Kurz: Nachfolger für blaue Minister sollen noch am Dienstagabend stehen
Mit etwa 45 Minuten Verspätung traten Bundespräsident Alexander van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für ihre gemeinsame Pressekonferenz an die Öffentlichkeit.
Wien. – Beinahe zwei Stunden lang berieten sich Regierungschef und Staatsoberhaupt im Zimmer hinter der berühmten roten Tapetentür über die nächsten Schritte. Wie erwartet, soll Kurz nun zeitnah ein ‚Expertenkabinett‘ zusammenstellen. Dieser wiederum will dieses noch heute Dienstag am Abend präsentieren.
Kneissl bleibt – Spitzenbeamte für übrige FPÖ-Ministerien
Damit ist nicht nur die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), sondern auch die Ablöse der übrigen freiheitlichen Minister fix. Einzig die auf einem blauen Ticket sitzende parteifreie Außenministerin Karin Kneissl will ihre Funktion bis zum Ende der Legislaturperiode ausfüllen. Diese sieht sich selbst als „unabhängige Expertin“ und möchte ihrem Land deshalb „gerade jetzt weiterhin zur Verfügung stehen“.
Kurz bemüht sich nun um „fachlich qualifizierte Personen aus der Verwaltung und Experten mit hoher Integrität und hoher Unabhängigkeit“. Er will dabei insbesondere unter Spitzenbeamten fündig werden. Zusätzlich möchte er sich auch mit den Oppositionsparteien zu den Personalvorschlägen abstimmen. Die Angelobung der neuen Mannschaft könnte damit bereits am Mittwoch stattfinden.
Bundespräsident mit Loblied auf Verfassung
Den eigentlichen Auftakt zur Pressekonferenz hatte aber zunächst der ex-grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen gemacht. Er stellte zwar heraus, dass man hier innenpolitisches „Neuland“ betrete. Gleichzeitig zeige sich die „Eleganz und Schönheit unserer Verfassung“, die für all diese Fälle klare Schritte vorsehe. Auf deren exakte Einhaltung will er nun achten.
Angesichts des zu erwartenden ‚freien Spiels der Kräfte‘ während der Übergangsregierung rief er die Parlamentsparteien zu Mäßigung auf. Er erinnerte dabei auch an eine Marathonsitzung kurz vor der Nationalratswahl 2008, als zahlreiche Anträge mit Haushaltsbelastungen in Milliardenhöhe mit wechselnden Mehrheiten quasi als ‚Wahlzuckerl‘ durchgepeitscht wurden.
Kurz könnte über Misstrauensantrag stolpern
Freilich hängt die Stabilität eines Kabinetts aus ÖVP-Politikern auf der einen und Beamten oder Experten auf der anderen Seite am seidenen Faden. Denn weiterhin wollen sich sowohl die FPÖ als auch die SPÖ die Unterstützung eines Misstrauensantrages gegen Kanzler Kurz bei der Sondersitzung des Nationalrats offenhalten – Die Tagesstimme berichtete.
Ähnlich wie bei der Entlassung eines Ministers als auch bei der Bildung eines sogenannten ‚Expertenkabinetts‘ würde es sich hier um ein absolutes Novum handeln. Noch nie in 74 Jahren der Zweiten Republik war ein Misstrauensantrag gegen ein Regierungsmitglied – schon gar nicht gegen einen Bundeskanzler – erfolgreich.
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