„Nacht-und-Nebel-Aktion“: Thüringer Kontrollkommission nur mit Wahlverlierern?
Kurz vor der Landtagswahl in Thüringen konstituierte sich eine unvollständige Parlamentarische Kontrollkommission. AfD-Sprecher Braga kritisiert, dass kein Mitglied dem neuen Landtag angehört.
Erfurt. – In Thüringen habe sich kurz vor der Landtagswahl, aus der die AfD als stärkste Kraft hervorgegangen ist, in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ eine unvollständige Parlamentarische Kontrollkommission konstituiert, kritisierte der stellvertretende Sprecher des AfD-Landesverbandes, Torben Braga, am Dienstag auf X. „Nun gehört kein einziges ihrer Mitglieder dem neuen Landtag an. Kein einziges! 'Parlamentarische Kontrolle' eben“, so Braga in seinem Beitrag, in dem er sich auch auf einen Bericht in der Thüringer Allgemeinen Zeitung bezieht.
Kommission verliert Abgeordnete
In dem Bericht ist davon die Rede, dass sich die Situation des Verfassungsschutzes in Thüringen nun zuspitze, da die Kontrollkommission ihre Abgeordneten verliere. Denn nicht alle Mitglieder des vor zwei Wochen konstituierten Kontrollgremiums würden dem künftigen Landtag angehören. Der Parlamentarischen Kontrollkommission (ParlKK) gehören derzeit Dorothea Marx (SPD), Raymond Walk und Jörg Kellner (CDU) sowie Dirk Bergner (FDP) an. Ein fünftes Mitglied fehlt. Alle weiteren Vorschläge erhielten bei der Wahl nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Alle vier Politiker werden dem künftigen Landtag vorerst nicht mehr angehören. Lediglich Dorothea Marx könnte noch nachrücken.
Ebenso betont der Bericht, dass der Verfassungsschutz gerade in Ostdeutschland nicht zu einem Geheimdienst und schon gar nicht wieder zu einer Staatssicherheit mutieren dürfe. Genau dies werfe die AfD dem Verfassungsschutz, der die Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten dürfe, nämlich vor.
AfD bisher ausgeschlossen
Die Thüringer Verfassung verpflichtet den Landtag aber auch, die Tätigkeit der Nachrichtendienste streng zu kontrollieren, um zum Beispiel illegales Ausspähen zu verhindern. Dazu werden für jede Legislaturperiode fünf Abgeordnete in das geheime Kontrollgremium gewählt. Bislang war die AfD von der Kontrolle des Nachrichtendienstes ausgenommen, weil sie als „Beobachtungsobjekt“ gilt. Bundesweit ist der Druck groß, dass dies so bleibt. Wie die Thüringer Allgemeine in ihrem Bericht erwähnt, steht die Ankündigung im Raum, beispielsweise den Thüringer Nachrichtendienst aus dem Verfassungsschutzverbund auszuschließen, sollte auch die AfD mitkontrollieren.
In der Vergangenheit war die AfD mit Schritten im Zusammenhang mit dem Ausschluss aus dem Kontrollgremium erfolgreich. So konnte die Partei 2020 die Konstituierung einer unvollständig besetzten ParlKK in Thüringen durch den Verfassungsgerichtshof verhindern. Auch in der aktuellen Konstellation gäbe es rechtliche Angriffsflächen. Denn das jeweils gewählte Parlament müsse den Verfassungsschutz kontrollieren, damit sich der Nachrichtendienst nicht verselbständige.
„Kommission kann Kontrolle nicht gewährleisten“
Unter dem Beitrag von Braga hat sich am Dienstag noch eine kleine Diskussion entwickelt. Ein Nutzer wollte wissen, was das nun genau bedeute und ob nun alle Mitglieder neu gewählt werden müssten. Braga erklärte, dass es vielmehr darum gehe, ob eine Kommission, die ohnehin schon unvollständig besetzt sei, nun aber ausschließlich aus Personen bestehe, die nicht einmal mehr dem Landtag angehörten, überhaupt eine Kontrolle im Sinne des Gesetzes gewährleisten könne. „Wir sagen: Nein“, so Braga, der auf das Thüringer Verfassungsschutzgesetz (ThürVerfSchG) verwies.
Dort heißt es in § 25 Abs. 1 Satz 1: „Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Mitgliedern, die zu Beginn der Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages gewählt werden. Die parlamentarische Opposition im Landtag muss im Verhältnis ihrer Stärke zu den regierungstragenden Fraktionen und Parlamentarischen Gruppen des Landtages im Gremium vertreten sein. Mit der gleichen Mehrheit kann der Landtag Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission abberufen.“
Damit sei es eindeutig, erklärt ein Nutzer. „Wird neu gewählt, muss auf Tagesordnung und als größter Fraktion mit Sperrminorität steht Euch 1 von 5 Kontrolleuren zu“. Die Realität sei aber auch eindeutig: „Eine Nichtobstruktion des Gesetzes seitens der Kartellparteien zerbricht den VS als politische Waffe“, erklärt der Nutzer.