Lücken im System: Mörder und Vergewaltiger aus Osteuropa konnten problemlos nach Großbritannien einreisen
Eigentlich sieht das britische Recht ein Einreiseverbot für Personen vor, die schwere Straftaten begangen haben. Trotzdem konnten in den vergangenen Jahren Hunderte von vorbestraften Kriminellen aus Osteuropa nach Großbritannien einreisen.
London. – Hunderte von Kriminellen, die in ihren Heimatländern wegen Mordes, Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch von Kindern verurteilt worden waren, konnten nach Polizeiangaben nach Großbritannien einreisen, wie der Telegraph berichtet. Diese Kriminellen nutzten Schwachstellen im britischen Visasystem aus, die ihnen die Einreise ermöglichten, trotz der Bestimmungen, die die Einreise bei einer Vorstrafe von mehr als einem Jahr Gefängnis verbieten sollten. Die einzige Voraussetzung für die Erteilung eines Visums ist, dass die Antragsteller selbst bestätigen, dass sie keine schweren Verbrechen begangen haben.
Hunderte Straftäter enttarnt
Eine Anfrage nach dem Freedom of Information Act (FOI) bei der britischen Strafverfolgungsbehörde ACRO ergab laut Telegraph, dass in den letzten drei Jahren bei Überprüfungen rumänischer Staatsbürger mehr als 700 Fälle festgestellt wurden, in denen die Verdächtigen wegen Mordes, Totschlags, Vergewaltigung oder Kindesmissbrauchs vorbestraft waren. Insgesamt führten die ACRO-Kontrollen bei festgenommenen Ausländern in den letzten drei Jahren zu 317.757 Einsichtnahmen in die Strafregister der jeweiligen Herkunftsländer.
Eine Stichprobe von fünf Nationalitäten ergab 524 Fälle, in denen der Tatverdächtige im Ausland wegen Mordes oder Totschlags verurteilt worden war, 441 Fälle von Vergewaltigung und 592 Fälle von Kindesmissbrauch. Die Herkunftsländer mit den meisten Verurteilungen waren Rumänien, Litauen und Polen.
Gewaltverbrecher trotz Vorstrafen in Großbritannien
Einer der bekanntesten Fälle ist Michael Podlaszczyk, der trotz einer zwölfjährigen Haftstrafe wegen Totschlags aus Polen nach Großbritannien einreiste und später wegen Vergewaltigung und Raub zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Ein weiterer Fall ist Vytautas Jokubauskas, der seine Lebensgefährtin tötete und ihre Leiche zerstückelte. Jokubauskas wurde 1992 in Litauen wegen Totschlags verurteilt und kam dennoch nach Großbritannien. Auch der Fall von Raimondas Jakstas, der nach einem Mord in Litauen ins Vereinigte Königreich kam und später seinen Nachbarn in Lincolnshire angriff, zeigt die Schwächen des Systems.
Forderungen nach strengeren Kontrollen
Der britische Schattenminister Chris Philp forderte die Regierung auf, zu prüfen, ob das neue elektronische Reisegenehmigungssystem (ETA), das im nächsten Jahr eingeführt werden soll, als Grundlage für eine strengere Überprüfung der kriminellen Vergangenheit genutzt werden könne. „Ich würde das unterstützen“, sagte Philp und betonte: „Es ist entscheidend, dass Ausländer, die hier oder anderswo schwere Straftaten begangen haben, rasch in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Wir können nicht zulassen, dass bekannte ausländische Kriminelle auf unseren Straßen herumlaufen.“
Das ETA-System wird Reisende dazu verpflichten, biografische und biometrische Daten sowie Kontaktinformationen anzugeben und Fragen zu ihren Reiseplänen zu beantworten. Diese Daten werden automatisch mit britischen Beobachtungslisten und Strafregisterdatenbanken abgeglichen. Allerdings beruht auch dieses System weitgehend auf Selbstauskünften, und es sind besondere Verdachtsmomente erforderlich, um eine Vorstrafenüberprüfung durch ACRO zu veranlassen.
System hat „Schwachstellen“
Ein ehemaliger Beamter des britischen Grenzschutzes bezeichnete das bestehende System als „Schwachstelle“. Er wies jedoch darauf hin, dass eine bessere Vernetzung der internationalen Strafregisterdatenbanken aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken schwierig sei. Strengere Visabestimmungen seien bereits in Erwägung gezogen, aber aus praktischen Gründen verworfen worden. „Es würde das Visasystem in Ländern wie Indien und Pakistan lahm legen, da die Ausstellung solcher Zertifikate sehr lange dauern würde und Fälschungen ein großes Problem wären“, erklärte der Beamte.