: Israel hat die Maske abgelegt“ zu betiteln. In Israel erhielt die Mehrheit der Bevölkerung bereits zwei Impfdosen.