Bedingte Zulassung: EMA winkt Protein-Impfstoff Novavax durch
Die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) war mit Spannung erwartet worden. Nun ist es fix: Das Vakzine des US-Herstellers Novavax erhält – ebenso wie die bisherigen Wirkstoffe – eine bedingte Zulassung in der EU. Das Mittel hatte wegen eines anderen, neuartigen Wirkprinzips schon vorab einiges Interesse erfahren.
Amsterdam. – Nach den beiden Vektor-Impfstoffen von AstraZeneca sowie Johnson&Johnson/Janssen und den beiden mRNA-Vakzinen von BioNTech/Pfizer und Moderna ist es der fünfte Impfstoff, der wohl auch hierzulande auf den Markt kommen wird. Das Fabrikat mit dem Namen „Nuvaxovid“ unterscheidet sich von Letzteren, indem nicht der Bauplan für das Spike-Protein gespritzt wird – sondern ebendieses direkt. Obwohl es sich dabei formell um einen Proteinwirkstoff handelt, wurde er vorab fälschlicherweise als „Totimpfstoff“ bezeichnet. Dies kurbelte auch das öffentliche Interesse an.
Kein „klassischer“ Impfstoff – überhöhte Erwartung?
Die Novavax-Freigabe betrifft vorerst Personen ab 18 Jahren. Bei diesem Serum wird ein gentechnisch im Labor produziertes Spike-Protein in Form kleiner Partikel verimpft. Als Wirkverstärker fungiert der sogenannte Adjuvans „Matrix M1“ – auf Saponinbasis. Der Sinn soll die Ankurbelung der Immunantwort der Zellen sein. Wer sich einen „klassischen“, nicht-genbasierten Impfstoff erhoffte, wird allerdings enttäuscht.
Die Hersteller sprechen von „100 Prozent“ Wirksamkeit gegen moderate und schwere Verläufe und insgesamt über 90 Prozent Wirksamkeit. Diese Information stammt allerdings aus dem Sommer, damals war das Infektionsgeschehen insgesamt niedriger – und die aktuell dominante Delta-Variante hatte sich erst rudimentär ausgebreitet. Außerdem dürften viele nach der Kunde über den eklatanten Wirkungsnachlass der bisher freigegebenen Stoffe auch an diesem neuen Heilsversprechen zweifeln.
Das Warten auf den „Totimpfstoff“
Die Auslieferung an die EU-Mitgliedstaaten soll im ersten Quartal 2022 stattfinden. Insgesamt bestellte die EU-Kommission schon vor Monaten 100 Millionen Dosen. Österreich bekommt in der ersten Tranche 750.000 davon ab. Wegen des Datums der Verfügbarkeit könnte die türkis-grüne Regierung damit spekulieren, dass einige Österreicher vor dem Hintergrund der mit teils massiven Strafen bewehrten Impfpflicht ab 1. Februar sich das Novavax-Mittel verabreichen lassen. Wohl auf diesem Hintergrund könnte auch die mediale Kampagne, dieses als „Totimpfstoff“ zu bezeichnen, basieren.
Viele Bürger stecken ihre Hoffnungen indes in die österreich-französische Partnerschaft von Valneva. Deren Impfung verwendet ein inaktiviertes Ganzvirus und ist formell ein Totimpfstoff. Er verwendet allerdings auch CpG-Nucleinsäuren als Wirkverstärker. Erste Kritiker weisen darauf hin, dass es sich damit ebenfalls um einen genbasierten Impfstoff und kein „klassisches“ Vakzin handelt. Bei Valneva will die EU für ihre Mitgliedsländer etwa 60 Mio. Dosen bestellen. Erste Zahlen bezüglich der Wirksamkeit lassen aufhorchen – aus Kritikersicht sind diese aber auch mit einem Körnchen Salz zu nehmen. Der genaue Zeitpunkt für eine Zulassung ist ohnehin noch ungewiss.
Impfstoff-Wirkung gegen Omikron zweifelhaft
Auch die Ausbreitung der neuen Omikron-Variante kurbelt die Debatte um die Wirksamkeit der Vakzine wieder an. Erste Indizien deuten darauf hin, dass zumindest die einst als „Vollimmunisierung“ geltende Zweifach-Impfung mit den bisher verfügbaren Stoffen keine messbare Neutralisierung des Virus bezweckt. Auch bei der „Booster“-Impfung stellte sich der Effekt in jüngsten Studien als massiv reduziert heraus – TAGESSTIMME berichtete.
BioNTech-Chef Ugur Sahin stellte die Möglichkeit einer eigenen Omikron-Dreifachimpfung ab März in den Raum. Inwiefern diese in den heimischen Impfplan eingearbeitet würde, ist derzeit unklar. Vorerst beteuert Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), dass er den Drittstich für einen effektiven Schutz gegen die neue Mutante hält. Immer mehr Experten bezweifeln aber, dass dieser ausreicht. Erste Stimmen warnen zudem, dass dieser bei Novavax noch geringer ausfallen könnte.
Fällt Impfpflicht wegen ausbleibenden Schutzes?
Einige Juristen sehen die Verabschiedung der der neuen Datenlage als problematisch an. Denn diese könnte aufgrund der neuen Datenlage womöglich nicht mehr legitimierbar sein. Österreich ist das erste EU-Land, das am 1. Februar eine allgemeine Corona-Impfpflicht für alle ab 14 Jahren einführt. Ab dem 15. März drohen erstmals saftige Strafen. Seit Wochen protestieren im ganzen Bundesgebiet zigtausende Menschen weitgehend friedlich gegen diesen staatlichen Zwang.