Schleswig-Holstein: Eine Ode an die Kommunalpolitik

Viele Orte in Deutschland haben mit Problemen wie Wohnungsmangel, überteuerten Immobilienpreisen, zunehmender Überfremdung durch Zuwanderung oder Überalterung und maroder Infrastruktur zu kämpfen. In seinem Kommentar zeigt Kevin Dorow auf, wie wichtig Kommunalpolitik in diesem Zusammenhang ist und nennt auch ein Beispiel, wo lokaler Widerstand bereits zum Erfolg geführt hat.

Kommentar von
15.5.2023
/
4 Minuten Lesezeit
Schleswig-Holstein: Eine Ode an die Kommunalpolitik

Kevin Dorow

In Schleswig-Holstein wurde gestern gewählt – und zwar in gut 1.080 kreisangehörigen Gemeinden, vier kreisfreien Städten und elf Kreisen. 2,4 Millionen Menschen durften mit ihrer Stimme die Kommunalpolitik der nächsten fünf Jahre bestimmen – doch leider können sich nur die wenigsten dafür begeistern. Marode Straßen, fehlender Wohnraum, zu wenig Kita-Plätze – Kommunalwahlthemen gehören wohl zu denen, die selbst im rechten politischen Milieu am wenigsten Beachtung finden. Dabei findet gerade hier, in den Kommunen vor Ort, die gesellschaftliche Verwurzelung und die politische Wende 2.0 von unten statt.

Wer an einem frischen Sonntagmorgen durch die Innenstadt von Rendsburg – einer ehemaligen Garnisonsstadt im Herzen Schleswig-Holsteins – schlendert, dem fällt auf den ersten Blick nichts Besonderes auf: Die Straßen sind weitgehend menschenleer, die ehemaligen Garnisonsgebäude sind im Laufe der Jahrzehnte zu Wohn- und Geschäftshäusern umgebaut worden, und wer am frühen Wochenendmorgen unterwegs ist, entspricht dem demografischen Klischee der hiesigen Frühaufsteher – Rentner, über 60, biodeutsch.

Eine Einöde im Norden?

Doch der Schein trügt – denn unter der Oberfläche brodelt es. Die Stadt hat eine Vielzahl von Problemen, die viele Kommunen – ob groß oder klein – in der Bundesrepublik plagen. In der Stadt sind es häufig Wohnungsmangel, überteuerte Immobilienpreise, zunehmende Überfremdung durch Zuwanderung, unzureichende medizinische Versorgung, aussterbende Innenstädte und überforderte Verwaltungen. Auf dem Land hingegen prägen Überalterung, marode Infrastruktur, mangelnde Verkehrsanbindung, ausufernde „Klimaschutzmaßnahmen“ in Form von immer mehr Windrädern und eine desolate medizinische Versorgung durch immer häufiger schließende Kliniken den Alltag.

Gerade hier in Schleswig-Holstein schlagen sich viele dieser Punkte nieder. Im flächenmäßig größten Landkreis Rendsburg-Eckernförde etwa war die Kommunalpolitik in den vergangenen Jahren insbesondere von der immer wieder diskutierten Schließung der Imland-Klinik in der Stadt Eckernförde bedroht – angeblich wegen Unwirtschaftlichkeit und massiver Finanzierungsprobleme. Im Jahr 2022 wurde dann auch noch die Geburtenstation geschlossen, was zur Folge hatte, dass tausende Mütter nun bis zu einer Stunde zur nächsten Klinik fahren müssen, sofern sie sich nicht für eine Hausgeburt entscheiden. Ein Baumarkt in der Stadt Eckernförde ist aufgrund mehrerer Geburten inzwischen sogar als „Storchenparkplatz“ überregional bekannt geworden – mehrere Kinder haben dort wegen der erheblichen Entfernung zum nächsten Krankenhaus bereits das Licht der Welt erblickt.

