Neues Staatsbürgerschaftsrecht: 50.000 Türken könnten pro Jahr eingebürgert werden
Seit dem 27. Juni gelten in Deutschland erleichterte Voraussetzungen für die Einbürgerung. Demnach können Ausländer bereits nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren den deutschen Pass erhalten. Die Zahl der Einbürgerungen könnte sich dadurch verdreifachen.
Berlin. – Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht, das heute in Kraft tritt, rechnet die Türkische Gemeinde in Deutschland mit einem deutlichen Anstieg der Einbürgerungsanträge. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoğlu, rechnet mit bis zu 50.000 Anträgen pro Jahr. Viele Menschen hätten inzwischen verstanden, dass die doppelte Staatsbürgerschaft möglich sei und wollten ihren Antrag so schnell wie möglich stellen, sagte er im Gespräch mit dem RND.
Sofuoğlu weist jedoch darauf hin, dass die Bearbeitung der Anträge einige Zeit in Anspruch nehmen wird. In vielen Städten sei es derzeit schwierig, überhaupt einen Termin bei der Ausländerbehörde zu bekommen. Zudem haben viele Antragsteller die kommende Bundestagswahl im Blick und wollen schon im nächsten Jahr wählen gehen. Sofuoğlu appelliert daher an die politischen Parteien, diese potenziellen Wähler ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln. Er fordert mehr Partizipationsmöglichkeiten in den Parteien und einen entschiedenen Kampf gegen Rassismus.
Das neue Staatsbürgerschaftsrecht ermöglicht es Zuwanderern, die deutsche Staatsbürgerschaft nach fünf statt bisher acht Jahren zu erhalten, bei besonderen Integrationsleistungen sogar schon nach drei Jahren. Zudem wird die Mehrstaatigkeit generell zugelassen, sodass Eingebürgerte ihre alte Staatsangehörigkeit behalten können.
Behörden bereiten sich auf Antragsflut vor
Bei den Einbürgerungsbehörden häufen sich seit Wochen die Anfragen zu den neuen Regelungen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Die Leiterin des Hamburger Migrationsamtes, Annette Kindel, rechnet damit, dass die Zahl der Einbürgerungsanträge und -entscheidungen bis 2024 noch einmal deutlich steigen wird. Im vergangenen Jahr wurden in Hamburg 7.537 Menschen eingebürgert; in den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es bereits 3.128.
Auch in Bremen und Bayern wird mit steigenden Antragszahlen gerechnet. Eine Sprecherin des Bremer Innensenators berichtete von zahlreichen Anfragen zur Mehrstaatigkeit. In Bayern wurden 2023 bereits mehr als 36.000 Menschen eingebürgert; in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es rund 14.500. Ein wesentlicher Grund für die gestiegene Nachfrage ist die hohe Zahl von Migranten seit 2015.
Um die erwartete Antragsflut zu bewältigen, wurden die Einbürgerungsbehörden in den vergangenen Jahren personell aufgestockt und die Prozesse digitalisiert. In Magdeburg arbeitet die Stadtverwaltung daran, die Digitalisierung voranzutreiben, um das vorhandene Personal zu entlasten.