Wahlchaos in Berlin könnte zu Neuwahlen führen
Auch über ein Jahr nach den Wahlen des neuen Abgeordnetenhauses in Berlin reißt die Kritik an den Vorgängen nicht ab. Nun rückt auch die komplette Wiederholung der Wahlgänge in den Bereich des Möglichen.
Berlin. – Die Vorwürfe sind zahlreich. Falsche Stimmzettel bei der Ausgabe, mangelnde Wahlscheine, unzählige Stimmen, die nicht abgegeben werden konnten. Die vielen Pannen riefen schließlich auch das Landesverfassungsgericht auf den Plan. Die vorläufige Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs wird demnächst erwartet, bislang gab es bei 35 von 78 Wahlbezirken Einsprüche. Möglich wäre zumindest eine Wiederholung in einigen der Bezirke.
Recherchen deckten grobe Mängel auf
Marcel Luthe, ehemaliger Abgeordneter im Berliner Parlament und heutiger Gewerkschaftschef, gehörte zu den Ersten, die Wahlmängel vermuteten. Er versuchte, die öffentlichen Protokolle des Wahltages durch Einsichtsrechte zu erhalten. Dabei fand er jedoch teils nur lose geordnete Papiere. Auch die Stimmabgaben wurde in vielen Bezirken nicht erfasst – ein Beweisstück, das vom Verfassungsgericht lange nicht erfasst worden konnte. Luthe ist erzürnt: „Wer hat geprüft, ob dieses Protokoll den gesetzlichen Anforderungen genügt? Offensichtlich niemand!“ Er fordert die Einsicht der Wahlverzeichnisse und auch die Untersuchung der Briefwahlergebnisse. Die erforderlichen Unterlagen wurden teils viel zu spät versandt, Luthe vermutet allein dadurch Versäumnisse von etwa 18.000 Wählerstimmen.
Lokalpolitik zieht große Kreise
Nicht nur in der Bundeshauptstadt überschatten Wahlfragen das Tagesgeschehen. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) versprach nach seiner Verwicklung in den hessischen AWO-Skandal seinen Rücktritt. Diesen Rücktritt will er nun an eine Abwahl im November knüpfen, damit rückt das Ergebnis jedoch in den Januar des nächsten Jahres. Sollte die erforderliche Zahl der Stimmen nicht zusammenkommen, würde das Versprechen des Rücktritts nichtig werden. Feldmann äußerte sich zu dem Sachverhalt: „Sollten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Frankfurt sich für einen Verbleib des Oberbürgermeisters im Amt aussprechen, so wird der Oberbürgermeister seine Pflichten bis zum Ende der Amtszeit erfüllen.“