Liz Truss: Wer ist die neue britische Premierministerin?
Die Tory-Politikerin Liz Truss ist neue Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Ihre Aufgabe, England durch die Krise zu führen, will sie mit Steuersenkungen und einem neuen Kabinett erfüllen.
London. – Ihre Wahl war keine Überraschung. Die ehemalige Außenministerin Liz Truss ist nach Tories-„Superstar“ Boris Johnson die neue Premierministerin des Vereinigten Königreichs. In einer internen Wahl holte sie sich 57 Prozent der Stimmen und setzte sich gegen ihren Kollegen, den Finanzminister Rishi Sunak durch. Sie gilt als dem rechten Flügel der Partei zugehörig und konnte vom „linken“ Image ihres Rivalen profitieren.
Interne Machtkämpfe
Truss wird dem politischen Dunstkreis des ehemaligen Premiers Boris Johnson zugeordnet. Gerüchten zufolge habe sie jedoch zuletzt gegen diesen intrigiert. Johnson war in den vergangenen Wochen medial unsichtbar. Auf Reporterfragen verwies er seit seinem Rücktritt stets auf seinen Nachfolger und dessen politische Aufgaben.
Das politische Programm von Liz Truss liest sich simpel und doch ambitioniert. Sie ist überzeugte Brexit-Anhängerin und wird vermutlich den harten Kurs gegen die EU fortsetzen. Ihr Motto lautet: „Stärke ist das Einzige, was die EU versteht“ und bezieht sich damit auf ihren kontroversen Kurs gegenüber Irland. Mit Truss sind die bisherigen Regelungen, die den Grenzverkehr und den empfindlichen Frieden in Nordirland sicherte, nicht in Stein gemeißelt.
Für Volk und Wirtschaft?
Einen harten Kurs plant Truss gegenüber illegaler Migration auf die britischen Inseln. Mit einer verstärkten Grenzwache möchte sie sowohl Bootsflüchtlinge stoppen als auch das Abschiebeprogramm nach Ruanda ausbauen. Diese Probleme treiben besonders die Basis der Tory-Partei um, wenn es auch nicht die einzigen sind.
Die wirtschaftliche Situation im Königreich ist angespannt. Brexit, Corona, Energie- und Versorgungskrise, eine Vielzahl von Problemen, um die sich Truss kümmern muss. Mit Versprechen von Steuersenkungen und Unterstützung für Energieversorger hofft die Premierministerin die Bevölkerung zu beruhigen. Ein Hilfspaket über 46,5 Milliarden Euro soll darüber hinaus auch kleine Unternehmen durch die Krise bringen.
Das revolutionäre Kabinett
In den sozialen Medien schlug der Hashtag #LizTrussIsNotMyPM große Wellen. Für ihren mutmaßlich harten Kurs in Fragen der Migration wurde Liz Truss von linken Aktivisten als Rassistin und Populistin angefeindet. Diese Vorwürfe scheinen jedoch nur von wenig Gewicht, betrachtet man die Zusammensetzung des neuen Kabinetts. Wie „reuters“ berichtet, wird unter Truss die „Diversität nun normal“ im Vereinigten Königreich.
Zum ersten Mal in der hundertjährigen Geschichte des modernen englischen Regierungssystems ist kein einziger weißer Mann Teil der Regierung. Bis 2002 gab es keinen einzigen nicht-englischen Regierungsvertreter, seitdem versucht die konservative Partei durch die Förderung ethnisch diverser Kandidaten ihr Image aufzubessern.
Der Ex-Premierminister Boris Johnson änderte an diesem Kurs nichts, fiel jedoch vermehrt durch Äußerungen zu Migranten auf. So bezeichnete er die Burkas-tragenden Migrantinnen als „Briefkästen“. Gleichzeitig hatte er auch das bis dato diverseste Kabinett aller Zeiten. Die britische Tory-Partei wagt innen- wie außenpolitisch einen gewagten Spagat, es wird sich zeigen, ob dieser weiterhin funktioniert.