Zu lange gewartet: Opposition kritisiert „Entlastungs-Paket“

Symbolbild: Freepik
Österreich leidet derzeit an einer nahezu beispiellosen Teuerungswelle. Die Inflation stieg im Mai auf acht Prozent – der höchste Wert seit fast 50 Jahren. In vielen alltäglichen Bereichen wie bei Energie oder Lebensmitteln ist die Kostenexplosion noch weitaus dramatischer. Die möglichen Entlastungen kommen nach Ansicht der Opposition zu spät und fallen zu gering aus.

Wien. – Am Dienstagabend schockierte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) mit seiner Aussage, wonach es aufgrund der parlamentarischen Vorlaufzeit wohl erst im Herbst zu Entlastungen der Bürger kommt. Am Mittwoch erklärte Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (ebenfalls Grüne) dann, dass das Paket demnächst beschlussfertig im Nationalrat aufliegen wird. Die CO2-Beipreisung will man lediglich um einige Monate verschieben. Bei Entlastungen dürfte es womöglich nur zu Einmalzahlungen kommen. Kritik kam aus allen Richtungen.
Entlastung mit Gasheizungsverbot im Schlepptau?
Gegenüber Journalisten gab Gewessler im Pressefoyer nach dem Ministerrat wenig Konkretes preis. Die einmalige Anhebung für Sozialleistungen wie Sozialhilfe, Familienbeihilfe oder Arbeitslosengeld werden noch verhandelt. Bei der Möglichkeit, diese künftig jährlich mit der Inflation anzuheben, winkte sie ab. Dies würde sich vor dem Sommer nicht mehr ausgehen. Dies gelte auch für eine Abschaffung der kalten Progression. Bei den Spritpreisen sieht sie offenbar keinen Preis für eine Kostenbremse.
Stattdessen stellte sie klar, dass solche Entlastungen mit den Grünen nur in Kombination mit neuen Maßnahmen kommen können. So soll die CO2-Bepreisung nun wohl erst im Herbst greifen, bei der Erhöhung des „Klimabonus“ auf 250 Euro gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Stadt und Land. Nichtsdestotrotz will die Regierung beschließen, dass ab 2023 keine neuen Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen. Bis 2035 will man dann Öl- und bis 2040 auch Gasheizungen ganz verbieten.
Kickl: „Regierung ließ Monate ungenützt verstreichen“
Scharfe Kritik am kolportierten Paket übte unter anderem FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Im Volksmund heißt es: ‚Hilfst du schnell, hilfst du doppelt‘. Diese Regierung macht genau das Gegenteil. Sie hat schon jetzt Monate ungenützt verstreichen lassen und hantelt sich jetzt von Ankündigung zu Ankündigung. In der Zwischenzeit freut sich der Finanzminister jeden Tag darüber, dass er noch mehr an Steuern einnimmt.“ Die Regierung sei „weder willens noch imstande, rasch und effizient zu helfen.“
Er verwies darauf, dass seine Partei bereits frühzeitig ein 12-Punkte-Paket vorgestellt habe, mit dem man rasch und effizient die Kostenlawine abfedern könne. Dieses beinhalte etwa eine Senkung oder Streichung der Mehrwertsteuer auf Energie und Treibstoffe sowie bei Lebensmitteln auf einen Warenkorb mit Produkten des täglichen Bedarfs. Kickl glaubt, es scheitert am Willen: „Da der ÖVP-Finanzminister zu den Krisengewinnlern zählt, weigern sich ÖVP und Grüne bisher, diese Entlastungsmaßnahmen zu setzen.“
Auch SPÖ & NEOS kritisieren Untätigkeit
Ähnliche Töne schlug die SPÖ an, die der Regierung ebenfalls Untätigkeit vorwarf und auch Senkungen der Mehrwertsteuern auf Lebensmittel, Energie und Sprit forderte. Die Steuern auf Arbeit müssten gesenkt, die Pensionen und das Arbeitslosengeld erhöht werden. Die Richtwert- und Kategoriemieten müssten eingefroren werden.
Auch NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bezweifelte, dass die Regierung den Ernst der Lage begriffen hat. Sie warf der Regierung vor, anstatt echter Lösungen nur mit weiteren Schlagzeilen und Ankündigungen für den Herbst aufwarten zu können. Die Abschaffung der kalten Progression, eine Senkung der Lohnnebenkosten und die Entlastung kleiner Einkommen seien das Gebot der Stunde.
Gezerre im Bereich der Sozialpartner
Mit ihrer Kritik am behäbigen Fortkommen eines Entlastungspaket stehen die Oppositionsparteien nicht alleine da. Auch die Gewerkschaft forderte „sofortige“ Preissenkungen, wobei diese gerade bei Energie, Wohnen, Lebensmitteln und Mobilität vonnöten wären. Der steirische ÖGB-Chef Horst Schachner betonte: „Wenn wir wissen, dass es schon im Jänner mit der Teuerung angefangen hat und dass es einfach nicht mehr aufhaltbar ist, dass sich die Menschen das Leben nicht mehr leisten können, ist die schnelle Hilfe die beste Hilfe, und derweil sehen wir von schneller Hilfe gar nichts.“
Bürgerliche Interessensgruppen wie das Institut für Höhere Studien (IHS), aus dessen Schoß bekanntlich Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher stammt, sieht Preissenkungen als „nicht sozial treffsicher“ an. Indes tauchte dem eXXpress zufolge aus der Wirtschaftskammer die Idee eines einmaligen 3.000-Euro-„Steuergeschenks“ für arbeitende Österreicher auf. Der Hintergedanke soll sein, dass die Arbeitnehmerseite bei der nächsten Lohnrunde auf die Forderung zur Anpassung der Löhne an die hohe Inflation verzichtet. Eine durchschnittliche Familie könnte damit in den nächsten anderthalb Jahren draufzahlen. Das eigentlich ÖVP-nahe Blatt spricht von einem „Danaergeschenk“.






