England: Unter konservativer Regierung wanderte fast die Hälfte der Ausländer ein
Eigentlich ist die Begrenzung der Zuwanderung eine Kernforderung der konservativen Parteien. Ein Blick auf die Zahlen des Vereinigten Königreichs zeigt jedoch, dass insgesamt 42 Prozent der im Ausland geborenen Bevölkerung nach 2010, also während der konservativen Regierungszeit, ins Land gekommen sind.
London. – Seit mehr als zehn Jahren regiert in Großbritannien die Konservative Partei, die sich seit langem die Begrenzung der Zuwanderung auf die Fahnen geschrieben hat. Vor rund acht Jahren stimmte die britische Bevölkerung für den Austritt des Landes aus der Europäischen Union. Die Befürworter des Brexit argumentierten damals, dass der Austritt Großbritanniens aus der EU es der Regierung ermöglichen würde, „die Kontrolle über die Grenzen des Landes zurückzugewinnen“ und die Zuwanderung zu reduzieren – ein Thema, das einen großen Teil der Bevölkerung beschäftigt. Ein genauerer Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre zeigt jedoch, dass die Zuwanderung nach Großbritannien nicht ab-, sondern zugenommen hat. Insgesamt sind 42 Prozent der im Ausland geborenen Bevölkerung nach 2010, also während der konservativen Regierungszeit, ins Land gekommen. Ein herber Rückschlag für die Regierung von Premierminister Rishi Sunak.
Veränderte Migration seit dem Brexit
Insbesondere seit dem Brexit hat sich nicht nur der Umfang der Migration in das Vereinigte Königreich verändert, sondern auch ihre Zusammensetzung. In den drei Jahren vor dem Brexit-Votum im Sommer 2016 war die Zuwanderung aus der EU nach Großbritannien größer als die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern. Seit der Entscheidung für den EU-Austritt hat sich dieses Muster umgekehrt: Die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern hat deutlich zugenommen.
Allein im Jahr 2022 sind rund 600.000 Menschen mehr nach Großbritannien eingewandert als das Land verlassen haben. Das sind 100.000 mehr als im Jahr zuvor. Mehr als 550.000 Menschen verließen das Land - die Gesamtzahl der Zuwanderer lag 2022 aber bei rund 1,16 Millionen. „Die Hauptgründe für den Anstieg waren Menschen, die aus Nicht-EU-Ländern zum Arbeiten, Studieren und aus humanitären Gründen nach Großbritannien kamen“, sagte Jay Lindop, Direktor des Zentrums für internationale Migration. Dazu gehörten auch Menschen aus der Ukraine und Hongkong, mit denen Großbritannien Visaabkommen geschlossen hat.
Weiterhin hohe Zahl von Bootsmigranten
Nach wie vor erreichen aber auch illegale Bootsmigranten die Insel. Allein in diesem Jahr sind nach Angaben des Innenministeriums mehr als 6.260 Migranten in kleinen Booten illegal über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen. Das sind ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum und so viele wie noch nie. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 29.437 Migranten, im Jahr davor 45.755. Seit 2018 sind insgesamt fast 120.000 Migranten angekommen. Gut 90 Prozent von ihnen haben Asyl beantragt, mehr als 50.000 Anträge sind noch nicht entschieden, wie das Handelsblatt berichtet. Rund drei Viertel der Migranten kommen aus den Ländern Iran, Albanien, Irak, Afghanistan und Syrien. In den letzten Monaten ist die Zahl der Vietnamesen stark angestiegen.