Nach israelischer Offensive im Libanon droht neue Flüchtlingswelle nach Europa
Die israelische Bodenoffensive im Libanon verschärft die humanitäre Lage dramatisch und treibt Hunderttausende in die Flucht. Der libanesische Umweltminister Nasser Yassine warnt vor einer neuen Flüchtlingswelle nach Europa, sollte die Krise andauern.
Die israelische Bodenoffensive gegen die Hisbollah im Libanon hat begonnen. Israelische Spezialeinheiten kämpfen nun im Südlibanon gegen die vom Iran unterstützte Miliz, während die Luftwaffe weiterhin Ziele der Hisbollah in Beirut angreift. Ziel der Offensive ist es, die Hisbollah von der israelischen Grenze zurückzudrängen, von wo aus Israel seit Oktober 2023 immer wieder mit Raketen angegriffen wird.
Gefahr einer neuen Flüchtlingswelle für Europa
Die humanitäre Lage im Libanon hat sich im Verlauf bereits dramatisch verschlechtert. Hunderttausende Libanesen sind auf der Flucht, nachdem das israelische Militär am Dienstag die Bewohner von 27 Gebieten im Südlibanon zur Evakuierung aufgerufen hatte. Der libanesische Umweltminister Nasser Yassine sprach in einem Interview mit der BILD-Zeitung von einer „beispiellosen“ Flüchtlingsbewegung innerhalb des Landes. Vor allem in der Hauptstadt Beirut strömen die Menschen in Massen zusammen. „Wir sind plötzlich von etwa 300.000 Menschen, die in den vorangegangenen Tagen aus dem Süden vertrieben wurden, auf fast eine Million gesprungen“, so Yassine.
Bereits vor der aktuellen Eskalation lebten rund 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon – laut Yassine die höchste Zahl an Flüchtlingen pro Kopf weltweit. Auf die Frage, ob er die Gefahr einer großen Flüchtlingswelle aus dem Libanon nach Europa sehe, antwortete er: „Definitiv. Wenn diese Menschen nicht bleiben können, wenn sie in diesen provisorischen Notunterkünften leben und dies länger als Wochen dauert, könnten wir sehen, dass Menschen überallhin Zuflucht suchen“, sagte der Minister. „Der Libanon liegt nur ein paar Hundert Kilometer von Europa entfernt.“
Vergleiche mit der bisherigen Migrationskrise
Yassine verglich die Situation mit der bisherigen Flüchtlingskrise: „Deutschland hat viele Syrer aufgenommen, die über die Türkei kamen.“ Ähnliche Szenen drohten nun, wenn die Menschen weiter aus dem Libanon vertrieben würden. „Sie werden Zuflucht suchen müssen“, betonte er.
Der Minister forderte zudem eine Rückkehr zu internationalen Vereinbarungen: „Wir müssen zum Völkerrecht und zur UN-Resolution 1701 zurückkehren“. Diese Resolution sieht den Rückzug der Hisbollah aus dem Südlibanon und die Übernahme der Kontrolle durch die libanesische Armee vor – wie auch von Israel gefordert. Auch die deutsche Bundesregierung forderte er zu einem stärkeren Engagement auf. Deutschland solle „eine führende Rolle“ übernehmen und „eine ernsthafte Position einnehmen, um diesen Krieg zu stoppen“. Das sei das Wichtigste, was Deutschland und andere Nationen jetzt tun könnten.