Probleme vor Ort

Aber auch an anderer Front bröckelt es: In Zeiten des boomenden Internethandels geben die Innenstädte an den Wochenenden inzwischen oft ein eher trostloses Bild ab. Lediglich Wochenmärkte, Discounter und Drogeriemärkte können sich noch über eine solide Kundenfrequenz freuen. Dennoch: Die Kommunalpolitiker fühlen sich mit der Situation überfordert und zeigen sich seit Jahren hilflos und träge.

Auch der Wohnraum wird knapper: Neubaugebiete sind mangels Ausweisung neuer Baugebiete Mangelware und lassen oft viele Jahre auf sich warten. Sind sie erst einmal da, werden sie von auswärtigen Investoren aufgekauft und dann zu ortsüblichen – also teuren – Preisen vermietet. Die Chance auf Wohneigentum oder bezahlbaren Wohnraum ohne staatliche Unterstützung? Für immer größere Teile der Bevölkerung – insbesondere der jüngeren Generationen – undenkbar. Auch die Verkehrspolitik wird zunehmend von klimaideologisch motivierten Tempo-30-Zonen, Dieselfahrverboten und chronischem Parkplatzmangel dominiert.

Migration – auch ein kommunales Thema

Wie die Berichterstattung der letzten Monate zeigt, ist Migrationspolitik gerade auch auf kommunaler Ebene ein wichtiges Thema. Denn die Kommunen sind in jeder Hinsicht überfordert, personell und finanziell. „Flüchtlings“unterkünfte, die mehr Einwohner haben als die Dörfer, in denen sie errichtet wurden, sind keine Seltenheit mehr. Im Dorf Seeth im Kreis Nordfriesland kommen auf rund 700 Einwohner gut 800 „Flüchtlinge“ und Asylbewerber. In Boostedt im Kreis Segeberg müssen 6.000 Einwohner mit 2.700 Migranten in einer Landesunterkunft auskommen. Und wie die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Die meisten dieser Migranten werden bleiben – mit tatkräftiger Unterstützung der Altparteien.

So raffte sich der Landkreis während des massiven Zustroms ukrainischer Flüchtlinge im vergangenen Jahr in Zeiten ohnehin akuten Wohnungsmangels dazu auf, für mehrere tausend Euro Aufforderungen in Form von Flugblättern an nahezu alle Einwohner des Landkreises zu verschicken, doch bitte ukrainische Flüchtlinge in ihren möglicherweise leerstehenden Mietwohnungen unterzubringen. Doch es geht auch anders. Denn weiter östlich, im mecklenburgischen Dorf Upahl etwa, lässt sich beobachten: Auch lokaler Widerstand kann Früchte tragen. Er ist alles andere als aussichtslos – im Gegenteil. Hier haben die Anwohner schließlich sogar einen Baustopp erzwungen. Ohnmacht sieht anders aus – auch wenn dieser Fall leider eher die Ausnahme als die Regel ist.

Eine Frage der Demographie – und des Menschen

Die Liste der kommunalen Probleme ließe sich noch lange fortsetzen – doch die inhaltliche Kernaussage dürfte angekommen sein: Kommunalpolitik betrifft uns alle – und manchmal mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Gerade die eingangs erwähnten Wochenendfrühaufsteher – Rentner, Ü60, Biodeutsche – werden statistisch gesehen an all diesen Umständen nichts mehr ändern. Sie sind in einer Generation aufgewachsen, in der der typische Lebenslauf – Ausbildung, Heirat, Familie, Haus – noch für Menschen aller Bildungsschichten erreichbar war. Doch dieses einstige Ideal gehört längst der Vergangenheit an – und damit auch das Wahlverhalten eben jener Bevölkerungsgruppe. Denn Kommunalwahlen zeichnen sich erfahrungsgemäß durch eine eher geringe Wahlbeteiligung unterhalb der 50-Prozent-Marke aus – und diejenigen, die zur Wahl gehen, gehören überwiegend den älteren Bevölkerungsgruppen an. Und wie die Stimmenverteilung hier aussieht, ist bekannt: CDU auf Platz eins, gefolgt von der SPD – und auf dem Gebiet der ehemaligen DDR noch die Linke für diejenigen, die der SED noch heimlich nachtrauern.

