ZDF-„heute-show“: Ist das noch Satire? Wie politisch ist die Sendung? (2)

Satire kritisiert normalerweise die herrschenden Verhältnisse. Eine empirische Untersuchung des X-Accounts der „heute-show“ zeigt jedoch: Der selbsternannten Satiresendung geht es vornehmlich um die Bestätigung des eigenen Weltbildes.

Analyse von
9.4.2024
/
7 Minuten Lesezeit
ZDF-„heute-show“: Ist das noch Satire? Wie politisch ist die Sendung? (2)

ZDF "heute-show"

© Shutterstock

Im ersten Teil dieser Recherche wurde die Darstellung der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung anhand von Memes der „heute-show“ untersucht (jetzt lesen). In diesem Teil untersuchen wir 259 Memes mit Bezug zu den Oppositionsparteien. Die Memes wurden von März 2023 bis Ende Februar 2024 auf dem X-Account der „heute-show“ veröffentlicht.

Die Regierungsparteien Grüne, SPD und FDP werden in 30, 42 beziehungsweise 68 Prozent aller untersuchten Fälle negativ bewertet. Oppositionsparteien werden weitaus ungünstiger dargestellt: Der Anteil negativer Bewertungen liegt bei 58 Prozent (CDU), 67 Prozent (Linke), 70 Prozent (AfD) und 100 Prozent (BSW).

Der Bias unter ÖRR-Mitarbeitern zugunsten links-grüner Positionen ist schon länger bekannt: Eine Umfrage unter ARD-Volontären ergab im Mai 2020, dass 57 Prozent bei der Bundestagswahl die Grünen, 23,4 Prozent die Linke und 11,7 Prozent die SPD wählen würden. Alle anderen Parteien kamen zusammen nur auf 6,5 Prozent. Ein fragwürdiges Ergebnis, wenn man berücksichtigt, dass der Medienstaatsvertrag „Unparteilichkeit“ und die Gewährleistung von „Meinungsvielfalt“ fordert.

CDU: Liebling Nr. 3 der „heute-show“

Die CDU wird zwei Mal positiv, 17 Mal neutral und 26 Mal negativ dargestellt. Positiver werden nur die Grünen und die SPD dargestellt. Ein bemerkenswerter Befund, identifizierten sich doch in der ARD-Umfrage im Mai 2020 nur drei Prozent der befragten Volontäre als Unionswähler. Möglicherweise hängt die wohlwollende Darstellung der CDU in der „heute-show“ damit zusammen, dass CDU-Politiker wie der sächsische Innenminister Armin Schuster und der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz als verlässliche Akteure im „Kampf gegen Rechts“ gelten.

Ein weiterer Grund scheint in der Aushöhlung konservativer Werte unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel zu liegen. Im Einklang mit dieser Vermutung bestehen die einzigen positiven CDU-Darstellungen aus einer Interaktion der Ex-Kanzlerin mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) und einem sechsteiligen Merkel-Reaktions-Meme. In Beiträgen der „heute-show“, die vor dem Untersuchungszeitraum dieser Recherche liegen, ist eine ausgeprägte Loyalität gegenüber Merkel zu erkennen: Die „heute-show“-Autorin Jana Fischer bedankte sich im Oktober 2020 auf X für Merkels geringes „Skandalpotential“. Regelmäßig attackierte die „heute-show“ auf X innerparteiliche Merkel-Konkurrenten wie Horst Seehofer (hier, hier, hier, hier und hier) und Thomas de Maizière (hier und hier).

Friedrich Merz kommt im Vergleich zu Merkel schlecht weg: Der CDU-Parteichef wird insgesamt 17 Mal negativ dargestellt. Nur Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wird öfter negativ dargestellt. Im Gegensatz zu den „heute-show“-Memes über die Grünen und die SPD findet sich hier auch Ideologiekritik. Ein Meme vom Juli 2023 zeigt einen Ausschnitt aus einem Batman-Film, in dem ein Scheinwerfer das Konterfei des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet in den Himmel wirft. Der Text lautet: „CDU-Merz ist offen für eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene. Könnten wir – und wir hätten nicht gedacht, dass wir das mal schreiben – Armin Laschet nochmal sehen.“ So wird Merz wegen seiner Offenheit gegenüber der AfD als Schurke, Laschet aber als Superheld dargestellt.

Ein vierpaneliges Meme zeigt Olaf Scholz (SPD) und Laschet im Bus beziehungsweise auf dem E-Roller. Markus Söder steht als Kapitän am Steuerruder eines Schiffs, Merz sitzt als Pilot im Flugzeug. Der Text lautet: „Immer mehr Deutsche fahren mit dem Zug ins Ausland. Verständlich, wenn die Alternativen so aussehen.“ Scholz und Laschet erscheinen als bescheiden und vermeintlich klimafreundlich. Söder und Merz erscheinen hingegen als „Klimaschädlinge“. Ihre Darstellungen in gehobenen Fortbewegungsmitteln ist geeignet, beim einfachen Bürger Ressentiments zu erzeugen. Weitere negative Merz-Memes finden sich hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier).

AfD: Oliver Welkes Lieblingsfeind

Die AfD wird neun Mal neutral und 21 Mal negativ dargestellt. Positive Darstellungen konnten nicht identifiziert werden. Der Bias des „heute-show“-Moderators Oliver Welke gegen die AfD und ihren Thüringer Landeschef Björn Höcke ist bekannt. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass der Anteil negativer Bewertungen bei CSU (84 Prozent), BSW und den Freien Wählern (beide 100 Prozent) höher ist als bei der AfD (70 Prozent).

