Zahl der Totgeburten in Deutschland auf Rekordhoch
Seit 2007 steigt die Zahl der Totgeburten in Deutschland stetig an. Besonders hoch war der Anstieg im Jahr 2021, also dem zweiten Coronajahr.
Berlin. - In Deutschland wurden im Jahr 2007 3,5 Kinder je 1.000 Geburten tot geboren, 2021 waren es mit 4,3 Totgeburten je 1.000 Geburten deutlich mehr. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen bis ins Jahr 2020 einen leichten Anstieg. 2021 kam es im Vergleich zu den beiden Vorjahren jedoch zu einem deutlichen Sprung. Während im Jahr 2019 noch 3.180 Kinder tot zur Welt kamen, waren es 2021 bereits 3.420 Kinder. Das entspricht einer Zunahme von 7,5 Prozent.
Experte nennt „mögliche Ursachen“
Nun rätseln Experten über Ursachen des besorgniserregenden Anstiegs bei den Todeszahlen. Anworten sind aber schwer zu finden. So kann nicht einmal der Berufsverband der Frauenärzte Erklärungsansätze beisteuern: „Uns stehen keine anderen Daten zur Verfügung als die Erhebungen durch das Statistische Bundesamt“, sagte Pressereferentin Anna Eichner dem Evangelischen Pressedienst. Erhellender ist eine Nachfrage bei der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG). Deren Präsident Wolf Lütje nennt „mögliche Ursachen“. Ein Grund könne die zunehmende Anzahl an künstlichen Befruchtungen sein, sagt der ehemalige Chefarzt der Frauenklinik am Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus in Hamburg.
Außerdem habe es während der Coronakrise, die in Deutschland im März 2020 begann, mehr Kaiserschnitte gegeben. Diese vergrößern laut dem Gynäkologen das Risiko einer Totgeburt. Lütje verweist zudem auf die 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin veröffentlichte Cronos-Registerstudie zu Covid-19 in der Schwangerschaft: Danach war die Rate an Totgeburten von Frauen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, erhöht.
Forscher wollen Zusammenhänge mit Impfungen untersuchen
Beunruhigende Risikosignale entdeckten Christof Kuhbandner, Psychologieprofessor in Regensburg, und Matthias Reitzner, Mathematikprofessor in Osnabrück, wie die Berliner Zeitung berichtet. Sie setzen bei ihren Analysen – anders als das Statistische Bundesamt – die Zahl der Totgeburten eines Quartals ins Verhältnis zu den Geburten des nächsten Quartals. Mit dieser Methode entdeckten sie einen extremen Anstieg der Totgeburten im vierten Quartal 2021 um 19,4 Prozent. Auch 2022, heißt es in ihrer Studie, bleibe die Totgeburtenrate „ungewöhnlich hoch“. Veröffentlicht wurde die Studie der beiden Forscher im Mai in der medizinischen Fachzeitschrift Cureus.
Die beiden Wissenschaftler halten es für geboten, mögliche Zusammenhänge zwischen Totgeburten sowie Coronaimpfungen und -infektionen näher zu untersuchen. Dies zu unterlassen, wäre für Reitzner ein „politischer Skandal“. Bemerkenswert findet Lütje, dass es Anfang 2022 zu einem deutlichen Geburtenrückgang gekommen ist – ziemlich genau neun Monate nach Start der Corona-Impfkampagne. Auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung spricht von einem „Absturz“ der Geburtenziffer. Frauen hätten beim Start der Impfkampagne im Frühjahr 2021 ihren Kinderwunsch zunächst zurückgestellt, erklärt das Institut. Forschungsdirektor Martin Bujard findet es „plausibel, dass sich manche Frauen erst impfen lassen wollten, bevor sie schwanger werden“. Auch im ersten Quartal 2023 blieb die Geburtenzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal auf niedrigem Niveau, allerdings schwächte sich der Rückgang ab.