„Mögliche Verelendung“: Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte kürzlich angekündigt, schwerkriminelle und terroristische Gefährder konsequenter abschieben zu wollen. Wie eine Befragung ergab, wurden Rückführungen nach Afghanistan jedoch gestoppt.
Berlin. – Die Debatte um die Abschiebung schwerkrimineller und terroristischer Gefährder nach Afghanistan und Syrien ist weiter festgefahren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vor der Europawahl angekündigt, solche Rückführungen zu forcieren und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) beauftragt, entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Bislang ist jedoch kein tragfähiges Konzept in Sicht, es fehlt aber auch der politische Wille.
Auslöser der intensiven Diskussionen war der Angriff eines islamistisch motivierten Täters auf einen Polizisten und den Islamkritiker Michael Stürzenberger in Mannheim. Der Tatverdächtige, ein 25-jähriger Mann, war 2013 im Alter von 14 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Die Tat löste eine breite Debatte über Sicherheitspolitik und den Umgang mit radikalisierten Migranten aus.
Komplizierte Rechtslage
Kritiker bezweifeln die rechtliche und praktische Durchführbarkeit von Abschiebungen. Der Asylrechtsexperte Matthias Lehnert betonte in der Augsburger Allgemeinen, Abschiebungen nach Afghanistan seien aufgrund der Menschenrechtslage kaum durchführbar, da die Taliban-Regierung international nicht anerkannt sei. Auch Rückführungen nach Syrien seien wegen der instabilen Lage problematisch.
Zudem wird argumentiert, dass Abschiebungen nicht unbedingt zur Bekämpfung des radikalen Islamismus beitragen. Der mutmaßliche Täter von Mannheim hatte trotz abgelehnten Asylantrags aufgrund familiärer Bindungen ein Aufenthaltsrecht in Deutschland und war bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Zudem besteht die Gefahr, dass sich abgeschobene Extremisten in ihren Heimatländern weiter radikalisieren und später zurückkehren.
Mögliche Verarmung als Hindernis?
Eine Befragung im Untersuchungsausschuss „Afghanistan“ in der vergangenen Woche hatte ergeben, dass Abschiebungen krimineller Afghanen aus Deutschland gestoppt werden, weil eine Verelendung in der Heimat befürchtet wird. Der Obmann der AfD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Stefan Keuter, kritisierte die Bundesregierung scharf. Er warf ihr mangelnden Rückführungswillen nach Afghanistan vor und betonte, dass derzeit Tausende ausreisepflichtige kriminelle Afghanen in Deutschland lebten und alimentiert würden.
Keuter verwies auf Aussagen eines Zeugen aus dem Bundesinnenministerium (BMI), wonach das BMI unter Innenminister Horst Seehofer sogar erwogen habe, abgeschobene Straftäter in Afghanistan weiter zu finanzieren. Dies zeige, wie weit sich die Bundesregierung von den Interessen ihrer Wähler entfernt habe.