Sachsen-Anhalt: AfD-Kritik am Bauhaus – was hinter dem Antrag steckt
Die AfD fordert im Landtag von Sachsen-Anhalt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus und lehnt dessen „einseitige Glorifizierung“ ab. Vertreter von FDP und Grünen kritisieren den Antrag scharf und werfen der AfD Parallelen zur NSDAP vor.
Magdeburg. – Die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hat einen Antrag eingebracht, der eine „kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus“ fordert. Der Antrag, der am Freitag im Landtag diskutiert werden soll und FREILICH vorliegt, zielt auf die anstehenden Bauhaus-Jubiläen in den Jahren 2025 und 2026. Im Zentrum der Forderung steht, dass bei den Feierlichkeiten eine „einseitige Glorifizierung“ des Bauhaus-Erbes vermieden werden müsse. Vielmehr müsse ein „seriöses und kulturgeschichtliches Gesamtbild“ gezeichnet werden, „das alle Aspekte des Bauhauses beleuchtet“. Auch die Landesregierung wird aufgefordert, die Jubiläumsplanungen in Dessau unter diesen Gesichtspunkten neu zu bewerten und die Kritik in das Ausstellungskonzept einfließen zu lassen.
Bauhaus als Bausünde?
Im Antrag der AfD werden mehrere Aspekte des Bauhausstils kritisiert. Besonders hervorgehoben wird die „puristische Ästhetik und funktionale Reduktion“ der Bauten, die oft als unpersönlich und menschenfeindlich empfunden werde. Der Minimalismus des Bauhauses habe zu „unpersönlicher Architektur“ geführt, die kalt, abweisend und unattraktiv sei. Diese Kritikpunkte würden bis heute in der Diskussion um den Bauhausstil, insbesondere im sozialen Wohnungsbau und bei öffentlichen Bauten, zum Ausdruck kommen. Viele Bauwerke im Bauhausstil würden deshalb als „Bausünden“ angesehen, argumentiert die AfD.
Kritik an universeller Ästhetik
Ein weiterer Kritikpunkt ist die vom Bauhaus propagierte Vereinheitlichung von Kunst und Design. Diese universelle Ästhetik habe zum Verlust regionaler und individueller Besonderheiten geführt. „Die zugrunde liegenden Werte des Bauhauses“ wie die „radikale Vereinfachung und Funktionalisierung des Lebensumfeldes“ hätten zu einer Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt beigetragen, heißt es in dem Antrag weiter.
Auch der ideologische Hintergrund des Bauhauses wird kritisiert. Insbesondere unter der Leitung von Hannes Meyer habe das Bauhaus eine „klare Nähe zum Kommunismus“ gezeigt, was zu einer Politisierung der Bauhauslehre geführt habe. Diese ideologische Ausrichtung habe damals wie heute zu Kontroversen geführt. „Es stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Ideologisierung von Kunst und Architektur langfristig negative gesellschaftliche Auswirkungen hatte und weiterhin haben könnte“.
„Einheitsbrei“ durch globale Verwertung
Die AfD kritisiert auch die globale Verwertung des Bauhausstils. Die internationale Verbreitung habe zu einer „Standardisierung von Architektur und Design“ geführt, wodurch „lokale Identitäten und architektonische Traditionen“ zunehmend verdrängt worden seien. Diese Entwicklung habe der kulturellen Vielfalt geschadet und global zu einem „Einheitsbrei“ geführt.
„Intellektuell dürftige“ Kampagne
Auch der AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider wird in seiner Rede, die er anlässlich des AfD-Antrags im Landtag halten wird und die FREILICH exklusiv vorliegt, ähnliche Kritik üben. Die geplante Jubiläen-Kampagne sei nicht nur „intellektuell dürftig“, weil sie postuliere, es sei ein Selbstwert und ein Selbstweck, „modern“ zu denken und so blind für die viele Irrwege mache, „in die uns diese Moderne geführt hat und leider immer noch führt“. Das Bauhaus sei eine Kunst-, aber vor allem Architekturschule gewesen, deren Leitidee „der Bruch mit allen existierenden Bautraditionen, die Abwendung vom Handwerk, die industrielle Fertigung von Bauteilen“ und damit verbunden das sogenannte „modularisierte Bauen“, also die Zusammensetzung von Häusern aus Fertigteilen gewesen sei.
