SPD will Wahlrecht für alle – auch ohne Staatsbürgerschaft
Die SPD will mit äußerst radikalen Forderungen in Migrationsfragen in die Verhandlungen mit der Union gehen. Unter anderem will sie ein Wahlrecht auch für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft durchsetzen.
Die SPD will in den Koalitionsverhandlungen möglichst viele ihrer Forderungen durchsetzen.
© IMAGO / Jens SchickeBerlin. – Kurz vor den Koalitionsverhandlungen drängt die SPD auf eine grundlegende Neubewertung der Migrationspolitik und fordert eine Abkehr von den schwarz-roten Plänen. Im Mittelpunkt stehen die Rechte von Migranten und die Notwendigkeit, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die SPD-Migrationspolitiker schlagen ein weitreichendes Programm vor, das insbesondere die Perspektiven für Menschen verbessern soll, die schon lange in Deutschland leben, aber noch nicht eingebürgert sind.
Wahlrecht für alle
Ein zentrales Anliegen der SPD ist die Einführung eines Wahlrechts für alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Dahinter steht die Überzeugung, dass Menschen, die seit vielen Jahren in Deutschland leben und zur Gesellschaft beitragen, auch bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden sollten. Eine weitere zentrale Forderung der SPD ist die automatische Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft nach 25 Jahren Aufenthalt, es sei denn, der Betroffene widerspricht aktiv.
Halbe Million Fachkräfte jährlich
Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und dem demografischen Wandel entgegenzuwirken, fordert die SPD die Einführung eines Bundesfachkräfteprogramms, mit dem jährlich 500.000 Menschen nach Deutschland geholt werden sollen. Darunter sollen nicht nur Fachkräfte sein, sondern auch „Flüchtlinge“, die bereits qualifiziert sind oder das Potenzial haben, in Deutschland eine Qualifikation zu erwerben. „Wir fordern die Einführung eines Bundesfachkräfte-Programms für jährlich 500.000 Personen, um den demografischen Wandel zu bewältigen und den Fachkräftebedarf zu decken“, heißt es im Positionspapier der SPD, wie die Welt berichtet.
Keine Abschiebungen ohne Perspektive
Die SPD fordert darüber hinaus, dass auch Menschen ohne Bleiberecht nicht zur Ausreise gezwungen werden sollen. Stattdessen solle ihnen „eine Perspektive“ in Deutschland eröffnet werden. „Programme sollen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, ihre Integration fördern und ihnen ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland ermöglichen“, heißt es in dem Papier. Voraussetzung für den Status ist ein ununterbrochener Aufenthalt von mindestens drei Jahren.
Abschiebungen sollen nur „als allerletztes Mittel in klar definierten Fällen“ und unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht kommen, etwa bei Intensivstraftätern oder wiederholtem Missbrauch des Asyl- und Sozialsystems.
Ministerium für Integration und gesellschaftliche Teilhabe
Um die Integration von Migranten besser zu fördern, schlägt die SPD die Einrichtung eines „Ministeriums für Migration und gesellschaftliche Teilhabe“ auf Bundesebene vor. Dieses Ministerium soll dazu beitragen, die sozialen und wirtschaftlichen Chancen von Migranten zu verbessern und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.
Reem Alabali-Radovan, stellvertretende Leiterin der SPD-Verhandlungsgruppe Migration, steht diesen Ideen offen gegenüber, während konservativere Mitglieder wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese einen pragmatischeren Ansatz vertreten.
SPD will sich bei Koalitionsgesprächen durchsetzen
Die SPD-Migrationspolitiker werden diese Forderungen in die Koalitionsgespräche einbringen und versuchen, möglichst viele Punkte in einem Koalitionsvertrag festzuschreiben. Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt, kritisierte das bisherige Sondierungspapier und bezeichnete die anstehenden Verhandlungen als „frei von Fakten und leider weniger evidenz- und mehr bauchgefühlgetrieben“.
„Die anstehende GroKo läuft leider in die völlig falsche Richtung: Sie schließt legale Wege wie Aufnahmeprogramme und den integrationsförderlichen Familiennachzug und verlautbart parallel Lösungen, die rechtlich nicht umsetzbar und praktisch nicht funktionieren werden“, so Bozkurt.
Zusätzliche Forderungen zur Migrationspolitik
Die SPD fordert außerdem, vollziehbar Ausreisepflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen eine „eine echte Perspektive“ zu geben. In der Praxis sei ein „unfreiwilliges Verlassen“ des Bundesgebietes oft weder durchsetzbar noch sinnvoll. Die Sozialdemokraten schlagen vor, diesen Personen eine „allgemeine Aufenthaltserlaubnis für vollziehbar ausreisepflichtige Personen“ zu erteilen.