Norditalien soll bis zu 10.000 Migranten aufnehmen
Derzeit sind mehr als hunderttausend Migranten in Italien untergebracht, doch die Unterkünfte platzen aus allen Nähten. Indes reißt der Migrationsstrom nicht ab.
Die norditalienischen Regionen Lombardei und Venetien sollen zusammen weitere 9.000 Migranten aufnehmen. Das geht aus einem Plan des italienischen Innenministeriums hervor, das 50.000 Plätze für Asylsuchende finden muss. Außerdem müssen Unterkünfte für fast 10.000 unbegleitete Minderjährige gefunden werden, die in diesem Jahr über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind.
Mehr als 130.000 Migranten sind derzeit in Italien untergebracht, doch die Zahl der Unterkünfte reicht angesichts der Neuankömmlinge nicht mehr aus, berichtet die römische Tageszeitung La Repubblica (Montagausgabe). Innenminister Matteo Piantedosi rief die 20 italienischen Regionen auf, Schulen, Sporthallen, Hotels und Kasernen für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen. Gesucht werden unter anderem kleine Wohneinheiten für Familien und Frauen.
Notstand in Italien
Erst im April dieses Jahres hatte die italienische Regierung wegen der Migrantenflut den Notstand ausgerufen. „Wir haben uns zum Ausrufen des Notstands in der Einwandererfrage entschlossen, um effektiver und zeitnaher auf das Problem reagieren zu können“, erklärte die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni damals gegenüber der Presse. Mit den Notstandsmaßnahmen hat die Regierung ein Instrument in der Hand, um die Migrationsströme zu lenken. Das Notstandsdekret ermächtigt die Regierung, die ankommenden Migranten administrativ auf die Regionen und Kommunen zu verteilen. Bislang hatten sich verschiedene Kommunen geweigert, Migranten aus dem subsaharischen Afrika oder dem Nahen Osten aufzunehmen. Mit dem Notstandsgesetz müssen sie sich der Anordnung beugen. In einer Ad-hoc-Entscheidung wurden damals fünf Millionen Euro für die dringendsten Maßnahmen bereitgestellt.
Lampedusa platzt aus allen Nähten
Das Notstandsdekret gibt der Regierung außerdem die Möglichkeit, neue Aufnahmezentren auch in anderen Landesteilen als im Süden zu errichten. Bisher haben sich vor allem die nördlichen Regionen wie die Lombardei, Piemont und Venetien geweigert, Migranten in größerer Zahl aufzunehmen. Minister Musumeci erklärte, dass diese Maßnahmen notwendig seien, weil „die süditalienischen Regionen das Problem nicht alleine bewältigen können“. Allein die Aufnahmekapazität von Lampedusa sei um das Vierfache überschritten, es seien 1.800 Flüchtlinge (Stand April) unter desolaten Bedingungen in den Aufnahmelagern untergebracht.
Die nördlicheren Regionen wie die Lombardei und Venetien könnten sich gegen die Migranten sträuben, weil sie ähnliche Zustände wie im vergangenen Jahr am Gardasee befürchten, als vor allem junge Männer mit nordafrikanischem Migrationshintergrund mehrere junge Frauen sexuell belästigt und beleidigt hatten. Bei den damals von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen handelte es sich um in Italien geborene Söhne nordafrikanischer und vor allem marokkanischer Einwanderer. Die meisten von ihnen leben in der Lombardei und in der Region Venetien.