Symbolpolitik: Warum Faesers Grenzkontrollen eine Mogelpackung sind

Nancy Faeser versprach strenge Grenzkontrollen, doch was ist davon übrig geblieben? Die Maßnahmen scheinen mehr Symbolpolitik als ernsthafte Bekämpfung illegaler Migration zu sein.

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17.9.2024
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Symbolpolitik: Warum Faesers Grenzkontrollen eine Mogelpackung sind

Seit Montag sollen Grenzkontrollen für mehr Sicherheit in Deutschland sorgen.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Grenzkontrollen zu verschärfen, entpuppt sich immer mehr als Symbolpolitik. Während sie zunächst eine strikte Überwachung der deutschen Außengrenzen in Aussicht stellte, ist nun nur noch von sporadischen, „smarten“ Kontrollen ohne Zurückweisungen die Rede. Diese Maßnahmen scheinen in erster Linie dem politischen Druckabbau zu dienen und nicht der ernsthaften Bekämpfung illegaler Migration.

Zunächst hatte Faeser strenge Kontrollen angekündigt und damit in der Öffentlichkeit Hoffnungen auf eine Reduzierung der irregulären Migration geweckt. „Wir wollen die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen und Islamisten frühzeitig erkennen und aufhalten“, erklärte Faeser. Doch schon wenige Tage später wurden diese Pläne verwässert. Statt umfassender Grenzkontrollen soll es nun nur noch sporadische Stichproben geben. „Dabei machen wir keine nationalen Alleingänge, die Europa kaputt machen, sondern handeln eng abgestimmt mit unseren Nachbarn“, sagte Faeser dem Spiegel. Zudem werden die Grenzen zu Österreich, Polen und Tschechien ohnehin kontrolliert, mit Faesers Ankündigung kamen Kontrollen im Westen und Norden hinzu. Die meisten Migranten wandern aber über die Grenzen im Süden und Osten ein.

Faeser rückt von Grenzschutzversprechen ab

Diese Aussage macht deutlich, dass es der Bundesregierung mehr um den Erhalt des Schengen-Raums geht, als um strikte Maßnahmen gegen illegale Einwanderung. Statt den eigentlichen Zweck der Grenzkontrollen – die Eindämmung der Asylzahlen – konsequent zu verfolgen, wird vor allem auf die symbolische Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Terrorismus verwiesen.

Der Rückzieher der Innenministerin scheint nicht zuletzt auf den Druck der europäischen Nachbarn zurückzuführen zu sein. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk stellte klar, dass Grenzkontrollen innerhalb Europas „inakzeptabel“ seien und das Schengen-Abkommen gefährdeten. Ähnliche Kritik kam aus Österreich, dessen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) deutlich machte, dass sein Land keine von Deutschland zurückgewiesenen Flüchtlinge aufnehmen werde: „Da gibt es keinen Spielraum“.

Ein Sprecher der Stadt Herzogenrath an der niederländischen Grenze warnte, die Kontrollen könnten „eine Belastung für viele tausend Bürgerinnen und Bürger beider Länder“ werden und „den Charakter unserer Region verändern“. Kritik kommt auch aus Dänemark. Der SSW-Abgeordnete Stefan Seidler befürchtet durch die Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze „lange Staus zu den Stoßzeiten, wenn die Pendlerinnen oder Pendler zur Arbeit wollen“. Die Maßnahmen seien „völlig daneben“, sagte er dem NDR.

Damit steht Faeser auch innerhalb der EU zwischen den Stühlen. Während innerhalb Deutschlands der Ruf nach einem effektiven Grenzschutz laut wird, pochen die Nachbarstaaten auf den Erhalt des europäischen Reiseverkehrs ohne Binnengrenzen. Dabei gäbe es für Deutschland auf der Grundlage des EU-Rechts durchaus die rechtliche Möglichkeit, auch die Binnengrenzen zu schützen und Asylsuchende zurückzuweisen – wenn der Notstand ausgerufen würde (FREILICH berichtete).

Symbolische Kontrollen statt wirksamer Maßnahmen

Faesers Versprechen, „illegale Migration zurückzudrängen“ und „Kriminellen das Handwerk zu legen“, wirken also angesichts der tatsächlichen Maßnahmen wenig überzeugend. Die sporadischen Stichprobenkontrollen dürften kaum den gewünschten Effekt haben. „Keine langen Staus, sondern smarte Kontrollen, so wie die aktuelle Lage es erfordert“, erklärte sie. Von flächendeckenden Kontrollen, wie sie ursprünglich angedacht waren, ist schon längst keine Rede mehr.

Auch die Polizei sieht die Pläne kritisch. Andreas Roßkopf von der Bundespolizeigewerkschaft äußerte Zweifel, ob die personellen Kapazitäten für die zusätzlichen Kontrollen überhaupt ausreichen. „Das ist noch nicht zu Ende gestrickt“, kritisierte er.

CDU fordert klare Bilanz – Opposition kritisiert Symbolpolitik

Während CDU-Chef Friedrich Merz eine „ehrliche Bilanz“ der Bundesregierung bis zum Jahresende fordert, zeigt sich die Opposition weniger optimistisch. Clara Bünger von der Linkspartei warnt vor einem „gesellschaftlichen Klima der Ausgrenzung“ und sieht in den Kontrollen „nationale Alleingänge, die rechtlich zweifelhaft sind“. Auch sie hält die Maßnahmen eher für Symbolpolitik, die Deutschland und die EU „an den Rand des Chaos“ führen könnten. Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, nannte Faesers Plan „Wählertäuschung“. „Die von ihr angekündigten Grenzkontrollen betreffen gerade nicht die infrage stehende Gruppe der Hunderttausenden Asylmigranten – diese werden vom Netz der Kontrollen bewusst und vorsätzlich nicht erfasst“, erklärte Curio.

Am Ende bleibt von den ursprünglich groß angekündigten Grenzkontrollen wenig Substanz übrig. Die Bundesregierung setzt auf punktuelle, vermeintlich „kluge“ Maßnahmen, die in der Praxis kaum Auswirkungen auf die hohen Migrationszahlen haben dürften. Ob die erhoffte Entlastung der Grenzregionen eintritt, bleibt ebenso fraglich wie die Wirksamkeit der Kontrollen selbst.

Über den Autor

Bruno Wolters

Bruno Wolters wurde 1994 in Deutschland geboren und studierte Philosophie und Geschichte in Norddeutschland. Seit 2022 ist Wolters Redakteur bei Freilich. Seine Interessengebiete sind Ideengeschichte und politische Philosophie.

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