Verdacht auf Nötigung: Anklage gegen ehemaligen Kern-Berater Fußi
Die Nachwehen der Silberstein-Affäre werfen weiterhin ihre Schatten. Weil er eine SPÖ-Mitarbeiterin in Nachrichten genötigt haben soll, muss sich der frühere Kanzlerberater Rudolf „Rudi“ Fußi im Oktober vor Gericht verantworten. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Wien. Wie die Kronen Zeitung am Dienstagmorgen berichtete, geht es dabei um Nachrichten, welche Fußi einer Mitarbeiterin des SPÖ-Wahlkampfteams vergangenen Oktober schickte. Damals, kurz vor der Nationalratswahl, war die Sozialdemokratie angesichts der aufkeimenden Silberstein-Affäre um Kalmierung bemüht. Dabei soll er der Frau einen ‚Deal‘ vorgeschlagen haben – unter Androhung anderweitiger Klage seitens der Partei.
Fußi bot Silberstein-Übersetzerin offenbar ‚Deal‘ an
Die damals durch profil– und Presse-Recherchen an die Öffentlichkeit geratenen mutmaßlichen WhatsApp-Nachrichten ließen tief blicken. Demnach bot Fußi der als Anna J. genannten Belastungszeugin offenbar 30.000 Euro ein, um deren Schweigsamkeit zu erzwingen. Zuvor soll diese diverse Nachrichten des internen Mailservers abgespeichert und an ÖVP und Medien weitergeleitet haben. Bei der Dame handelt es sich um die damalige Übersetzerin des israelischen Wahlkampfstrategen Tal Silberstein, welche offenbar als Einzige einen Zugang zum gesamten Schriftverkehr hatte.
Dabei soll Fußi der Frau Schreckensszenarien ausgemalt haben, insofern sie nicht kooperieren wolle. Die SPÖ würde ihr „der Arsch wegklagen“, sie würde keine Ruhe mehr haben, wenn sie die Partei „versenkt“. Der ehemalige Redenschreiber des ex-Bundeskanzlers soll sich dabei als letzte Rettung geriert haben. Allerdings nur unter zeitlicher Befristung: wenn sie bis zum Folgetag in den „Deal“ nicht einwillige, könne auch er ihr „nicht mehr helfen“.
Silberstein-Affäre beschädigte rote Glaubwürdigkeit
Im Zuge des nun anstehenden Prozesses droht die angeschlagene Sozialdemokratie dabei weiteren Schiffbruch zu erleiden. Beobachter gehen davon aus, dass die Verhandlungen neue brisante Details über die Dirty-Campaigning-Affäre ans Tageslicht kommen. Diese hatte etwa durch die Eröffnung von Facebook-Gruppen mit ungustiösen Inhalten die mutmaßliche Absicht, den Wahlkampf des ÖVP-Spitzenkandidaten und nunmehrigen Bundeskanzler Sebastian Kurz zu sabotieren.
Den Schaden hatte letztendlich die SPÖ: Wenige Tage vor der Nationalratswahl beeinträchtigte die Affäre die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten erheblich. Dass sie ihr Ergebnis des vorigen Urnengangs aus dem Jahr 2013 halten konnte, verdankte sie vor allem der Wählergunst ehemaliger Grünwähler. Die 161.000 ‚Leihstimmen‘ federten den befürchteten SPÖ-Absturz ab – und besiegelten das Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat.
Fußi sieht Prozess „entspannt“ entgegen
Im Ernstfall drohen Fußi bis zu einem Jahr Haft. Dieser bekundete am Montag auf Twitter seine Befremdung mit dem Umstand, dass Anklage erhoben wurde. Seinem vorherigen Wissenstand zufolge plante die Staatsanwaltschaft Wien nämlich die Einstellung der Ermittlungen. Dennoch sieht der weiterhin als politischer Kommentator gefragte Steirer die Causa offenbar „entspannt“:
News in Sachen WhatsApp-Affäre aus dem letzten Wahlkampf: Die Staatsanwaltschaft Wien wollte das Verfahren einstellen, nun wird nach Weisung doch wegen des Versuchs der Nötigung angeklagt. Bin entspannt, finds schon bemerkenswert. Halte auf dem Laufenden.
— Rudi Fußi (@rudifussi) 27. August 2018