Sie sind es, welche derzeit noch den politischen Ton innerhalb der Kommunalpolitik angeben – und dieser Umstand muss sich ändern. Daran ändern auch die vielerorts verbreiteten Wählergruppen oftmals leider nichts. Es bedarf eines Umdenkens innerhalb der jungen und mittelalten Wählerschichten – insbesondere innerhalb des politisch rechten Milieus. Selbstverständlich lassen sich die großen gesellschaftspolitischen Themen nicht in der Stadt oder dem Dorf vor Ort an der Wurzel anpacken. Doch die Symptome der globalistisch-individualistischen BRD-Politik auf Bundesebene lassen sich zumindest begrenzt bekämpfen und – ein essenzieller, oft unterschätzter Punkt – die eigenen Positionen vor Ort vermarkten und festigen. Wer sich auf Dauer als Volkspartei etablieren möchte, der muss in den Gemeinden vor Ort aktiv werden, Ortsverbände aufbauen und in die Gemeindevertretungen, Ratsversammlungen und Kreistage einziehen. Da ohnehin auf Gemeindeebene – insbesondere im ländlichen Raum – die inhaltlichen Differenzen zumeist nur minimal sind, handelt es sich zumeist um eine Mischung aus politisch-ideologischer sowie Personenwahl, wobei der letztgenannte Punkt hier überwiegt.

Kommunalpolitik ist Basispolitik

Wer sich auf Dorffesten zeigt, wer den Kontakt zu den Wählern – das sind oft Bekannte, Arbeitskollegen und Freunde, der Bäcker um die Ecke oder auch der Leiter der Jugendturngruppe – aufbaut und pflegt, wer sympathisch ist und Menschen um sich schart, der wird gewählt. Das Parteiprogramm steht im Gegensatz zur landes- und bundespolitischen Ebene im Hintergrund. Aber auch hier lassen sich ähnliche Effekte beobachten: Die Wahlerfolge der CDU vor der Ära Scholz basierten maßgeblich auf den hohen Popularitätswerten der Person Angela Merkel. Und insbesondere in Schleswig-Holstein erzielte die CDU mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther bei der Landtagswahl 2022 eines ihrer besten Ergebnisse seit 1983 – ein Erfolg, der maßgeblich mit seiner Person verbunden ist.

Summa summarum: Kommunalpolitik im Sinne von Graswurzelpolitik ist essenziell, um sich dauerhaft als Volkspartei zu positionieren, das derzeit bei 26 Prozent liegende Wählerpotential der Alternative für Deutschland noch weiter nach oben zu treiben und sich so auch dauerhaft zu etablieren. Mitteldeutschland macht es bereits vielfach vor – aber auch hier gibt es, wie überall in der Bundesrepublik, noch Nachholbedarf. Häufig fehlt es noch an Personal – ein Problem, das langfristig nur durch gezielte Anwerbekampagnen in den Kommunen vor Ort gelöst werden kann. Und so langweilig Kommunalpolitik auf den ersten Blick auch erscheinen mag: Es geht um mehr als Busfahrpläne, Schlagloch-Sanierung und Knickpflege – der eigene Einfluss und damit ein nachhaltiger und seriöser politischer Erfolg kann weitaus größer sein, als mancher denkt.


Zur Person:

Kevin Dorow wurde 1998 in Norddeutschland geboren. Er absolvierte ein Volontariat bei der Verlagsgruppe Lesen & Schenken und schreibt seitdem für verschiedene konservative Publikationen. Politisch engagiert er sich in der AfD.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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