„Die Bauhaus-Visionäre beschränkten sich dabei nicht auf ihre Architektur-Ideen, sondern propagierten auch gleich ein dazu passendes neues Menschenbild“, so Tillschneider. „So wie das Bauhaus die erdhaften Materialien, den Stein, den Backstein, das im Wald wachsende Holz, verbannen wollte – so leugnete es die auch Bindung des Menschen an Grund und Boden und seine Verwurzelung in der Tradition“. Die „Entortung des Menschen“ sei erklärtes Programm des Bauhaus gewesen – „und ebenso die Aufhebung von Individualität in einer amorphen Massen“.
„Erdrückende Hässlichkeit“
Die Bauhausarchitektur habe es außerdem nicht vermocht, das menschliche Wohnbedürfnis mustergültig zu befriedigen, „im Gegenteil“, so Tillschneider. „Das Bauhaus hat das menschliche Bedürfnis nach Geborgenheit und Behaglichkeit nach allen Regeln der Kunst vergewaltigt“. Mit den Wohnblöcken in ostdeutschen Städten und anderen größeren Orten auf dem Gebiet der DDR habe die Bauhaustradition „Bausünden von erdrückender Häßlichkeit inspiriert, wo niemand wohnt, der nicht dort wohnen muss“.
„Die Feindschaft zum Handwerk, die Ablehnung des Einfamilienhauses, das Ignorieren von Traditionen und Verwurzelungen, der Internationalismus“ – all das erkläre laut Tillschneider, weshalb die Altparteien einen solchen Narren am Bauhaus gefressen hätten, „denn das ist nichts anders als die globalistische Agenda, die Sie meinen durchdrücken zu müssen“. Er plädiert in diesem Zusammenhang für eine differenzierte Auseinandersetzung und ernsthafte Kritik am Bauhaus und empfiehlt, sich stärker auf alternative architektonische und kulturelle Strömungen zu besinnen, die Traditionen und regionale Besonderheiten bewahren.
FDP und Grüne empört über Antrag
An dem AfD kommt unterdessen Kritik von FPD und Grünen. Andreas Silbersack, Fraktionschef der FDP im Landtag, kritisierte die AfD scharf und meinte: „Hier zeigt die AfD die Fratze des Nationalsozialismus par excellence“. Ähnlich äußerte sich auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die die Aussagen der AfD für „absolut inakzeptabel“ hält. „Dass jetzt die AfD mit erschreckend ähnlichen Argumenten und Formulierungen wie einst die NSDAP versucht, gegen das Erbe des Bauhaus heute vorzugehen, ist in höchstem Maße alarmierend“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung.
„Die Stiftung Bauhaus Dessau leiste „hervorragende Arbeit“, so Roth – und das Vorgehen der AfD zeige, wie wichtig ihre Arbeit ist. „Leider ist diese Art und Weise des Umgangs mit unserer Geschichte und ein solches Vorgehen gegen die Freiheit von Kulturinstitutionen in unserem Land kein Einzelfall, sondern Programm bei der AfD“, so Roth.
Nutzer können AfD-Kritik unterschreiben
Auch in den Sozialen Medien hat der AfD-Antrag bereits für Diskussionen gesorgt. So sieht etwa der Zeit-Journalist Robert Pausch darin „NS-Politik mit dem Megafon“, wie er auf X schreibt. Viele Nutzer, darunter auch einige AfD-Politiker, weisen die Kritik deutlich zurück. „Es geht hier um Geschmacksfragen. Natürlich sollten Menschen in der Lage sein Ihren Geschmack zu artikulieren ohne direkt als 'Nazis' angebrüllt zu werden ... So spaltet man die Gesellschaft weiter“, erklärt ein Nutzer. „Ich kann das unterschreiben. Kalt, abweisend, unattraktiv. Dass diese Betonwürfel mit Schießscharten nicht schön sind, ist eine vertretbare Meinung“, erklärt ein anderer Nutzer. Diese Meinung wird in vielen weiteren Kommentaren geteilt.