Köln: Muslimische Familien wollen keinen Mann als Vorleser in Kita

In Deutschland gibt es verschiedene Leseinitiativen, die die deutsche Sprache fördern und die Generationen zusammenbringen wollen. Eine davon ist die Kölner Initiative „Lesewelten“, für die Martin Wagner in einer Kita im sozialen Brennpunkt Chorweiler als Vorlesepartner aktiv war. Doch dann beschwerten sich mehrere muslimische Familien, die Kita trennte sich von Wagner. Die Gründe für den Rauswurf stoßen auf Kritik.

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Köln: Muslimische Familien wollen keinen Mann als Vorleser in Kita

Ein Vorleser in einer Kita in NRW. (Symbolbild)

© IMAGO / Funke Foto Services

Köln. – Wie die feministische Zeitschrift Emma kürzlich berichtete, darf der sogenannte Vorlesepate Martin Wagner in einer Kölner Kindertagesstätte im sozialen Brennpunkt Chorweiler nicht mehr vorlesen. Der Grund: Drei muslimischen Familien passt sein Geschlecht nicht. „Die Kita hat mir mitgeteilt, dass drei muslimische Familien nicht möchten, dass ich dort weiter vorlese, weil ich ein Mann bin“, zitiert ihn Emma. Wagner findet das ungerecht. Die Kinder hätten immer Spaß gehabt und auch ihm habe das Vorlesen Spaß gemacht. „Ich fand es gerade wichtig, in einer Kita vorzulesen, in der viele Kinder nicht Deutsch als Muttersprache haben“, erklärte er.

Stadt Köln schaltete sich ein

Um im Rahmen der Kölner Initiative „Lesewelten“ Kindern vorlesen zu dürfen, müssen alle Ehrenamtlichen eine literaturpädagogische Schulung absolvieren und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Laut Emma sind es meist ältere Frauen und manchmal auch Männer im Ruhestand, die eine sinnvolle Beschäftigung darin sehen, Kindern in Kitas, Grundschulen, Flüchtlingsunterkünften, Museen oder Bibliotheken vorzulesen. Bei den Vorlesestunden muss immer ein Mitarbeiter der Kita dabei sein. „Ich war keine einzige Minute mit den Kindern allein und verstehe die Bedenken nicht“, sagt Martin Wagner, „in dem Fall geht es ausschließlich darum, dass ich ein Mann bin.“ Muslimische Familien hätten sich in der Vergangenheit auch schon über männliche Praktikanten beschwert, so die Kita.

Die Kita-Leitung stellte sich zunächst hinter Wagner, ebenso wie die Initiative „Lesewelten“. Doch dann schaltete sich die Stadt Köln als städtischer Träger der Kita ein und legte der Kita-Leitung nahe, sich von Wagner zu trennen. Doch damit nicht genug. Wie Emma weiter berichtet, habe die Kita-Leitung nach Rücksprache mit der Stadt Köln auch beschlossen, künftig keine Männer mehr in der Kita in Chorweiler vorlesen zu lassen. „Ich kann nachvollziehen, dass Sie verärgert sind (…) und womöglich Ihr Geschlecht zu diesem Konflikt geführt hat. Allerdings bitte ich um Verständnis, dass sich die dortigen Mitarbeitenden täglich in diesem Spannungsfeld bewegen und daher einen Umgang mit dieser Situation finden müssen“, schrieb die Sachgebietsleiterin für Jugendförderung im Jugendamt der Stadt Köln an Wagner.

„Lesewelten“ beendet Zusammenarbeit mit Kita

Die Initiative „Lesewelten“ stellt sich weiterhin hinter Wagner und erklärt: „Das passt nicht zu unseren Werten. Wir stehen für Diversität. Wir kommen auch nicht dem von der Kita-Leitung geäußerten Wunsch nach, nach einer Frau als Vorleserin zu suchen. Wir legen die Kooperation mit dieser Kita nun auf Eis, gehen aber noch einmal in klärende Gespräche mit allen Beteiligten“, zitiert Emma dazu Simone Krost, Bereichsleiterin bei „Lesewelten“.

Vor einigen Wochen wollte ein muslimischer Vater unangemeldet in Wagners Vorlesestunde kommen. „Ich fand das übergriffig. Es war eine seltsame Stimmung. Eltern setzen sich auch nicht einfach so in eine Schulstunde. Was wäre passiert, wenn er mir danach unterstellt hätte, ich hätte seine Tochter komisch angeschaut?“, empört sich Wagner. Wagners Reaktion auf den „Kontrollbesuch“ des Vaters führt die Stadt Köln nun auch als Grund für seinen Rauswurf an. Er habe damit andere Eltern verärgert und die Vertrauensbasis zerstört. „Das stimmt nicht“, entgegnet Wagner. „Es handelt sich nach wie vor nur um die drei muslimischen Familien, denen ich von vornerein ein Dorn im Auge war, nur, weil ich ein Mann bin. Ich finde, Toleranz und Weltoffenheit darf nicht nur in eine Richtung gehen. Und dafür sollte eine Stadt wie Köln sich auch trauen, einzustehen.“

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