„Schwarz, Rot, Tod“: Wie Union und SPD Wirtschaft und Jugend verraten
Die Sondierungen zwischen SPD und CDU sind in vollem Gange. Während sich die Mehrheit der Deutschen noch fragt, was wohl als Ergebnis herauskommen wird, empfiehlt Felix Wolf in seinem Kommentar für FREILICH jedem, zur Orientierung schon einmal einen Blick in das Grundsatzprogramm der SPD zu werfen.
Obwohl wir uns als Nation längst in einer Rezession befinden, unsere Arbeitslosenquote mit 6,4 Prozent auf einem neuen Höchststand (dem höchsten seit 2015) angelangt ist und auch unsere Zukunftsaussichten bis 2030 derzeit alles andere als rosig sind, bekommen wir die Aussicht auf das linkeste und umverteilungsfreudigste Wirtschaftspaket seit Bestehen der BRD. 17 Prozent Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro die Stunde und ein Sondervermögen mit einem Mindestvolumen von 500 Milliarden, das noch vor der konstituierenden Sitzung am 25. März – gegen die neu gewählten Mehrheiten – im Eilverfahren durch den Bundestag gepeitscht werden soll.
Wir können uns aber schon jetzt darauf einstellen, dass dieses Paket deutlich höher ausfallen dürfte. Denn: Auch die Grünen müssen zustimmen und dafür wird es weitere Zugeständnisse geben müssen. Mit anderen Worten: Das „Klima“ wird im Gegensatz zur nächsten Generation wohl nicht zu kurz kommen, sondern einer der entscheidenden Faktoren für die faktische Aufweichung der Schuldenbremse werden. Und dies trotz der vermeintlich klaren Aussage von Herrn Merz, dass die Schuldenbremse aus Rücksicht auf die Jugend nicht angetastet werden dürfe.
Mindestlohn und Sondervermögen: Ein linkes Wirtschaftspaket
Doch diese, die junge Generation, hat bei den aktuellen Verhandlungen das Nachsehen. Nicht nur, dass sich die Pro-Kopf-Verschuldung in unserem Land drastisch erhöht und eine anhaltende Inflation begünstigt. Die weitreichenden Folgen des erhöhten Mindestlohns werden in mehrfacher Hinsicht spürbar sein:
Zum einen erhöht er die Markteintrittsbarriere für Geringqualifizierte und damit natürlich auch für junge Menschen, die noch keinen langen Ausbildungsweg hinter sich haben. Zum anderen wird sie die Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen, bei der vor allem Arbeiter und andere Menschen nahe am Mindestlohn durch die kalte Progression erheblich enteignet und ihre Leistung entwertet wird. Wie sonst kann es sein, dass nach heutigen Maßstäben bereits Mindestlöhnern eine Steuerbelastung von 211 Euro pro Monat in Aussicht gestellt wird – welchem Arbeitnehmer tut man damit einen Gefallen? Je nach Branche hat die Erhöhung des Mindestlohns mittlere bis starke Auswirkungen auf die Preise. Insbesondere Produkte und Dienstleistungen mit hohen Personalkosten werden sich in der Situation wiederfinden, deutliche Preiserhöhungen gegenüber den Kunden durchsetzen zu müssen.
Preissteigerungen und regionale Unterschiede
Ganz praktische Beispiele aus dem Alltag finden sich zum Beispiel beim Bäcker oder Friseur. Wirtschaftsschwache Regionen werden dadurch stark unter Druck geraten. In Rostock würde zum Beispiel ein Vollzeitlohn zum Mindestlohn von 15 Euro circa 80 Prozent des Durchschnittseinkommens dieser Region ausmachen. Für die meisten Arbeitgeber in vergleichbaren Regionen eine unlösbare Aufgabe, die zu einem faktischen Ausschluss von Arbeitskräften ohne hohe Qualifikation führen könnte. Welche Auswirkungen flächendeckende Lohnerhöhungen haben können, zeigt sich ganz aktuell bei DHL.
Nachdem sich die Beschäftigten dort zunächst über eine tarifliche Lohnerhöhung von fünf Prozent „freuen“ durften, kam zwei Tage später die nächste Meldung: „Deutsche Post baut bis Jahresende 8.000 Stellen ab“. Rund vier Prozent der Gesamtbelegschaft. Was das bei einer Lohnerhöhung von 17 Prozent im Niedriglohnsektor bedeutet, kann man sich bei realistischer Betrachtung durchaus ausmalen.
Die Rentenfrage spitzt sich erneut zu
Nun sollen auch die neuen Selbstständigen in die gesetzliche Rente einbezogen werden. Neben dem Aspekt, dass dies zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber denjenigen führt, die dies nicht tun und damit schon vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes verfassungsrechtlich bedenklich ist, wird damit das bisherige Umlagesystem, das in seiner jetzigen Form definitiv als gescheitert (!) angesehen werden muss, weiter künstlich am Leben erhalten. Diejenigen, die inzwischen als Selbstständige in dieses Rentensystem einzahlen dürfen, werden aus ihren Einzahlungen voraussichtlich keine nennenswerten Rentenansprüche generieren. Dringend notwendige Reformen bleiben auch hier aus, während sich die Schere zwischen Rentenempfängern und (Netto-)Steuerzahlern weiter öffnet.
Zudem greift die SPD in den Sondierungen zu einem Trick: Künftig sollen Rentner, die über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Denn die abschlagsfreie Rente nach 45 Jahren soll nicht angehoben werden. Das ist aber nur ein Euphemismus dafür, dass sich die meisten schon jetzt darauf einstellen können, weit über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Allerdings steuerfrei. Immerhin muss man sagen, denn die Rentner werden schon sehr bald von den durch Sondervermögen und Mindestlohn begünstigten neuen Inflationsschüben eingeholt. Der Abstand zwischen Rentenniveau und Mindestlohn wird dann neue Höhen erreichen und mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür sorgen, dass noch mehr Rentner von der Rente in die Grundsicherung rutschen.
Schuldenmodell Deutschland
Während Deutschland in der Vergangenheit grundsätzlich als Stabilisator und Zahlmeister der EU fungiert hat, stellt sich nun die Frage, warum die anderen Staaten diesen Inflationsschub für uns mittragen sollen. Aus spieltheoretischer Sicht werden die Länder, die ihre Schulden nicht ebenfalls aufweichen, sondern an starren Verschuldungsquoten festhalten, langfristig den Kürzeren ziehen, während die Inflation die Staatsschulden – in diesem Fall unsere – auffrisst. Damit könnte unser Staat in seiner finanziellen Führungsrolle in der EU und im Euro durchaus einen Anreiz geschaffen haben, die Ausweitung der Schuldenquote EU-weit voranzutreiben und die anderen Staaten vom Weg der soliden Staatshaushalte abzubringen.
Sollte die deutsche Schuldenquote in absehbarer Zeit auch das Tripple-A-Rating gefährden, könnte dies den Euro zusätzlich belasten und auf EU-Ebene eine neue lebhafte Diskussion über vergemeinschaftete Schulden auslösen, in der wir diesmal nicht als Anker, sondern als Verursacher im Mittelpunkt der Diskussion stehen. In welcher Höhe der Sonderfonds letztlich beschlossen wird, bleibt vorerst abzuwarten. Von seiner Höhe wird aber wesentlich abhängen, wie unruhig die nächsten Jahre werden könnten.