‚Woke Capital‘: Unternehmen unterstützen auf Zuruf BLM-Proteste
In den sozialen Medien war kürzlich ein groteskes Schauspiel anzusehen. Denn patriotische Akteure konnten quasi wie in einem sozialen Experiment namhafte Firmen dazu bringen, ein Bekenntnis zum Zeitgeist abzugeben.
Harrogate/Wien. – Am Anfang stand der unschuldige Tweet der rechten, britischen YouTuberin Laura Towler, die sich erfreut zeigte, dass ihre liebste Teemarke nicht zu den Unternehmen gehörte, welche die BlackLivesMatter-Proteste unterstützen. Plötzlich sah sich Yorkshire Tea, das zur Firma „Taylors of Harrogate“ gehört, aber zu einer Distanzierung genötigt – und die Kuriositäten begannen.
Teefabrikant will treue Kundin nicht mehr
Unter dem Ausgangsbeitrag Towlers kommentierte Yorkshire Tea: „Bitte kaufe unseren Tee nicht mehr. Wir nehmen uns etwas Zeit, uns weiterzubilden und die richtigen Maßnahmen zu planen, bevor wir kommentieren. Wir stellen uns gegen Rassismus.“ Sowohl der Ausgangstweet als auch die Antwort gingen viral und die Debatte um das ‚Teagate‘ war in Großbritannien in den Twitter-Trends. Auch mehrere etablierte Medien einschließlich der BBC griffen die Geschichte auf – und bejubelten die Firma.
Please don’t buy our tea again.
We’re taking some time to educate ourselves and plan proper action before we post. We stand against racism.
#BlackLivesMatter— Yorkshire Tea (@YorkshireTea) June 8, 2020
Sellner entlockt Firmen eine Stellungnahme
Kurz darauf entschloss sich dann Martin Sellner, bekannt für seine langjährige leitende Funktion bei den Identitären, eine ähnliche Reaktion auch aus heimischen Unternehmen zu bekommen. Und siehe da: er wurde nicht enttäuscht. Mehrere Firmen sprangen auf die Provokation an und agierten genau so, wie der patriotische Influencer es erwartet hatte. Einzig der Tiergarten Schönbrunn hatte auf seine Anfrage bis Freitagnachmittag nicht reagiert.
Sowohl der Waffelhersteller Manner als auch der Essenslieferant Mjam.at und der Schreibwarenfabrikant Jolly distanzierten sich aber von der vermeintlichen politischen Instrumentalisierung – und erklärten ihre Unterstützung für #BlackLivesMatter. Dabei reaktivierte etwa Jolly nach drei Jahren plötzlich seinen Twitter-Account für das Statement und der Standard schrieb einen Jubel-Artikel für Manner.
Lieber Herr Sellner, bitte unterlassen sie es mit unserer Marke politische Stimmung zu machen! Seit 130 Jahren ist Manner für alle Menschen da, denn im Herzen sind wir alle rosa! #blacklivesmatter #manner #magmaneben
— manner.com (@MannerAG) June 10, 2020
Unterlassen Sie es mit unserer Marke politische Stimmung zu machen. Diversity Management und Interkulturalität sind in unserem international agierenden Unternehmen von großer Bedeutung. Wir beziehen klare Stellung gegen Rassismus und fördern Gleichheit und Nicht-Diskriminierung.
— Jolly (@JollyAustria) June 12, 2020
Nutz unsere Marke nicht für deine politischen Zwecke.
Wir nehmen uns Zeit, der BPOC-Community zuzuhören & uns weiterzubilden bevor wir posten. Wir stellen uns ganz klar gegen Rassismus & unterstützen #BlackLivesMatter— mjam.at (@mjam) June 9, 2020