AfD-Abgeordneter fragt EU-Kommission: Gefährdet Thüringen den Rechtsstaat?
Nach der Landtagswahl in Thüringen fehlt die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes. Der AfD-Europaabgeordnete Froelich hat eine Anfrage an die EU-Kommission gestellt, um die Rechtsstaatlichkeit zu überprüfen.
Brüssel/Erfurt. – Nach den Landtagswahlen in Thüringen sorgt der Zustand der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes für heftige Debatten. Der AfD-Europaabgeordnete Tomasz Froelich hat dies zum Anlass genommen, eine Anfrage an die EU-Kommission zu richten. Froelich befürchtet, dass der Verfassungsschutz ohne parlamentarische Kontrolle zu einem Werkzeug der Regierung werden könnte. Im Fokus steht dabei die Rolle der AfD, die bisher von der Kontrolle ausgenommen war. Diese Entwicklung löst in Thüringen wie auch auf Bundesebene heftige Reaktionen aus.
Die Thüringer Verfassung verpflichtet den Landtag zur Kontrolle des Verfassungsschutzes durch eine Parlamentarische Kontrollkommission (ParlKK). Nach den jüngsten Wahlen steht das Kontrollgremium im neuen Landtag jedoch ohne Abgeordnete da, da alle Mitglieder des Gremiums bei der Landtagswahl am 1. September nicht mehr ins Parlament gewählt wurden. Vor allem die AfD, die als stärkste Kraft aus der Wahl hervorging, ist über diese Entwicklung besorgt. Ihr stellvertretender Sprecher Torben Braga kritisierte auf X, dass die Kontrollkommission „in einer Nacht- und Nebelaktion“ kurz vor der Wahl eingesetzt worden sei, aber keines ihrer Mitglieder dem neuen Landtag angehöre (FREILICH berichtete).
Kritik am Ausschluss der AfD
Ein zentrales Thema der aktuellen Debatte ist der Ausschluss der AfD aus der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes. Die Partei wird seit geraumer Zeit selbst vom Verfassungsschutz beobachtet und deshalb aus dem Kontrollgremium ausgeschlossen. Tomasz Froelich sieht in dieser Praxis eine Gefahr für den Rechtsstaat. Ohne unabhängige Kontrolle durch den Landtag könne der Verfassungsschutz zu einem Instrument der Regierung werden. Dies sei vor allem dann problematisch, wenn neue Aufgaben wie die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingeführt würden.
In einer Anfrage an die EU-Kommission fragte Froelich, ob der Wegfall der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Thüringen die Rechtsstaatlichkeit gefährde. Zudem wollte er wissen, warum die Politisierung des Verfassungsschutzes in den bisherigen Rechtsstaatsberichten der Kommission nicht thematisiert worden sei. Froelich sieht insbesondere in der wachsenden Macht und den erweiterten Kompetenzen des Verfassungsschutzes eine Gefahr für demokratische Prinzipien. Eine Antwort der Kommission wird in den nächsten Wochen erwartet.
Politische und juristische Konsequenzen
Die Thüringer AfD hat sich bereits in der Vergangenheit juristisch gegen ihren Ausschluss aus dem Kontrollgremium gewehrt. So verhinderte sie im Jahr 2020 erfolgreich die Konstituierung einer unvollständig besetzten ParlKK durch den Verfassungsgerichtshof. Auch in der aktuellen Situation gibt es rechtliche Angriffspunkte. Das Thüringer Verfassungsschutzgesetz sieht eine Kontrolle des Verfassungsschutzes durch den Landtag vor. Aber: Eine ausreichende parlamentarische Kontrolle scheint derzeit jedoch nicht gewährleistet.
Kritiker befürchten, dass der Verfassungsschutz durch den Wegfall der parlamentarischen Kontrolle immer mehr zum „Regierungsschutz“ wird. Froelich argumentiert, dass die weisungsgebundene Arbeit des Verfassungsschutzes, die von der Regierung und dem Innenministerium bestimmt wird, ein hohes Risiko der Unterdrückung oppositioneller Kräfte birgt. In diesem Zusammenhang verweist er auf die neuen Befugnisse des Verfassungsschutzes, die sich vor allem gegen die AfD richten könnten.
Die Zukunft des Thüringer Verfassungsschutzes bleibt ungewiss. Während die AfD weiterhin ihren Platz im Kontrollgremium fordert, bleibt der politische Druck groß, die Partei aus der Kontrolle auszuschließen. Bis dahin bleibt der Verfassungsschutz in Thüringen unkontrolliert, was die Debatte über Grenzen und Aufgaben des Geheimdienstes weiter anheizt.