Spaltung im Gemeinderat: Innsbrucker Grüne zerlegen sich selbst
Der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi ist weiter angezählt. Nach dem Auseinanderbrechen der Stadtregierung im Vorjahr und dem seitdem herrschenden freien Spiel der Kräfte revoltieren nun die eigenen Hinterbänkler – sie gründeten einen neuen Gemeinderatsklub und geizen nicht mit Vorwürfen in Richtung Willi.
Innsbruck. – Die drei Gemeinderäte Marcela Duftner, Thomas Lechleitner und Renate Krammer-Stark verlassen die grüne Fraktion und gründen den Klub „Lebenswertes Innsbruck – eine Stadt für alle“. Als Grund für ihren Abgang nannten sie mehrere Dinge, die als Frontalangriff auf Willi zu deuten sind. Dieser weiß nun nur mehr sieben grüne Gemeinderäte hinter sich – und ist damit gleich stark wie die FPÖ, die ebenfalls über sieben Mandatare verfügt.
Kritik an Führungsstil, Personal- & Finanzpolitik
Die Vorwürfe gehen tief und reichen von der „Unfähigkeit zur transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und Führen“ bis zum „Fokus auf den eigenen Machterhalt statt mehrheitsfähiger Entscheidungsfindung“. Außerdem herrsche unter Willis Ägide ein fragwürdiger Umgang mit den Stadt-Finanzen sowie in Personalfragen. Die grünen Abtrünnigen werfen dem Stadtchef in all diesen Punkten das „Fehlen bzw. die Weigerung jedweder Selbstreflexion“ vor.
So kritisierte Duftner regelmäßige „Alleingänge vom Bürgermeister“, die bereits die Vier-Parteien-Koalition scheitern hätten lassen. Laut Aussendung sei das Vertrauen in die Akteure der Willi-Liste „zur Gänze“ geschwunden. Auf der Basis der Grundwerte „basisdemokratisch, gewaltfrei, ökologisch, solidarisch, feministisch und selbstbestimmt“ will der neue Klub nun neue Mehrheiten im Gemeinderat ermöglichen und stärker auf die Bürger hören.
Grünen-Querelen stärken FPÖ unverhofft
Sekundäre Profiteure der grünen Auflösungserscheinungen sind die Freiheitlichen, die plötzlich zur ex-aequo stärksten Fraktion im Innsbrucker Rathaus werden. Schon im Vorjahr schaffte die FPÖ es, über eine Kampfabstimmung ihren nicht amtsführenden Stadtrat Markus Lassenberger zum neuen 1. Vizebürgermeister zu machen. Mit 18 zu 16 Stimmen stach er die SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr aus, die nur von den Grünen, der SPÖ und den NEOS unterstützt worden war.
Willi missfiel ein blauer Vizebürgermeister, der offenkundig mithilfe der ÖVP und deren einstiger Abspaltung „Für Innsbruck“ ins Amt kam. Also lancierte er kurz darauf einen politisch motivierten Abwahlantrag gegen den missliebigen Vize. Doch dieser kam gar nicht erst zur Abstimmung, weil außer den Grünen und der SPÖ alle Gemeinderäte seinerzeit den Saal verließen. Daraufhin brach die Koalition aus Grünen, SPÖ, ÖVP und Für Innsbruck endgültig auseinander, es folgte ein freies Spiel der Kräfte, in dem mehrfach die Mitte-Rechts-Fraktionen gemeinsam abstimmten.
Freiheitliche fordern Willi-Rücktritt
Schon vor wenigen Tagen hatte Lassenberger Willi den Rücktritt nahegelegt und dies mit ähnlichen Vorwürfen wie die Grünen-Rebellen begründet: „Die Stadt Innsbruck liegt finanziell am Sand, die Personalpolitik des grünen Bürgermeisters sorgt dafür, dass fast niemand mehr bei der Stadt arbeiten will, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Magistrat werden durch Willis personalpolitischer Apartheidpolitik in grüne Günstlinge oder in politische Feinde unterteilt“.
FPÖ-Landeschef Markus Abwerzger, der seine Partei bei der Landtagswahl im September auf den historischen zweiten Platz führte, wiederholte diese Forderung am Donnerstag auf Twitter: „Der Machtmissbrauch von Georg Willi ist mittlerweile offenbar den eigenen Mandataren zu viel geworden. Es ist Zeit zurückzutreten, Herr Bürgermeister!“