Mit Kickl am rechten Weg – eine Replik
Die Kritik von Robert Willacker an der bevorstehenden Wahl von Herbert Kickl zum Parteichef der FPÖ lässt mich ratlos zurück.
Nicht weil Kritik daran geübt wird; offenbar wäre dem Schreiber eine andere Personalwahl lieber gewesen. Das ist in Ordnung, denn das Wesen der Meinungsfreiheit bedingt, dass es mehrere davon gibt. Nein, viel mehr bin ich verwundert über den Duktus dieser Kritik des Politberaters. Was sich in einer dreiminütigen Wortmeldung im Privatfernsehen in einer Runde selbsternannter Fachleute vielleicht noch gut überlegt anhört, liest sich im Kommentar dann doch eher platt und oberflächlich.
Kickl ist nicht beliebig
Ja, die FPÖ hat zweimal Parteichefs an ihrer Spitze gehabt, die als „One-Man-Show“ rund 15 Jahre lang durchs Land getingelt sind. Da war der Mann Programm. Und das war wenig nachhaltig – so weit sind wir einer Meinung. Daraus jedoch einen Rückschluss auf den künftigen Obmann zu ziehen, um schon zwei Tage vor seiner Wahl zum Parteichef zu wissen, dass der neue Bundesparteiobmann „die fragwürdige Tradition der weltanschaulichen Flexibilität nicht nur fort(setzt), sondern sie sogar beschleunigt“, kann bestenfalls als Petitio Principii gelten, wobei dieser Zirkelschluss einem massiven Bestätigungsfehler aufsitzt: Denn Herbert Kickl mag vieles sein, beliebig ist er sicher nicht.
Hier kommt der Verfasser der Anti-Kickl-Polemik schon zum entscheidenden Denkfehler. Der bekennende Corpsstudent, der Gralshüter weltanschaulicher Grundsätze, sollte eigentlich am besten wissen, dass genau die Anbetung der historischen Asche die politische Rechte in den beklagenswerten Zustand geführt hat, dass das politische Leitbild irgendwann im späten 19. Jahrhundert zum Erliegen gekommen ist. Denn auch die Rezeption der wenigen rechten Denker des 20. Jahrhunderts – von Carl Schmitt über Heidegger und Spengler bis Benoist – zeigt deutlich, dass das einheitsstiftende und integrierende Moment bis heute nicht abschließend definiert wurde.
Wenn Willacker den freien Markt und den Wettbewerb als „unverrückbaren Bestandteil rechter Weltanschauung“ bezeichnet, sorgt das vielleicht bei Jeff Bezos für Applaus und auch Anthony Giddens (Achtung: ein Sozi!) mag sich vor Freude die Hände reiben. Für mich und viele andere, die sich ebenfalls der rechten Reichshälfte zugehörig zählen, ist diese apodiktische Darstellung jedoch keinesfalls in Stein gemeißelt. Gerade in Zeiten wie diesen hat die Kritik von Sahra Wagenknecht hier weit mehr Gewicht und trägt auch weit mehr Logik in sich als Willackers eherne Grundätze.
Wackeliger Appell
Geradezu kurios wird es jedoch, wenn der Verfasser den Wunsch äußerst, dass es „für die Zukunft (…) womöglich auch kein Schaden (sei), wenn irgendwann einmal wieder jemand diese Partei anführt, der auch ein paar Partien gefochten hat“. Dieser wackelige Appell an die waffenstudentische Tradition geht bei den beiden Hauptzielen der Kritik – Haider und Strache – völlig ins Leere. Beide haben mehrere Mensuren gefochten, Strache sogar noch eine als aktiver Spitzenpolitiker. Und auch Johann Gudenus stand seinen Mann auf der Mensur. Ob dieses „Qualitätsmerkmal“ auf Ibiza (noch) Schlimmeres verhindert hat, mögen andere beurteilen.
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