Im Gegensatz zu den anderen Parteien konzentrieren sich die Memes der „heute-show“ nicht auf einzelne Politiker: Spitzenreiterinnen sind Frauke Petry mit sechs und Alice Weidel mit fünf Darstellungen. Tino Chrupalla und Björn Höcke kommen jeweils auf drei Darstellungen. Alexander Gauland kommt zwei Mal vor; Beatrix von Storch, Maximilian Krah und Robert Lambrou jeweils ein Mal.

Am besten schneidet die ehemalige Parteichefin Frauke Petry ab, die in einem Thread mit sechs humoristischen Spruchkacheln bedacht wird. Die zweite Spruchkachel lautet: „Ohne mich wäre die AfD nicht da, wo sie heute ist (unter Beobachtung)“. Petry wird so ein mäßigender Einfluss auf die AfD attestiert. Die AfD erscheint nach Petrys Austritt hingegen als extremistische Partei, die zu Recht vom Inlandsgeheimdienst beobachtet werde.

In einem Thread zur Filmreihe Star Wars wird Höcke als Schurke „Darth Maul halten“ dargestellt. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hingegen steht als „Mace Windradu“ auf der Seite der Guten. Auf die ebenfalls negative Darstellung von Sarah Wagenknecht in diesem Star Wars-Thread wird unten noch eingegangen. Weitere negative Darstellungen zeigen Chrupalla als potentiellen Nazi-Sympathisanten, von Storch als Parlamentspöblerin und Weidel als Rechtsextremistin.  

Ein Meme, das ein vulgäres Pappschild auf einer Anti-AfD-Demo zeigt, offenbart mögliche Sympathien des „heute-show“-Teams für linksextremistisches Gedankengut: Über ein fotografiertes Pappschild mit einem Penis schreibt die „heute-show“: „Kreativer Protest am vergangenen Wochenende: ein ganz neu designtes AfD-Logo – mit sämtlichen Partei-Inhalten, völlig unbeschnitten.“ In einem weiteren Post verweist die „heute-show“ auf den X-Nutzer „jojowa161“, der scheinbar der Urheber des Fotos ist. Auf seinem Profil äußert sich der anonyme Nutzer positiv über Inhalte mit Bezug zur linksextremistischen Hooligan-Szene. Die Chiffre „161“ im Profil des Nutzers steht für „antifaschistische Aktion“. Wie der Heimatkurier berichtete, billigte „jojowa161“ auf X einen linksextremistischen Anschlag auf eine Mainzer Burschenschaft mit den Worten: „Finde ich sehr based tatsächlich.“ Auf den Hasspost (archiviert) steht nach § 140 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Die Linke: Ramelow hui, Wagenknecht pfui

Die Linke wird ein Mal positiv, ein Mal neutral und vier Mal negativ dargestellt. Die überwiegend negative Darstellung der Linken überrascht. Denn bei einer Umfrage im Mai 2020 gaben 23,4 Prozent der befragten ARD-Volontäre an, bei der nächsten Bundestagswahl die Linke wählen zu wollen. Auch „heute-show“-Autor Manuel Butt kann dem linken Spektrum zugeordnet werden: Die linksradikale Zeitschrift Antifa berichtete, dass Butt im Mai 2006 einen Infoabend gegen die rechte Szene in Hamburg organisiert hat.

Alle negativen Darstellungen beziehen sich auf Sarah Wagenknecht, die inzwischen die Linke verlassen und eine Konkurrenzpartei gegründet hat. Wagenknecht wird als Totengräberin der Linken, als geschichtsvergessene Ostdeutsche, als DDR-Roboter aus dem Star Wars-Universum und als radikaler als die AfD dargestellt.

Die übrigen Darstellungen beschränken sich auf den Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow. Ein eindeutig positives Meme schreibt Bodo Ramelow übermenschliche Körperbeherrschung zu. Ein neutrales Meme mit vier Panelen zeigt Ramelow mit anderen Politikern beim Essen und Trinken auf der „Grünen Woche“. Die wohlwollende Darstellung des AfD-Feindes Ramelow deutet darauf hin, dass die überwiegend negative Darstellung der Linken der Tatsache geschuldet ist, dass das Ex-Parteimitglied Wagenknecht das Team der „heute-show“ mit russlandfreundlichen und einwanderungskritischen Positionen erzürnt hat.

Diese Vermutung wird durch einen Auftritt des ehemaligen Linkenchefs Gregor Gysi in der „heute-show“ im Jahr 2020 bestätigt. Gysi, der sich im Gegensatz zu Wagenknecht stets vehement gegen die AfD ausgesprochen hatte, wurde von Moderator Oliver Welke äußerst zuvorkommend behandelt.

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ein Kamerateam der „heute-show“ bei Dreharbeiten auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen Anfang Mai 2020 von linken Aktivisten krankenhausreif geschlagen wurde. Möglicherweise um die politische Ausrichtung der Angreifer zu verschleiern, suggerierte Welke, dass es sich bei den Angreifern um Demonstrationsteilnehmer aus der Querdenker-Szene gehandelt haben könnte.

Über den Autor

Jonas Greindberg

Jonas Greindberg studierte Geschichte und Sinologie in Süddeutschland. Seit Oktober 2022 schreibt er für FREILICH über Hamburger Lokalpolitik, Kriminalität und Einwanderungspolitik.

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